KUTZERS CORNER

Börsen jetzt zwischen Bangen und Hoffen

16.03.2025 

Wie stark politische Einflüsse auf die Finanzmärkte sein können, kommt in den erratischen Schwankungen dieser Tage zum Ausdruck. Ängstliche Anleger sollten vorsichtshalber davon ausgehen, dass wir am Beginn einer uneinheitlichen Börsenphase mit stärkeren Kursbewegungen stehen. Das erschwert konkrete Prognosen für die kommenden Monate.

Die Welt der Wirtschaft und Börsen hat sich beängstigend verändert. Es ist deshalb derzeit nicht leicht, den Überblick zu behalten. Die Politik des US-Präsidenten ist sehr sprunghaft, sei es in der Außen-, Innen- oder Handelspolitik. Für alle, die Entscheidungen treffen, wie Investoren, Unternehmen oder Institutionen wie die US-Notenbank, ist die Unsicherheit derzeit sehr hoch. Die Fed dürfte daher weiter abwarten, zumal wichtige Beschlüsse zu den US-Zöllen noch ausstehen. Auch andere Zentralbanken wie die Bank of England oder die Bank of Japan werden die Leitzinsen sehr wahrscheinlich nicht verändern.

Während in den USA die zunehmend als chaotisch und bedrohlich empfundene Wirtschaftspolitik von Donald Trump zu Konjunkturpessimismus geführt hat, sorgt in der Eurozone die deutsche Initiative zur Lockerung der Schuldenbremse für Wachstumsoptimismus. Der ZEW-Konjunkturindex, der am Dienstag veröffentlicht wird, dürfte diese Erwartungen bestätigen. Allerdings steht die notwendige Grundgesetzänderung noch aus.

Besser nicht auf Prognosen vertrauen

Was darf der Privatanleger von den führenden Aktienmärkten im weiteren Jahresverlauf erwartet? Viele Profis äußern sich momentan spürbar zurückhaltend. Prognosen, heißt es so schön, sind schwierig vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen. Das gilt besonders, wenn sie die Erwartungen an den Kapitalmärkten betreffen, wie sich an einigen Beispielen zeigt. Anfang 2022 zum Beispiel notierte der deutsche Leitindex Dax bei rund 15.000 Punkten. Und so gut wie alle Experten erwarteten einen weiteren Anstieg, zum Teil bis auf 18.000 Punkte. Tatsächlich aber verlor der Index in dem Jahr etwa zwölf Prozent an Wert.

Während die Prognosen sich hier als zu optimistisch erwiesen, waren sie in den beiden darauffolgenden Jahren im Durchschnitt eher zu pessimistisch. Denn 2023 hatte kaum ein Analyst einen Anstieg beim Dax um 20 Prozent auf dem Zettel, und auch im vergangenen Jahr überraschte der deutsche Leitindex mit dem Überspringen der Marke von 20.000 Punkten viele Marktbeobachter. Kaum anders ist das Ergebnis, wenn man auf andere Indizes blickt, auf den Goldpreis oder auf die Entwicklung von Anleihen.

Viele Überraschungen an den Märkten

Einerseits wollen die Medien und die Anleger solche Prognosen haben, andererseits ist der Blick in die Glaskugel stets mit vielen Unsicherheiten behaftet“, stellt Klaus Porwoll, Inhaber der unabhängigen Berliner Honorar-Finanzberatung PecuniArs, in einer Verhaltensanalyse fest. Das habe sich den vergangenen Jahren besonders deutlich gezeigt. Die 2020 aufgetretene Corona-Pandemie, geopolitische Entwicklungen wie der Einmarsch Russlands in die Ukraine und der darauf folgende rasante Anstieg der Inflation oder Überraschungen bei Wahlen – niemand kann alles exakt vorhersagen. „Sein Portfolio an Prognosen auszurichten, ist deshalb eine sehr riskante Sache, vor allem wenn es um den langfristigen Vermögensaufbau geht“, weiß Porwoll aus seiner Beratungserfahrung.

Wer gezielt Vermögen aufbauen möchte, dem empfiehlt der erfahrene Honorarberater deshalb, sich an wissenschaftlichen Erkenntnissen zu orientieren. „So ist wissenschaftlich belegt, dass Anlage- und Verhaltensfehler eine Ursache dafür sind, dass das tatsächliche Renditepotenzial oft nicht ausgeschöpft wird“, sagt Porwoll und ergänzt: Mit einer in allen Marktzyklen bewährten Strategie, bei der wir passiv, global breit gestreut und kostengünstig in die beiden Anlageklassen Aktien und Anleihen investieren, lassen sich die individuellen finanziellen Ziele am besten erreichen

Wenn innenpolitische Entwicklungen ausstrahlen

Der bisherige Jahresverlauf ist auch ein Spiegel politischer Entwicklungen geworden – das dürfte sich fortsetzen. Dabei geht es nicht nur um geopolitische Krisen, sondern ebenso um nationale Ereignisse, die grenzüberschreitend wirken und die internationalen Kapitalströme bewegen. Deutschland hat mit seinem ehrgeizigen Plan zur Erhöhung der Staatsausgaben und zur Aufhebung der Schuldenbremse für eine große Überraschung gesorgt – „In unseren Augen eine fiskalische Bazooka, die nach der soeben erzielten Einigung zwischen CDU, SPD und Grünen nun zünden kann“, schreibt mir Benoit Anne, Anlagestratege bei MFS Investment Management und fährt fort:

Die Umsetzung dieser Pläne wäre nicht nur für Deutschland, sondern für ganz Europa eine sehr willkommene Entwicklung, die zwei grundlegende Probleme lösen kann: Erstens die Notwendigkeit, die europäischen Verteidigungsausgaben vor dem Hintergrund einer komplexen globalen geopolitischen Lage deutlich aufzustocken. Und zweitens die Ankurbelung der öffentlichen Investitionen in Deutschland nach jahrelangen Sparmaßnahmen.

Fazit der Investmentmanager

Damit kommen diese Vermögensverwalter zu einem eindeutig positiven Ausblick: Wir stufen die Initiative als ein positives Signal für risikobehaftete Anlagen in Europa ein, dessen potenzielle Auswirkungen auf die Wirtschaft nicht zu unterschätzen sind: Das deutsche Finanzpaket könnte für die Finanzmärkte weltweit einen Wendepunkt darstellen. Es dürfte die Zinsen, die Währungsverhältnisse und die Asset Allokation verändern – und Europa kann insbesondere vom letzten Punkt profitieren.

Es ist durchaus möglich, dass das bisherige Marktumfeld im Zeichen des starken US-Dollars nun vor einer ernsthaften Herausforderung steht. Plötzlich sehen europäische Vermögenswerte, einschließlich europäischer festverzinslicher Wertpapiere, viel attraktiver aus, wozu auch ein wieder stärkerer Euro beiträgt.