Zinsdiskussion: Noch stehen geopolitische Risiken im Hintergrund

21.09.15

„Bye, bye Dax 10.000! Die Stimmung hat sich nach der verschobenen Zinswende verschlechtert.“ So und ähnlich haben die Medien am Wochenende wieder einmal eine labile Marktsituation zusätzlich dramatisiert. Vorsicht! Die deutlichen Kursverluste an den Aktienbörsen waren eine spontane Reaktion; erst in ein paar Tagen werden wir wirklich etwas klarer sehen – hoffentlich! Klar, die Finanzmärkte hätten sich mit einer ersten Zinsanhebung durch die Federal Reserve wohler gefühlt nach dem Motto: Endlich ist soweit. Jetzt geht die geldpolitische Diskussion rund um den Globus zeitlich unbefristet weiter. Dazu kommen unvorhersehbare „Einzelschocks“ wie die Atom-Probleme der Versorger und heute der Volkswagen-Abgasskandal.

Amerikanische Agenturen haben gestern gemeldet, die Fed sei offenbar tief gespalten in der Frage, wie stark sich die Probleme der Weltwirtschaft auf die USA auswirken. Trotz des nahezu einstimmigen Beschlusses, mit einer Zinserhöhung noch zu warten, sei die Entscheidung eine „enge Sache" gewesen, sagte Notenbanker John Williams. Der Präsident der Fed von San Francisco gilt als Vertrauter von Fed-Chefin Janet Yellen. Sein Kollege aus St. Louis, James Bullard, bezeichnete die Stimmung in der Fed-Sitzung am Donnerstag als „spannungsgeladen". Bullard, der dieses Jahr im Fed-Zinsgremium nicht stimmberechtigt ist, ergänzte, er hätte sich seinem Kollegen Jeffrey Lacker angeschlossen, der als einziger gegen das Festhalten an der gegenwärtigen Geldpolitik gestimmt hatte. Aus Lackers Sicht wird der jetzige Zinssatz der Konjunktur nicht gerecht und ist auch nicht länger notwendig. Die US-Wirtschaft sei robust genug für eine Zinserhöhung, erklärte der Chef der Fed von Richmond am Samstag. Der private Verbrauch steige stetig, und der Arbeitsmarkt ziehe an. Die Zinsen sollten um 0,25 Prozentpunkte erhöht werden. Lacker gilt als Falke, also als Verfechter einer straffen geldpolitischen Linie.

Sein Kollege Williams, der im Zinsgremium der Fed, dem Offenmarktausschuss (FOMC), in diesem Jahr stimmberechtigt ist, sieht gute Chancen dafür, dass die Zinsen in diesem Jahr doch noch angehoben werden. Er ließ durchblicken, dass er sich den Schritt sogar schon im Oktober vorstellen könnte. Zwar sei im Anschluss an diesen Termin keine Pressekonferenz geplant. Das sei aber nicht problematisch, sagte er auf einer Konferenz. Arbeitsmarkt und die Inflationsrate entwickelten sich in die richtige Richtung. Daher wäre eine erste kleine Zinsanhebung der richtige Schritt. Letztlich werde dies aber davon abhängen, wie die Fed die Lage der Weltwirtschaft und deren Auswirkung auf die US-Konjunktur einschätze.

Wenn ich das alles so lese, gerät meine bullische Haltung für den Aktienmarkt fast ins Wanken. Fast! Denn von der monetären Politik auf beiden Seiten des Atlantiks sollten eigentlich stärkere Impulse auf die reale Güterwirtschaft ausgehen. Neben dem direkten Liquiditätsimpulse ist die Stabilisierung der Konjunkturbelebung eine wichtige Stütze für die Börsen. Jetzt wird man, so ist jedenfalls zu befürchten, verunsichert und übersensibel weiter auf die Lageberichte der wichtigsten Schwellenländer blicken, werden die Asset Manager und Analysten jedem Frühindikator der amerikanischen Wirtschaft entgegen fiebern und ganz kurzfristig je nach Nachrichtenlage ein- und wieder aussteigen. Anhaltend hohe Volatilität ist damit praktisch programmiert.

Mir bereitet Europa eher noch größere Sorgen (ich hatte das in den vergangenen Wochen bereits angedeutet). Denn ich befürchte, dass sich die geopolitischen Krisen und Konflikte eher noch verschärfen. Sie sind derzeit zwar nicht kursrelevant, stehen eher im Hintergrund der Börsenbühne. Das kann sich jedoch rasch ändern. Denn dazu kommt jetzt die immer weitere Kreise ziehende Flüchtlingskatastrophe, die ich längst als Völkerwanderung bezeichne. Sie überfordert die Politik. Was ich meine, haben Politiker aus Nachbarländern mittlerweile angesprochen: Frankreichs Wirtschaftsminister, der sich für einen völligen Neubeginn Europas ausspricht, oder Luxemburgs Außenminister, nach dessen Beobachtung ein Drittel der Brüsseler Parlamentarier froh über das Ende der Gemeinschaft wären. Mich als bekennenden Europäer erschreckt das – ebenso wie die Grenzschließungen. Sollte das Gebäude Europa bzw. die Währungsunion auseinanderbrechen, dann hätte das in jeder Hinsicht unabsehbare, schwerwiegende Folgen. Aus Sicht unserer Finanzmärkte würde schon im Vorfeld massiver Kapitalrückzug drohen.

Deshalb bleibe ich auch bei meiner Empfehlung, den von der Wissenschaft gerne kritisierten „Home Bias“ durchaus zu pflegen, d.h. den Heimatwerten, die man auch besonders gut kennt, trotz der gebotenen Streuung von Chancen und Risiken ein Übergewicht zu geben. Konkret: Dax & Co. sollten in einem Aktiendepot eindeutig dominieren. Im Übrigen halte ich es für sinnvoll, wenn verunsicherte, vorsichtige Anleger unter Ihnen, geschätzte Leser, jetzt weiter auf der Tribüne bleiben und zuschauen – zumindest bis nach der Zinswende in den USA. Den langfristig Mutigen brauche jedoch ch nicht zu wiederholen, dass trotz aller Sorgen die aktuellen Kurse höchst attraktive Kaufmöglichkeiten bieten. Für alle sollte gelten: Wo noch nicht geschehen, die Bestände gegen Crash-Risiken absichern!


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Machen Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!