Aktienmärkte: Wieso keine Angst vor politischen Risiken?

30.05.18

Es gibt zwar da und dort Zweifel an der konjunkturellen Kondition, gravierender sind aus Sicht der Finanzmärkte momentan aber die Schatten der Politik – Geopolitik, Europapolitik, Wirtschaftspolitik. Können Sie sich, geschätzte Anleger, auf die fundamentalen Wirtschaftsdaten verlassen? Darauf gibt es unterschiedliche Antworten – ein Ja, wenn Sie wirklich ganz langfristig investieren.




Aktuell macht uns die OECD Mut, denn sie sieht eine gestärkte Weltwirtschaft trotz großer Risiken. Wie die Organisation heute Vormittag in Paris darstellte, gewinnt die Weltwirtschaft sogar weiter an Fahrt, angetrieben durch eine Erholung des Handels, mehr Investitionen und höhere Beschäftigung sowie gestützt durch sich anpassende Geldpolitik und fiskalische Lockerung. Dem Bericht zufolge dürfte die Weltwirtschaft 2018 und 2019 um jeweils knapp 4 Prozent wachsen, was nahe am langfristigen Durchschnitt liegt. Der Ausblick unterstreicht jedoch auch, dass erhebliche Risiken aufgrund von Handelskonflikten, Finanzmarktrisiken und steigenden Ölpreisen bestehen und dass mehr getan werden muss, um für die Menschen eine nachhaltige Verbesserung des Lebensstandards zu erreichen. "Die wirtschaftliche Expansion wird sich in den kommenden zwei Jahren fortsetzen, und die kurzfristigen Wachstumsaussichten sind günstiger als seit vielen Jahren", sagte OECD-Generalsekretär Angel Gurría.


Das klingt gut. Aber eine neue Banken- oder Finanzkrise, die Skeptiker nicht ausschließen wollen, hätte sicher fatale Folgen nicht nur für die direkt betroffenen Bereiche. Und politische Risiken sorgen aktuell für Nervosität am Markt. Entspannung ist noch lange nicht in Sicht, denn zeitnah stehen weitere politische Ereignisse ins Haus. Dies könnten an den Nerven der Investoren zehren. „Keine Angst vor politischen Risiken – volatile Marktphasen nutzen“, resümiert AXA Investment Managers in einer jetzt vorgelegten Betrachtung. Durch Volatilität können auch Chancen entstehen. 
Erfahrungsgemäß ist allerdings die Versuchung groß, bei den ersten Anzeichen von Ärger alles zu verkaufen. Investoren, die mehr Gelassenheit an Tag legen und bereit sind, langfristig höhere Risiken einzugehen, können sich in vorübergehenden volatilen Phasen vielleicht Qualitätsaktien und -anleihen zu günstigen Preisen sichern, so die Studie weiter. Motto: Nach Regen kommt Sonne.


Spätestens an dieser Stelle möchte ich an die alte Erkenntnis erinnern, dass Angst einerseits und Gier andererseits ganz schlechte Ratgeber der Anleger sind. Nur, ganz ehrlich, wer kann sich davon wirklich befreien? Gelassenheit ist angesagt. Und AXA IM rät Investoren, sich auf ihre langfristigen Ziele zu konzentrieren, anstatt bei vorübergehenden Problemen in Panik zu geraten. Volatilität werde es immer geben, aber deshalb sollte man seine Meinung nicht jeden Tag ändern. Tatsächlich entstehen in volatilen Phasen interessante Kaufmöglichkeiten. Um langfristig attraktive Erträge zu erzielen, ist es wichtiger, einen klaren Standpunkt zu einer bestimmten Assetklasse zu beziehen, als reflexartig auf Marktbewegungen zu reagieren.


Unabhängig davon, ob Marktturbulenzen vorhersehbar sind oder nicht: Portfoliodiversifikation werden immer für sinnvoll gehalten. Das deckt sich mit einer Häufung von Analysen anderer internationaler Investmentmanager in den vergangenen Tagen. Einige Analysten empfehlen zwar, wegen der politisch-wirtschaftspolitischen Krisenstimmung vorsichtshalber in Europa auszusteigen und das Kapital woanders hin zu bringen. Nein, kann ich nicht gutheißen. Eher nachvollziehen kann man die Empfehlung namhafter Experten, das Kapital breiter zu streuen – regional, nach Ländern, Branchen, Themen, Einzelwerten. Also nicht nur Europa und die Wall Street.


Manche Analysten blicken dabei ganz weit weg – typisch ist die wiederholte Empfehlung, Anleihen von Schwellenländern zu kaufen. Die bringen richtig was, also satte Zinsen. Neben den hohen Renditen ist diese Anlageklasse auch besonders bunt, man kann also gut mischen. Fundamentales Argument: Viele Schwellenländer haben sich in vergangenen Jahren deutlich stabilisiert, und das oft verbunden mit eigenen Wirtschaftsreformen und der wachsenden Weltwirtschaft im Rücken. Beispielhaft wird immer wieder Indien genannt.


Mit ähnlicher Begründung bleiben Aktien der Schwellenländer ganz oben auf den Favoritenlisten institutioneller Investoren: Aktien der Emerging Markets sind vergleichsweise attraktiv bewertet und ihre Dividendenrenditen sind hoch. In einem von wachsenden Unsicherheiten geprägten Umfeld an den Finanzmärkten bieten sie damit gute Anlagechancen, schreibt Lazard Asset Management. In einer Anlagewelt, in der nur wenige Vermögenswerte als günstig betrachtet werden können, bieten aus unserer Sicht Schwellenländertitel die größte Substanz, heißt es in Analyse.


Machen Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!