„Dax schreit sich nach oben.“ „Dax lässt Dampf ab.“ „Die 9.200 sind
greifbar – Dax schreit sich frei“. Es muss die groteske Kursentwicklung
der letzten Tage sein, die offenkundig verzweifelte Börsenbeobachter zu
derart blödsinnigen Überschriften veranlasst hat (hier chronologisch die
gestrigen Online-Marktberichte eines bekannten Nachrichtensenders).
Dazu empfehle ich als bildhaften Vergleich: „Dax vollzieht Bocksprünge.“
Es geht hoch und runter und das mit starken Ausschlägen.
Gegenbewegung?
Anschlusskäufe? Ein plausibler Erklärungsversuch: Der freie Fall der
Aktienkurse ist zunächst abgewendet, allerdings fehlen die Argumente für
eine nachhaltige Erholung. Betrachtet man die vergangenen Handelstage,
so fällt auf, dass Wirtschaftsdaten und fundamentale Entwicklungen einen
relativ geringen Einfluss auf das Marktgeschehen ausgeübt haben.
Vielmehr wurden die Entscheidungen der Börsianer durch die
geopolitischen Entwicklungen, vornehmlich die Entwicklung der Krise
zwischen der Ukraine und Russland, bestimmt. Dazu stellen die
Sentiment-Analysten an der Frankfurter Börse in ihrem gestern
veröffentlichten Wochenbericht zusammenfassend zweierlei fest. Zum einen
sind die institutionellen Schnäppchenjäger mit ihren bisherigen
Aktienkäufen in die Schwäche hinein nicht wirklich glücklich geworden.
Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Einstieg in die
Dax-Abwärtskorrektur in vielen Fällen zu früh vorgenommen wurde. Diese
Positionierungen dürften sich zu einem späteren Zeitpunkt durchaus als
Belastung für den Leitindex darstellen. Zum anderen lässt die Nachfrage
aus dem Ausland nach europäischen Aktientiteln nach wie vor zu wünschen
übrig. Die jüngste globale Umfrage von BofA Merrill Lynch belegt dabei
eindrucksvoll die hier seit Wochen geäußerte Ansicht, dass es zu
langfristigen Kapitalabflüssen in der Eurozone gekommen sein muss. Denn
per Saldo wollten Anfang August nur noch 13 Prozent der
Umfrageteilnehmer in kontinentaleuropäischen Aktien übergewichtet sein,
im Vormonat waren es 35 Prozent.
Trotz der Kurserholung drängt
sich geradezu auf, das Gegenteil meiner letzten
„Bauchgefühl“-Überschrift als Szenario zu diskutieren: Und wenn doch
nicht alles gut geht? Für mich gibt es keinen Anlass einzelne,
kurzfristige geopolitische Ereignisse bereits als Signale einer
Entspannung zu interpretieren. Zwar bleibe ich bei meiner These, dass am
Ende alles gut wird, doch ist Skepsis beim Zeitfaktor geboten. D. h.,
es kann noch längere Zeit vergehen, bis die politischen Krisen an
Brisanz und damit an Kursrelevanz verlieren werden. Was die Börse jetzt
befürchtet, sind die negativen Auswirkungen auf die Weltwirtschaft.
Verständlich,
wenn das Handelsblatt gestern Nachmittag besorgt die Frage aufwirft:
Schlittert Deutschland in die Rezession? Die Produktion entwickelt sich
schwach, die Industrieaufträge sind gesunken und die Stimmung ist
schlecht. Die Ukraine-Krise verunsichert deutsche Unternehmen und
Verbraucher. Wie hoch sind die Risiken?
Dazu passt der vorhin
veröffentlichte BIP-Bericht des Statistischen Bundesamts: Die deutsche
Wirtschaft ist im Frühjahr erstmals seit gut einem Jahr geschrumpft.
Wegen des schwächelnden Außenhandels und sinkender Investitionen fiel
das Bruttoinlandsprodukt zwischen April und Juni überraschend um 0,2
Prozent zum Vorquartal. Nur ein Delle oder doch mehr?
Dazu
plötzlich wieder – nach einer Reihe von positiven Nachrichten –
Fragezeichen hinter der volkswirtschaftlichen Dauerbaustelle China,
denn: Die chinesische Wirtschaft büßt trotz Konjunkturhilfen der
Regierung an Kraft ein. Das Wachstum von Industrieproduktion,
Einzelhandelsumsatz und Investitionen verlangsamte sich im Juli jeweils.
Und dann eine weitere Überraschung: Japans Wirtschaft ist im 2. Quartal
als Folge der Mehrwertsteuererhöhung geschrumpft. Bleibt als sichere
Stützte der Weltwirtschaft also nur Amerika?
Der druckfrische
ifo-Bericht zum Weltwirtschaftsklima spannt den kritischen Bogen. – Der
ifo Index für die Weltwirtschaft ist auf 105,0 von 102,3 Punkte im
Vorquartal gestiegen. Sowohl die Einschätzungen zur aktuellen Lage als
auch die Konjunkturerwartungen haben sich gegenüber April leicht
verbessert. Die Weltkonjunktur bleibt aufwärts gerichtet. Allerdings
haben die Risiken zugenommen.
Sollten sich die fundamentalen
Daten in den kommenden Wochen tatsächlich verschlechtern, gerade aus
deutscher Sicht, dann wird dies die Börsen nicht unbeeindruckt lassen.
Vor allem dürfte sich dann die Festigung des Dollarkurses gegenüber dem
Euro beschleunigen, dürften immer mehr Investoren die Wall Street
favorisieren. Schließlich würde das auf eine stärkere Differenzierung
zwischen den Kursentwicklungen beiderseits des Atlantiks hinauslaufen.
Erinnerung: Für Rosenheimer Börsentag jetzt anmelden!
Gerne
erinnere ich noch an meinen „heißer Tipp“, den Tag der offenen Tür beim
TM Börsenverlag zu besuchen. Wer einmal zum „Rosenheimer Börsentag“ in
den Chiemgau gekommen ist, kennt die ganz besondere Mischung aus
Informationen und Unterhaltung – dort herrscht immer Hoch-Stimmung!
Allerdings ist die Besucherzahl trotz des Um- und Erweiterungsbaus des
Verlagsgebäudes begrenzt. Ich hoffe, wir sehen uns am 18. Oktober in
Rosenheim! Melden Sie sich rasch an, denn:
Machen Sie weiter mit – und machen Sie’s gut!