Rohstoffe haben ihren Reiz für Anleger zurückgewonnen

 30.05.21

Von Holz bis Kupfer – Rohstoffe sind seit vergangenem Jahr wieder ein Thema geworden. Nicht nur kurzfristig, sondern sie stehen möglicherweise in der Anfangsphase eines „Superzyklus“, also einer mehrjährigen Hausse. Denn es geht nicht etwa um eine kurzfristige Spekulationsblase. Vielmehr haben sich die fundamentalen Nachfrage-/Angebotsverhältnisse verschoben, so dass die bereits spürbaren Verknappungserscheinungen zu einer Belastung ganzer Branchen und einzelner Unternehmen werden.

Deshalb interessieren sich nicht nur Volkswirte, Händler und Anlagestrategen für die Commodities, sondern zunehmend auch Investoren wie Investmentfonds. Selbst Industrieverbände wie der DIHK beschäftigen sich mit der Mangelware: Stahl und Aluminium, Kupfer, Kunststoff oder auch Holz – an diese Rohstoffe und Materialien kommt man aktuell nur schwer bis gar nicht heran. Es fehlt an Nachschub, Lieferungen verzögern sich, zusätzlich steigen die Preise – zuletzt um 80 bis 100 Prozent bei vielen Rohstoffen. Davon berichten auch 42 Prozent der Unternehmen in der aktuellen DIHK-Konjunkturumfrage. Besonders betroffen sind Industrie und Bauwirtschaft. Die Folge: Einige Betriebe können derzeit schwer oder gar nicht einschätzen, ob und wann erforderliche Rohstoffe verfügbar sein werden.

Als eine der Hauptursachen gelten die Auswirkungen der Corona-Pandemie: Vielerorts haben Rohstofflieferanten ihre Produktion nach unten anpassen müssen. Nun ist die weltweite Nachfrage jedoch unerwartet schnell angesprungen, sodass die Rohstoffe nicht schnell genug produziert und geliefert werden können. Hinzu kommen fehlende Frachtkapazitäten, Handelskonflikte und auch die Suez-Kanal-Blockade trägt noch immer zu Lieferschwierigkeiten bei. Im aktuellen AHK World-Business-Outlook berichten 40 Prozent der deutschen Unternehmen im Ausland von Problemen in den Lieferketten – der höchste Wert seit Beginn der Umfrage.

Rohstoffe (vom Öl und den Edelmetallen einmal abgesehen) sorgten jahrelang nicht mehr für Schlagzeilen. Seit der Pandemie mit dem steilen Ab und Auf der Weltwirtschaft sprechen Analysten aber vom „Game Changer“. Kein Wunder, denn nicht nur enorm gestiegene Preise signalisieren einen vermutlich nachhaltigen Wandel (Produktionszahlen, Lagerbestände). Spezialisierte Vermögensverwalter wie die Genfer Unigestion tragen in Studien eine ganze Reihe von Einflüssen zusammen, die für anhaltend feste bis weiter steigende Rohstoffpreise sprechen. Dazu gehören die angekündigten Pläne großer Volkswirtschaften, enorme Beträge in die Modernisierung der Infrastruktur zu investieren. Die USA unter Joe Biden liefern das eindrucksvollste Beispiel.

Nicht leicht fällt die Einschätzung des Faktors Inflation. Denn einerseits werden die Verbraucherpreise insbesondere durch teure Energierohstoffe (Öl) angeheizt, andererseits gehören Rohstoffe zu den Sachwerten, in die Anleger gerne zum Schutz vor Inflation investieren.

Rohstoff-Superzyklus? Mein Bauchgefühl liefert kein deutliches Echo. Zu den mitentscheidenden offenen Fragen gehört beispielsweise, inwieweit sich die Preise wieder zurückbilden (= normalisieren) werden, wenn die von Amerika ausgehende Dynamik der Konjunkturerholung abflachen sollte (ab 2022?). Das wäre wohl auch das Ende des aktuell aufwärts gerichteten Inflationstrends. Wie auch immer, ich beobachte die internationalen Rohstoffmärkte seit Anfang der 1970er Jahre und finde sie ausgesprochen spannend – jetzt wieder. Deshalb teile ich die Empfehlung, mit einem Teilbetrag des verfügbaren Kapitals dabei zu sein. Dem Privatanleger bieten sich dafür neben Termin- und Optionsgeschäften die Exchange Traded Products (ETPs) oder Aktien von Minengesellschaften an.