Moderne Plattformen machen Aktie noch attraktiver

25.05.15

Von allen Seiten wird allen Anlegern das möglichst breite Streuen der Risiken angeraten, ja als wichtigster Schritt zum Erfolg hervorgehoben. Abgesehen davon, dass die professionellen Strategen und die Medien nicht nur die Gefahren betonen, sondern endlich zum Streuen von „Chancen und Risiken“ auffordern sollten, ist der Appell als Worthülse nicht besonders hilfreich. Interessant wird er doch erst dann, wenn man Diversifikation nicht nur mit Blick auf die wichtigsten Anlageklassen versteht. Ich habe schon mehrfach auf die enorm gewachsene Vielfalt der Instrumente hingewiesen, mit denen man beispielsweise den Weg zur Aktie oder zum Gold begehen kann. Dazu kommen jetzt neue Möglichkeiten strategischer Streuung – insbesondere im Zuge der Digitalisierung. Bestes Beispiel: Trading auf elektronischen Plattformen.

Schon vor langer Zeit, nach dem bitteren Ende des Neuen Markts, habe ich bei jeder Gelegenheit angeregt, das langfristige Vorsorgesparen, das typische mittelfristige Anlegen an der Aktienbörse und das heiße Spekulieren grundsätzlich zu trennen – durch separate Depots eben. Dadurch soll vermieden werden, dass Gier und Angst zum zweckfremden Einsatz von Kapital führen. Mittlerweile hat sich die Angebotsseite so stark verändert, dass der Privatanleger für alle Töpfe attraktive Möglichkeiten einer strategischen Chancenstreuung vorfindet, die er prüfen sollte!

Bevor ich Beispiele nenne, seien die veränderten Rahmenbedingungen noch einmal stichwortartig skizziert. Enttäuschung über die Anlageberatung der Banken und die Performance der meisten Investmentfonds begünstigt den Trend zum Anlagertyp „Selbstentscheider“. Unterstützt wird diese Entwicklung durch völlig neue Realtime-Informationsmöglichkeiten. Parallel ist auch das Kostenbewusstsein der Anleger spürbar gestiegen. Vor diesem Hintergrund verzeichnen junge Direktbanken und Discountbroker lebhaften Zulauf privater Anleger. Kostengünstige börsennotierte Indexfonds (ETFs) sind als passive Bausteine eines aktiven Vermögensmanagements zur Erfolgsstory geworden. Kurzfristiges Trading tritt an die Seite des langfristigen Investments.

Nun ist in jüngster Zeit die neue „Fintech“-Welt zu einem alle Marktteilnehmer beschäftigenden Thema geworden – nicht nur ein Modewort, denn es geht um wirklich spannende Veränderungen. Regelmäßige Besucher von Börsentagen und Anlegermessen werden dies vielleicht schon erkannt haben. Und die Profis – zum Beispiel die Vermögensverwalter – informieren sich auf Fachkonferenzen.

Ermöglicht durch die digitalen Weiterentwicklungen werden Bankdienstleistungen zunehmend in ihre Einzelteile zerlegt von jungen Unternehmen (Start-ups) modernisiert angeboten – ähnlich wie im Kreditgeschäft bereits geschehen. Wichtige Voraussetzung für die Akzeptanz sind hohe Transparenz und niedrige Kosten. Die Innovationen gehen dabei in aller Regel von Amerika aus. Um keine Einzelwerbung zu betreiben und andere nicht zu benachteiligen, verzichte ich auf namentliche Nennung von Anbietern.

Eine ziemlich schnell wachsende Innovation ist das sogenannte „Social Trading“, bei dem der individuelle Anleger einer größeren Community beitritt, um Erfahrungen auszutauschen und sich den Strategien der erfolgreichsten Akteure anzuschließen. In der Ausgestaltung gibt es durchaus Unterschiede zwischen den innovativen Online-Handelsplattformen – hochinteressant und spannend sind sie allemal.

Ein weiteres Beispiel: Sie wissen, dass ich ein engagierter Befürworter von Aktiensparplänen bin. Die werden, insbesondere auf Basis aktiv gemanagter Investmentfonds, schon seit langem von Banken und Sparkassen angeboten. Oft sind sie aber nach dem Empfinden kritischer Privatanleger nicht mehr zeitgemäß. So werden jetzt von einem relativ jungen Institut preisgünstige Sparpläne über seine Online-Anlageplattform angeboten – Spar-Depots mit unterschiedlichen Aktien/Anleihe-Anteilen, je nach Risikoneigung. Ein anderer Anbieter offeriert einen „Minisparplan“ in Aktienfonds mit monatlichen Sparraten von nur 10 bis 50 Euro monatlich an.

Interessant wird sein zu beobachten, ob die Honorarberatung der so intensiv kritisierten, klassischen Provisionsberatung Konkurrenz machen kann. Selbst hier gibt es jetzt Versuche, mit teilweise standardisierten Elementen eine sinnvolle Online-Beratung aufzubauen – extrem kostengünstig und unter Berücksichtigung der vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Beratungsdokumentation. Anlageberatung per Computer, gegebenenfalls telefonisch ergänzt – geht das? Man wird sehen.

Eines steht für mich fest: Die Aktie war stets eine ausgesprochen langfristige Anlageklasse. Das gilt heute noch, unverändert. Ihre Funktionen und Einsatzmöglichkeiten erweitern sich aber durch die immer weiter entwickelten Möglichkeiten der Digitalisierung. Das heißt, die Aktie bietet sich jetzt auch als kurzfristiges Chancenpapier an – sinnvollerweise als Ergänzung zum langfristigen Investment.