Die Börse will weiter nach oben – aber wie lange noch?

28.04.20

Manchmal fällt es wirklich nicht leicht, die aktuelle Marktentwicklung nachzuvollziehen. „Die Aktienkurse wollen nach oben“, war die lapidare Antwort der Händler schon zur Präsenzbörsenzeit, wenn sie ehrlich zugaben, eine Aufwärtsbewegung nicht so recht zu verstehen. „Mehr Käufe als Verkäufe“, war dann fast schon eine präzise Begründung. Heute sprechen Börsianer eher von einer „Bear Market Rally“, also von einer kurzfristigen technischen Erholung in einem übergeordneten Abwärtstrend. Ein Blick auf den Tageschart (Vormittagsverlauf) bestätigt dies. Nur, die Nachrichtenlage liefert den Bullen keinen neuen Stoff.



So berichtet das Ifo-Institut, dass die deutsche Wirtschaftsleistung während der Corona-Schließungen dramatisch eingebrochen ist. Das ergibt eine Auswertung der April-Umfrage unter 8.800 Unternehmen (!) aus nahezu allen Branchen. Insgesamt dürfte die Wirtschaft in diesem Jahr um 6,2 Prozent abstürzen und damit stärker als in der Finanzkrise 2009 mit 5,7 Prozent. Wegen der Corona-Krise hat der deutsche Mittelstand allein im März Umsatzeinbußen von insgesamt 75 Milliarden Euro und damit 2 Prozent seiner Jahreserlöse verzeichnet, teilt die staatliche Förderbank KfW mit. Geschäftsschließungen, Reisebeschränkungen und Kontaktverbote führen zu Umsatzeinbrüchen, schmelzenden Liquiditätspolstern und unsicheren Geschäftsaussichten – und bedrohen die Existenz vieler kleiner und mittlerer Unternehmen.

Eine Krise ist immer auch eine Chance. Deshalb betonen internationale Strategen, dass sich aus Markteinbrüchen für eher langfristige Investoren auch Investmentchancen ergeben: Die Wertpapiere sind billiger, die Bewertungen günstig. Dazu heißt es in einer Analyse: Bei einem Anlagehorizont von drei bis fünf Jahren können Investmentmanager die längerfristige Solvenz im Blick haben und müssen nicht auf Grundlage der kurzfristigen Liquidität entscheiden. Hinzu kommt, dass aktive Manager die Spreu vom Weizen trennen und Unternehmen auswählen können, die mit größerer Wahrscheinlichkeit den Sturm überstehen und möglicherweise hohe Erträge einfahren werden.
Grundsätzliche Zustimmung, aber trotzdem Einspruch! Es ist typisch, wenn moderne Profis einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren schon als langfristig ansehen – ich empfehle lieber fünf Jahre plus. Und das mit der Trennung der Spreu vom Weizen sollten Sie selbst aufgrund Ihrer Erfahrungen (Wem gelingt das wie oft?) beurteilen, geschätzte Anleger.

Vielleicht weiß nur ein einziger, aber besonders mächtiger Mensch wirklich, wo es langgeht (Achtung, Ironie!): Agenturen melden, dass Donald Trump mit einer rasanten Erholung der Wirtschaft in den USA noch in diesem Jahr rechnet. Das dritte, vor allem aber das vierte Quartal (da will er wiedergewählt werden) würden mit Blick auf das Bruttoinlandsprodukt „spektakulär", kündigte Trump am Montagabend (Ortszeit) bei einer Pressekonferenz an. Auch das kommende Jahr werde „phänomenal". Aha, der Aktienmarkt hört auf Onkel Donald …