Nachhaltige Anlagen sind Trend, keine Modeerscheinung

05.07.20

Welche Nebenrolle „Nachhaltigkeit“ in der Vergangenheit auch gespielt haben mag – sie ist ein Zeichen unserer Zeit geworden, verändert Wirtschaft und Politik. Und sie gehört inzwischen zu den Mega-Themen der Kapitalanlage. Trotzdem befinden wir uns noch in der Anfangsphase: Ich bin fest davon überzeugt, dass Nachhaltigkeit auf allen Ebenen in der Zukunft eine richtungsweisende Aufgabe wird.



Ehrlich gesagt, das Wort als solches gefällt mir nicht. Ich empfand „Nachhaltigkeit“ schon vor vielen Jahren als nicht griffig genug und versuchte im Rahmen eines öffentlichen Wettbewerbs einen deutlicheren Begriff zu finden. Gescheitert. Inzwischen kennen wir seine inhaltliche Breite – insbesondere durch das international gängige Kürzel „ESG“ (aus dem Englischen für Environmental, Social, Governance = Umwelt, Soziales und Unternehmensführung).

Einen Beleg für die wachsende Bedeutung liefern die Anbieter von Kapitalanlagen. Denn seit Monaten werden unter der Flagge der Nachhaltigkeit nicht nur zunehmende Analysen und Prognosen erstellt, sondern neuartige Produkte oder Produktvarianten offeriert. Trotz wiederholter Behauptungen, nachhaltige Investitionen wären ein Luxus, begünstigt durch eine 10-jährige Hausse am Aktienmarkt, spricht nach Einschätzung Londoner Strategen einiges dafür, dass die Nachhaltigkeitsevolution in der Finanzbranche der Corona-Krise standhält und einen langfristigen, säkularen Wandel darstellt. In den letzten Monaten erlebten Anlageprodukte mit ESG-Fokus weltweit Rekordzuflüsse – man kann eine Art Explosion von nachhaltigen Kapitalmarktaktivitäten beobachten. In seinem Report „The Sustainability of Sustainability: Green Finance during the Pandemic“ erklärt Mitch Reznick, Head of Research and Sustainable Fixed Income bei Federated Hermes, warum Nachhaltigkeit weit mehr als ein vorübergehender Trend ist.

Die Nachhaltigkeit ist also nachhaltig. Der Anstieg an ESG-Investments wurde von Kritikern lange Zeit als Folge des längsten Bullenmarkts der Geschichte abgetan. Sie seien ein bloßes “Nice-to-have”, jedoch keine Notwendigkeit. Glaubt man dieser Aussage, hätte die Erfolgswelle der ESG-Investments allerdings im ersten Quartal des laufenden Jahres beendet sein müssen. Dem war allerdings nicht so. Nachhaltiges Investieren befindet sich weiterhin über alle Anlageklassen hinweg auf Wachstumskurs. Beweise hierfür finden sich überall in der Anlagewelt. So haben zum Beispiel diverse Großunternehmen erklärt, sich in den kommenden Jahren zu nachhaltigen Konzernen zu entwickeln. ESG-Indizes übertreffen den breiten Markt und das Volumen grüner bzw.
nachhaltiger Anleihen ist trotz der erheblichen Turbulenzen an den Kapitalmärkten im ersten Quartal nur geringfügig zurückgegangen.

Und die Pandemie? Die hat das soziale Bewusstsein verstärkt. Politische Entscheidungsträger, Unternehmen, aber auch die Gesellschaft als Ganzes erkennen nun, wie wichtig es ist, Widerstandsfähigkeit im Gesundheitswesen, in der Nahrungsmittel- und Wasserversorgung sowie in den Lieferketten aufzubauen. Zudem hat die Krise den Klimawandel und Arbeitnehmerrechte ins öffentliche Interesse gerückt. Die Pandemie hat ESG- und Nachhaltigkeitsthemen weiter in den Vordergrund gerückt und zu einer strategischen Priorität für Unternehmen gemacht, die den Umbruch überdauern wollen. Es ist zu erwarten, dass sich dieser Trend in der aktuellen Pandemie und darüber hinaus fortsetzt.