Börsenstimmung: Der vorsichtige Optimismus ist berechtigt

05.01.17

Es ist viel Geld da, das Anlage sucht – immer noch. Allein das reicht zum Beginn eines neuen Jahres aus, um an den Börsen steigende Kurse auszulösen. Wenn dann noch Fantasie durch anhaltendes Wirtschaftswachstum und die amerikanische Steuerreform sowie die Impulse von den Rekorden der Leitbörse New York dazu kommen, ist die Hochstimmung bei Dax & Co. keine Überraschung. So kann es weitergehen, geschätzte Leser, obwohl eine stärkere Korrekturphase nicht schaden würde, denn sie böte den Skeptikern Anlass zum Einsteigen.




Neues Jahr = neues Glück? Die Frage steht ihm Raum, ob sich die bereits neun Jahre währende Aufwärtsbewegung im zehnten Jahr fortsetzt. Hans-Jörg Naumer, der von mir sehr geschätzte Chef-Anlagestratege der Allianz Global Investors, gehört zu den vorsichtigen Optimisten: „Die Chancen stehen nicht schlecht.“ In der zweiten Januarhälfte kommen die Firmengewinne rein. Diese lassen in Anbetracht der moderarten Analysenschätzungen positives Überraschungspotenzial erwarten.
Skepsis ist allerdings angebracht, dass es ein einfacher Performanceritt wird. Naumer weiter: „Die Volatilität ist unverändert geradezu historisch niedrig und die Fondsmanager-Surveys, sowie auch unsere eigenen Befragungen, zeigen, dass die Profis durchweg mit einer bullischen Grundhaltung ins neue Jahr gehen.“


Das stellt zugleich eine Einschränkung da, denn es spricht generell für Rückschlaggefahr – also gegen Sorglosigkeit. Deshalb lese ich auch bei diesem Fondsgiganten die Mahnung: „Aktives Management bleibt also das Gebot der Stunde.“ Last not least sicher auch, weil sich die Geo-Politik immer wieder zurückmelden dürfte. In Deutschland wird sich in den nächsten Tagen/Wochen entscheiden, ob es zu einer großen Koalition oder Neuwahlen kommt. In Italien ist mit der Auflösung des Parlaments jetzt der Weg frei für den Urnengang Ende diesen Quartals.


Keine Jahresend-Rallye 2017. Und auch während der ersten Handelstage des neuen Jahres hat sich der Dax ja ausgesprochen schwergetan, bevor er sich kraftvoll über die 13.000er Marke schwingen konnte. Bei manchem Kommentator sind sogar Erinnerungen an das Jahr 2016 wachgeworden, das seinerzeit so schlecht und mit einem massiven Abverkauf begonnen hatte. Zur Erinnerung: Vorübergehend hatte das Börsenbarometer, vom Jahresbeginn gerechnet, innerhalb von sechs Wochen fast 20 Prozent an Wert verloren. Dazu schreibt Joachim Goldberg in seiner ersten Stimmungsanalyse 2018 von der Börse Frankfurt: Auch wenn die Kursverläufe von den davorliegenden Monaten heute denen von damals ähneln, ist das aktuelle Stimmungsbild dennoch ein anderes. Und so spricht wenig dafür, dass sich die Geschichte von vor zwei Jahren wiederholen dürfte.


Dass der Vergleich mit dem Jahr 2016 tatsächlich hinkt, zeigt die wöchentliche Erhebung (Mittwoch) unter den mittelfristig orientierten Anlegern, die gegenüber der letzten Befragung aus dem Jahr 2017 eine leichte Stimmungsverbesserung aufweist. Denn der Börse Frankfurt Sentiment-Index ist um 3 Punkte auf einen Stand von +10 Punkte gestiegen. Dabei fällt auf, dass sich die Stimmungsveränderungen fast ausschließlich aus der Gruppe vormals seitwärts orientierter Akteure speisen.


Sowohl Optimismus als auch Pessimismus (wenn auch letzterer in geringerem Ausmaß) sind beide gegenüber der Vorweihnachtsumfrage leicht gestiegen. Entgegen der Annahme vieler Kommentatoren, dass der zuletzt im Vergleich zum US-Dollar stärkere Euro für die Dax-Schwäche zu Anfang des Jahres verantwortlich gewesen sein soll, scheint dies die Investoren am Ende kaum geschert zu haben. Dies gilt auch für die Privatanleger, deren Optimismus etwas deutlicher, und zwar um 8 Punkte auf einen Börse Frankfurt Sentiment-Indexstand von +20 Punkte gestiegen ist. Auch in diesem Panel zeigt sich, dass für den Anstieg des Bullenlagers um 8 Prozentpunkte ausschließlich vormals neutral eingestellte Akteure verantwortlich sind.


Bei der Analyse der aktuellen Daten fällt zweierlei auf. Zum einen, dass in beiden Panels die Gruppe der Skeptiker weitgehend unverändert geblieben und damit auch trotz des 2,1-prozentigen Kursrückgangs des Dax im Punktvergleich zur vergangenen Befragung kaum Gewinnmitnahmen der Bären stattgefunden haben. Zum anderen ist der Optimismus sowohl bei den institutionellen als auch den privaten Investoren gestiegen. Aber im Vergleich zur vorgenannten Situation Anfang des Jahres 2016 sind die Sentiment-Indizes nicht auffallend hoch. Im Gegenteil: Gemessen an den Pegelständen der vergangenen Monate kann der Optimismus von heute als moderat bezeichnet werden. Dies bedeutet nach der herkömmlichen Lesart, dass der Dax von den heimischen Investoren keinen allzu großen Gegenwind erwarten dürfte.


Vorsichtigen Optimismus verbreiten auch andere Häuser. Dabei fällt der betont selektive Charakter von Kaufempfehlungen auf. Die größten Kurschancen im ersten Quartal sieht beispielsweise Metzler Capital Markets für die Aktien der folgenden zehn Unternehmen: Allianz, Continental, Deutsche Börse, Deutz, HeidelbergCement, Jungheinrich, Salzgitter, Siemens, Software AG und United Internet AG.


Machen Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!