Noch haben die Börsen-Bullen stärkere Argumente

 23.02.21

Es klingt vielleicht befremdlich, ist aber aktuelle Realität: Man könnte problemlos die jüngsten Wirtschafts- und Börsenprognosen in zwei Blöcke mit gegensätzlichen Vorzeichen aufteilen. So mangelt es nicht an überzeugt optimistischen Stimmen, die mit guten Argumenten Mut machen. Nur stehen diesen auch skeptische und warnende Experten gegenüber, die mindestens eine schwächere Aktienphase, möglicherweise sogar einen weiteren Crash befürchten. Raten Sie mal, geschätzte Anleger, auf welcher Seite ich zu finden bin: richtig, nach wie vor im Lager der Börsen-Bullen (trotz gewisser Bedenken).

Dazu ein Beispiel, wie man (wirklich wichtige!) Daten falsch einordnen kann. Die laufende Diskussion über Inflationsgefahren hat durch folgende Meldung neue Nahrung erhalten: In der Eurozone hat sich die Inflation zu Beginn des Jahres deutlich verstärkt. Die Jahresinflationsrate stieg im Januar auf 0,9 Prozent, wie die Statistikbehörde Eurostat am Dienstag nach einer zweiten Schätzung mitteilte. Im Dezember hatte die Rate noch deutlich niedriger bei minus 0,3 Prozent gelegen. Oha, das liest sich nicht gut und lässt ernste Sorgen über die Folgen eines stärkeren Preisanstiegs keimen. Doch muss man wissen (und hier sind zunächst die Medien gefordert), dass die monatlichen Preisveränderungen bereits kurz vor dem Monatsultimo veröffentlicht werden. Die spätere offizielle Zahl ist in aller Regel identisch mit der vorangegangenen „ersten Schätzung“. Wenn das nicht klar zum Ausdruck gebracht wird, entsteht schnell ein falscher (dramatisierender) Eindruck. So auch diesmal, denn die +0,9 Prozent sind eine Bestätigung der bekannten Veränderung. Und die Zahl ist noch weit davon entfernt, für den Aktienmarkt gefährlich zu sein (anders bei Anleihen!).

Es ist nicht abzusehen, wann sich an der monetären Basis (extreme Geldversorgung, Zinsen nahe Null) in Verbindung mit einer Re-Inflationierung für die Börse Ausschlag gebendes ändern wird. Mir gefällt eine Analyse dazu der Deutschen Bank: Die Geldmenge ist in den meisten Ländern wegen einer sehr lockeren Geldpolitik zuletzt viel stärker gestiegen als die Wirtschaftsleistung. In den USA hat der daraus resultierende „Liquiditätsüberschuss“ gegenüber dem Vorjahr um etwa 64 Prozent zugenommen – so stark wie noch nie. In den großen Industriestaaten (G7) und in China betrug der Zuwachs immerhin rund 32 Prozent. Das sind gute Voraussetzungen für einen weiteren Kursanstieg an den Börsen, denn ein Teil dieses Geldes fließt im Normalfall auch in die Aktienmärkte. In diesem Zusammenhang stimmt mich eine weitere Zahl optimistisch: Das Verhältnis der globalen Aktienmarktkapitalisierung zur Geldmenge, das aktuell bei etwa 1,8 liegt. Dies ist im historischen Vergleich wenig, zum Höhepunkt im Jahr 2000 lag der Faktor bei 4. Relativ viele Anleger haben dementsprechend ihr Geld auf Bankkonten geparkt. Das sieht kaum nach einer Überinvestition in Aktien aus, zumal die Geldmarktzinsen historisch niedrig sind und der Anreiz zur Umschichtung in andere Anlageformen groß sein dürfte.

Folgt man den Investmentstrategen von BNY Mellon IM, kann man auch das kritische Thema Dividenden mit positiver Gelassenheit betrachten. Denn die

Analysten sprechen von einer „einzigartigen Kaufgelegenheit“ für den Kauf von Dividendenaktien, die im Vergleich zum breiteren Markt günstig gehandelt werden. Nach den Dividendenkürzungen im Jahr 2020 gehen die Experten zudem davon aus, dass Anleger in Zukunft wieder mit verlässlichen Ausschüttungen rechnen können.

Anregung liefert auch das internationale Investmenthaus Robeco und nennt drei Fintech-Bereiche, die zunehmende Dynamik versprechen:

· Die Zunahme digitaler Zahlungen bietet riesige Chancen für den Sektor.

· Der steigende Zugang zu Online-Finanzdienstleistungen in China und Indien sollte die Nachfrage nach Fintech-Diensten in den beiden Ländern anheizen.

· Die Notwendigkeit einer vollständigen Digitalisierung traditioneller Banken wird die Nachfrage nach von Fintech-Unternehmen angebotenen Produkten anregen, da sie diese Umstellung