Konjunkturberichte: Wieviel Kraft verliert unsere Wirtschaft?

24.04.19

Neben den Zwischenberichten vieler heimischen und internationalen Unternehmen geht es für die Anleger nach Ostern vor allem um neue Konjunkturindikatoren aus aller Welt: Werden Bullen oder Bären davon ermutigt? Eine klare Antwort ist heute noch nicht möglich – zu unterschiedlich sind die einzelnen Analysen und Prognosen ausgefallen. Eine negative Überraschung bescherte der neue Ifo-Indikator, löste spontan aber keinen Schwächeanfall am Aktienmarkt aus.



Hoffnung hatte zunächst die April-Umfrage für China geweckt, denn die Konjunkturerwartungen sind wieder gestiegen. Der Wert des CEP-Indikators, der auf Basis des China Economic Panel (CEP) erhoben wird und die Konjunkturerwartungen internationaler Finanzmarktexperten auf Sicht von zwölf Monaten wiedergibt, liegt aktuell bei minus 11,9 Punkten, 13,1 Punkte höher als im März 2019. Trotz dieser Verbesserung bewegt sich der Indikator damit nach wie vor unterhalb seines langfristigen Durchschnitts von 1,8 Punkten und das inzwischen seit 13 Monaten. „Der Anstieg des CEP-Indikators zeigt, dass die wirtschaftspolitischen Pläne und Aktivitäten der chinesischen Regierung (Senkung der Mehrwertsteuer, Senkung des Mindestreservesatzes etc.) die Experten insoweit überzeugt haben, dass diese nur noch mit einem gedämpften Rückgang des Wirtschaftswachstums rechnen“, sagt Dr. Michael Schröder, Senior Researcher beim ZEW in Mannheim und Projektleiter der CEP-Erhebung.

Die Teilnehmer der Umfrage rechnen trotz der wirtschaftspolitischen Stützungsmaßnahmen mit einer Belastung des privaten Konsums und der privaten Investitionen. Beide Indikatoren liegen aktuell im negativen Bereich. Die Einschätzung zur Entwicklung chinesischer Exporte hat sich ebenfalls weiter verschlechtert. Offenbar ist das Vertrauen in schnelle positive Wirkungen eines neuen Handelsabkommens zwischen China und den USA nicht vorhanden.

Erfreuliches auch aus Paris: Die Stimmung in den französischen Unternehmen hat sich im April besser als erwartet gezeigt. Der Indexwert für das Geschäftsklima habe 105 Punkte betragen, teilte das Statistikamt Insee am Mittwoch in Paris mit. Analysten hatten nur mit 104 Punkten gerechnet. Außerdem revidierte das Statistikamt den Indexwert für März nach oben. Er habe demnach ebenfalls bei 105 Punkten gelegen. Zuvor hatte Insee nur 104 Zähler gemeldet. Seit Beginn des Jahres ging es mit dem Stimmungsindikator wieder tendenziell aufwärts, nachdem er im vergangenen Jahr spürbar gesunken war.

Dann aber die Überraschung des Tages: Die Stimmung in den deutschen Chefetagen hat sich wieder eingetrübt. Der Ifo-Geschäftsklimaindex ist im April von 99,71 auf 99,2 Punkte gesunken. Die Unternehmen sind weniger zufrieden mit ihrer aktuellen Geschäftslage. Der leichte Optimismus vom März mit Blick auf die kommenden Monate ist wieder verflogen. Die deutsche Wirtschaft verliert weiter an Kraft. Vor allem im Verarbeitenden Gewerbe hat sich das Geschäftsklima erneut merklich verschlechtert. Die Unternehmen schätzen ihre aktuelle Lage nochmals schlechter ein. Auch mit Blick auf die kommenden Monate hat der Pessimismus zugenommen. Im Dienstleistungssektor ist der Index leicht gestiegen. Dies ist optimistischeren Erwartungen geschuldet.

Volkswirte großer Banken zeigten sich in ersten Reaktionen enttäuscht. Verständlich. Denn bisher geht man ja mehrheitlich davon aus, dass die momentane Wachstumsschwäche im weiteren Jahresverlauf wieder überwunden werden kann. Skeptiker sagen jetzt, angesichts des neuerlichen Rückgangs des Ifo-Index spricht vieles dafür, dass die deutsche Wirtschaft auch im zweiten Quartal kaum zulegen wird. Andererseits bleibt die Hoffnung, dass sich dies in der zweiten Jahreshälfte dieses Jahres ändern wird. Denn dann dürften die zahlreichen in China ergriffenen Maßnahmen zur Stimulierung der dortigen Nachfrage Wirkung zeigen und der Industrie weltweit wieder etwas mehr Rückenwind geben.

Für mich sind die neuen Lageberichte allenfalls eine Bestätigung, dass wir den kurzfristigen Signalen nicht trauen sollten. Wir müssen davon ausgehen, dass die Aussagen zu den Konjunkturverläufen nach Regionen, Ländern sowie nach prozentualen Veränderungen noch mehrfach korrigiert werden können. Dass der Dax als Folge des Ifo-Berichts nicht spontan eingeknickt ist, zeugt von der anhaltend guten Verfassung unseres Aktienmarkts. Dennoch warne ich vor Euphorie, geschätzte Anleger, und empfehle dringend, wachsam und vorsichtig zu bleiben.

Machen Sie trotzdem weiter mit – und machen Sie’s gut!