Wie politische Einflüsse die Börse bewegen

 17.09.20

Was passiert bis zum 3. November (und was nicht)? Genau genommen geht es aus Börsensicht um die Zeit nach den US-Wahlen. Denn dann wird sich der neue Präsident (selbst wenn es der Alte sein sollte) gegenüber dem Wahlkampfgetöse spürbar moderieren und seinen steuer- und wirtschaftspolitischen Kurs konkretisieren. Außerdem wird die Fed ihren weiteren Kurs dann präzisieren. Bis dahin werden Volkswirte und Analysten noch jede Menge Meinungen zum Wahlausgang veröffentlichen – natürlich unter Berücksichtigung der Außenpolitik der US-Administration, der weiteren Corona-Entwicklung und der aktuellen Wirtschaftsdaten. Das sorgt für Stimmungsschwankungen und Volatilität der Kurse. Wenn man zudem unsere europäischen Herausforderungen (vor allem den Brexit-Streit) einbezieht, kann man feststellen: Ja, Politik bewegt die Märkte. Doch gehe ich aus heutiger Sicht davon aus, dass diese Einflüsse kurzfristiger Natur bleiben und den langfristigen Trend nicht ändern werden. Das kann Sie, geschätzte Anleger, einigermaßen gelassen stimmen.

Unabhängig davon hat der bisherige Septemberverlauf wieder einmal gezeigt, dass Dax & Co. stark von den internationalen Kapitalströmen beeindruckt werden, was in der täglichen Marktberichterstattung meist zu kurz kommt. Goldberg & Goldberg, die Stimmungsanalysten an der Börse Frankfurt, haben in ihrem gestrigen Wochenbericht festgestellt, dass die Pessimisten zum ersten Mal seit Wochen Reaktion gezeigt und ihre vermutlich unprofitabel gewordenen Engagements glattgestellt haben. Damit ist die Gruppe der Bären auf den niedrigsten Stand seit dem 25. März geschrumpft. Dabei haben auch Privatanleger kapituliert. Ein Motiv für den Sinneswandel dürfte neuer Konjunkturoptimismus gewesen sein. Bemerkenswert ist allerdings, dass sich der Wandel der Pessimisten nicht stärker in steigenden Dax-Kursen gezeigt hat. Die Ursache für diese recht überschaubare Reaktion ist auf Abflüsse langfristigen Kapitals zurückzuführen sein. Denn die jüngste BofA-Umfrage hat ergeben, dass die internationalen Fondsmanager ihre deutlich Übergewichtung von Aktien der Eurozone zurückgenommen haben. Das könnte eine Tendenz für die kommenden Wochen bleiben und sich in einer Erholung des Dollarkurses gegenüber dem Euro widerspiegeln.

Die Ergebnisse des monatlichen Sentix-Politikbarometers betonen den Stimmungswandel stärker: Die Belastungen der Aktienmärkte durch politische Ereignisse nehmen zu. Nachdem im Frühjahr die Politik aufgrund der konsequenten Corona-Maßnahmen überwiegend als positiv betrachtet wurde, hat sich der Wind gedreht. Vor allem der Brexit aber auch die US-Wahl werden als Belastung empfunden. Im Frühjahr erntete die Politik seitens der Anleger viel Lob. Obwohl die globalen

Lockdowns der Wirtschaft erheblichen Schaden zugefügt haben, werteten die Anleger die konsequente und abgestimmte Vorgehensweise von Regierungen und Notenbanken per Saldo positiv. Von einer so positiven Betrachtungsweise sind die Anleger im September wieder deutlich abgerückt. Größtes Einzelproblem aus Sicht der Anleger sind die Brexit-Verhandlungen, die in den letzten Monaten aus dem Blick der Öffentlichkeit gerückt sind. Aber auch die US-Präsidentschaftswahl im November rückt mehr und mehr in den Fokus. Aus Sicht der Anleger ist nicht klar, welcher der Bewerber zu bevorzugen ist. Das aktuelle Kopf-an-Kopf-Rennen in den Umfragen führt jedenfalls nicht zu einer hoffnungsvollen Stimmung der Investoren.

Zusammengenommen ergibt sich daraus für Anleger (noch) kein düsteres Bild. Wer dennoch eine nachhaltige Reaktion auf die kommenden politischen Ereignisse befürchtet, der sollte auf Nummer sicher gehen und vorsichtshalber bis zum 3. November nichts unternehmen. Meine größere Sorge gilt aufgrund der neuen Infektionszahlen der Pandemie und ihren Folgen!