19.03.15
Wie wenig der Anleger auf die täglich verbreiteten Stimmungs- und Tendenzbeschreibungen von den Märkten geben sollte, ist gestern Abend wieder einmal deutlich geworden. Denn die mit Hochspannung erwarteten Statements von Fed-Chefin Janet Yellens brachten zwar die erhoffte Klarstellung. Doch reagierten Dow und Dollar so, als wären sie positiv überrascht, weil man etwas Anderes, Schlimmeres befürchtet hätte (bei mir hat das spontanes Kopfschütteln ausgelöst). Die Zinswende wird kommen, wahrscheinlich im Sommer. Aber sie wird nicht zu einem raschen Anstieg der Leitzinsen in großen Schritten führen. Das erfreut die Börsianer. Nur: Im Grunde entspricht genau dies den lange gehegten Erwartungen, die zwischenzeitlich da und dort in Frage gestellt wurden.
Und das ist „passiert“: Die US-Notenbank stellt die Weichen für die nahende Zinswende, behutsam. Es wird die erste Zinserhöhung seit fast zehn Jahren sein. Die Aussicht auf eine relativ sanfte Straffung der Geldpolitik gab der Wall Street Auftrieb. Und der Euro gewann zum Dollar mehr als 2 Prozent. Yellen betonte, die Notenbank habe sich nicht auf einen Zeitpunkt für eine Zinserhöhung festgelegt, allerdings hatte sie bereits Anfang des Jahres eine Anhebung im April de facto ausgeschlossen. Die Notenbanker strichen auf der geldpolitischen Sitzung einen Passus aus ihrem Text, in dem sie bislang ein "geduldiges" Vorgehen signalisiert hatten. Stattdessen will die Fed handeln, wenn sich der Arbeitsmarkt weiter aufhellt. Ferner wollen sich die Währungshüter einigermaßen sicher sein, dass sich die niedrige Inflation mittelfristig wieder auf die Zielmarke von 2 Prozent zubewegen wird.
Nimmt man die ersten Marktreaktionen, die erfahrungsgemäß aber noch mit Vorsicht zu genießen sind, dann ist das Risiko einer schärferen Kurskorrektur an der Wall Street gesunken. Alle möglichen Börsenexperten und Institutionen – darunter zuletzt auch der Internationale Währungsfonds – hatten ja vor einer heftigen Zinswende gewarnt, weil sie international erhebliche Irritationen und Turbulenzen auslösen könnte. Ihre betont vorsichtige, mitunter sybillinische Ausdruckweise (mit oder ohne das Wort „Geduld“) scheint die Fed-Chefin jetzt zu bestätigen. Jedenfalls sollten Aktienanleger nicht mehr darauf setzen, dass eine US-Zinserhöhung deutlich niedrigere Kurse bescheren wird, die man dann als günstige Einstiegsmöglichkeit nutzen könnte.
Gute Nachrichten gibt es auch von den deutschen Konjunkturperspektiven. Wie von mir seit Wochen angekündigt, wird die Kette der Prognosekorrekturen immer länger. So wird unsere Wirtschaft nach Ansicht des Instituts DIW im laufenden Jahr so stark wachsen wie seit 2011 nicht mehr. Die Berliner Forscher erwarten einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 2,2 Prozent zum Vorjahr. Das Essener RWI-Institut rechnet mit plus 2,1 Prozent und die OECD traut Deutschland ein Wachstum von 1,9 Prozent zu. Alle drei Institutionen erhöhten ihre Prognosen deutlich und begründeten dies unter anderem mit dem niedrigen Ölpreis. Denn die günstige Energie stärke die Kaufkraft der Konsumenten und entlaste viele Firmen bei den Kosten. Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble äußerte sich optimistisch für die Konjunktur: „Die Perspektiven für die kommende Zeit sind gut."
Und die Stimmungsentwicklung an der Frankfurter Börse? Laut Sentiment-Wochenbericht haben die Anleger weiter verhalten auf den Gipfelsturm des Dax reagiert. Von den professionellen Investoren haben 2 Prozent ihre Aktien verkauft, 6 Prozent allerdings auch ihre Shortpositionen geschlossen. 8 Prozent ist der Boden zu heiß geworden – sie sind ganz aus dem Markt raus gegangen. Insgesamt ist die Marktstimmung gestern mit -16 Punkten nur leicht besser gegenüber der Vorwoche geworden. Von den Privatanlegern sind 4 Prozent eingestiegen und 3 Prozent aus den Short-Positionen raus. Die Marktstimmung ist mit -4 Punkten zwar deutlich besser als die der Profis, aber immer noch negativ.
„boerse.de-Aktienbrief“: Mit der Wall Street weiter aufwärts
In der soeben vorgelegten neuen Ausgabe des „boerse.de-Aktienbrief“ gibt Herausgeber Thomas Müller die Prognose, dass der Dow Jones bald wieder die Leader-Rolle übernehmen dürfte. Seine Perspektive beschreibt er im Editorial wie folgt: „Wir stehen vor einer langen Phase steigender Aktienquoten, und Haupttreiber der Aktienbörsen dürften über Jahre hinaus die abgeschafften bzw. teilweise schon negativen Zinsen sein. Der US-Starinvestor Bill Gross schrieb über dieses Absurdum, dass Investoren beim Dinner nicht einmal mehr eine dünne Wassersuppe serviert werde. Nun müsse bereits dafür bezahlt werden, einen leeren Teller vorgesetzt zu bekommen. Es steht außer Frage, dass die riesige Liquidität mit vermutlich im Verlauf der zweiten Jahrzehnthälfte zunehmenden Vehemenz in die Aktienmärkte strömen wird. Am meisten profitieren dürften davon konservative Large Caps, d.h. große Unternehmen mit einer seit vielen Jahren erfolgreichen Geschäftsentwicklung und einer langen Dividendenhistorie.“
Zugleich macht Kollege Jochen Appeltauer, Chefredakteur des „boerse.de-Aktienbrief“ folgendes Angebot: „Auch wenn Sie noch kein Aktienbrief-Leser sein sollten, könnten Sie Ihr Depot von uns gerne kostenlos analysieren lassen. Fordern Sie einfach Deutschlands großen Börsenbrief zum Test an, und als Geschenk erhalten Sie einen Gratis-Depot-Check!“
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