Der Aktienanleger muss in diesen Wochen einiges ertragen – und deshalb möglichst unerschütterliche Geduld entwickeln! Diese Erkenntnis ist seit Oktober klarer denn je. Gelassenheit ist insbesondere deshalb angesagt, weil die kursbewegenden Ängste einmal mehr von den positiven Entwicklungen überlagert werden. Für eine akute Crash-Gefahr gibt es keine Anzeichen. Im Gegenteil, allein der Liquiditätsmotor ist trotz aller US-Zinsdiskussionen unverändert stark genug, um die Kurse auf beiden Seiten des Atlantiks weiter anzutreiben.
Aktuell will die Börse also weiter nach oben – der turbulente Wochenausklang lieferte einen eindrucksvollen Beweis: Erst legten technische Probleme den Xetra-Handel am Vormittag mehr als eine Stunde lahm. Sobald das System wieder lief, fing der Dax an zu sprinten, und zwar bis zum Xetra-Schluss um 2,3 Prozent auf 9.327 Punkte. Die kommenden Tage liefern wieder zahlreiche, voraussichtlich kursrelevante Nachrichten zu allen Themen. So, als hätten sie nichts dazu gelernt, mutmaßten Händler und Beobachter deshalb am Freitag, die Börsen stünden vor einer „Woche der Wahrheit". Agenturen berichteten: „Eine Flut von Konjunkturdaten und Firmenbilanzen wird die Aktienanleger in der kommenden Woche in Atem halten.“
Nein, das sind Sprüche, nicht mehr. Denn die Diskussionen über jeden Schritt der Notenbanken werden uns weiter begleiten. Ebenso werden die Fragezeichen hinter der europäischen Konjunktur so schnell nicht verschwinden – ich erinnere nur daran, wie lange es gedauert hat, bis man dem amerikanischen Aufschwung trauen konnte. Nein, derartige Kurzfristigkeit muss zwar Profis und Trader interessieren, der „normale“ Privatanleger sollte jedoch viel weiter, also langfristig denken. Aktive Stock-Picker müssen allerdings ins Kalkül ziehen – auch eine Erfahrung der vergangenen Wochen –, dass der Aktienmarkt sehr empfindlich auf frische Unternehmensmeldungen reagiert. Jetzt legen mehr als ein Dutzend Unternehmen aus der ersten deutschen Börsenliga ihre Zahlen vor. Dazu gehören Allianz (Freitag), Commerzbank, Deutsche Telekom, Siemens (jeweils Donnerstag) und BMW (Dienstag).
Halten wir uns grundsätzlich lieber an besonnene Strategen. Bei Credit Suisse beispielsweise konnte ich jetzt folgendes lesen: „Die jüngsten Turbulenzen an den Aktienmärkten ändern nichts an unserer insgesamt positiven Einschätzung. Nun, da das geringere Wachstum eingepreist ist, dürften Aktien zum Jahresende Auftrieb durch die Bewertung und die Liquidität erhalten. Wir sind positiv eingestellt für Japan und die Eurozone: Liquidität sollte reichlich vorhanden sein und die Bewertungen sind im Vergleich attraktiv.“ Das ist wie Musik in meinen Ohren.
Bemerkenswert auch eine neue, umfassende Analyse des Investmenthauses Baring Asset Management: „Trotz der scheinbar schwächeren Wirtschaftsdaten sind am deutschen Aktienmarkt unserer Ansicht nach auch weiterhin interessante Anlagechancen vorhanden. Wir gehen davon aus, dass eine noch expansivere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank zu einem schwächeren Euro führen wird, was den Unternehmensgewinnen bis ins Jahr 2015 hinein Auftrieb verschaffen dürfte. Aktuell liegt das Preisniveau deutscher Aktien unter dem anderer europäischer Länder, weshalb wir die Anlageklasse als Kaufgelegenheit betrachten.“
„Das Börsenbuch“ – ein Muss für Aktienfans
Langfristigkeit proparieren auch die Autoren Thomas Müller und Alexander Coels in ihrem „Das Börsenbuch“ – eine hochinteressante, eine wichtige Neuerscheinung. Etwa schon wieder eine Beschreibung von Geheimrezepten, wie man ganz schnell ganz reich wird? Nein, gewiss nicht. Solche Bestseller, die dann nach relativ kurzer Zeit im modernen Antiquariat landen, gibt es längst zuhauf. Es ist in erster Linie eine ganz ungewöhnliche und anschauliche, akribische und wirklich langfristige Darstellung der Aktientrends als Basis eines überzeugenden Plädoyers für die Trendfolge-Strategie. Deren Fortschreibung in die Zukunft kommt zu spektakulären Ergebnissen, die selbst eingefleischte „Bullen“ (= Optimisten) erstaunen lassen. Skeptiker mögen bei derartigen langfristigen Visionen vielleicht abwinken – sie erscheinen dennoch plausibel und erreichbar. „Das Börsenbuch“ ist jedenfalls den Preis von 39,95 Euro wert. Ausführliche Besprechung auf www.hermannkutzer.de (folgen Sie dem Link zu „Kutzers Marktplatz“). Weitere Informationen unter www.boersenverlag.de und www.boerse.de.
Machen Sie langfristig weiter mit – und machen Sie’s gut!