So können sich Anleger aufs Alter einstellen

29.08.21

Die private Altersvorsorge ist hierzulande ein Dauerbrenner. Und das schon seit vielen Jahren. Das wird sich auch nicht ändern, denn die politischen Kontroversen über eine weitreichende Rentenreform versprechen keine befriedigende Lösung. Deshalb sollten die Bürger selbst ausreichend fürs Alter vorsorgen – so früh und so viel wie möglich. Genügend Vorschläge liegen längst auf dem Tisch. Ich plädiere als Kern solcher Maßnahmen für Aktien- oder Aktienfonds-Sparpläne. Dazu passen auch langfristige Sparpläne auf Gold.

Wie viel Geld brauchen Sie für den Ruhestand, geschätzte Anleger? Die internationale Analyse- und Ratinggesellschaft Morningstar hat dies einmal betrachtet mit dem Ergebnis, dass bei der Planung einige Variablen zu berücksichtigen sind. Zur Planung des künftigen Ruhestands wenden viele Menschen viel Zeit auf, um die optimale Portfoliostrukturierung, unterschiedliche Anlageoptionen, mögliche Entnahmeraten und viele andere komplizierte Faktoren zu studieren. Eine Kennzahl erhält allerdings oft nur wenig Aufmerksamkeit, obwohl sie viel ausschlaggebender dafür ist, ob wir zum gewünschten Zeitpunkt und unter den angestrebten finanziellen Bedingungen in den Ruhestand eintreten können: Die Geldsumme, die wir sparen müssen, um wirklich gut versorgt in Rente gehen zu können.

Eine von Fidelity Investments in den USA durchgeführte Studie versucht, genau diese Frage zu beantworten. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Anleger für den Ruhestand ein finanzielles Polster anstreben sollten, das dem 10-Fachen ihres letzten Gehalts im Alter von 67 Jahren entspricht. Mit 35 sollten Anleger das 2-Fache ihres aktuellen Gehalts für die Rente beiseitegelegt haben, mit 45 das 4-Fache und mit 55 das 7-Fache.

Im Prinzip kommt es darauf an, wie kurz wir vor der Rente stehen und wie viel wir im Ruhestand ausgeben werden. Die Beantwortung dieser Frage ist für einen 30-Jährigen mit mehr Unsicherheit behaftet als für einen 60-Jährigen, der ungefähr weiß, welche Ausgaben für ihn als Rentner anfallen werden. Ältere Personen, die kurz vor dem Ruhestand stehen, wissen natürlich besser, wie viel sie jeden Monat wofür ausgeben, und können dies für die nächsten Jahre hochrechnen. Der Einkaufskorb und die Ausgaben einer Person zwischen 40 und 49 Jahren sehen anders aus als jene einer Person von 60 bis 69 Jahren. Die Ausgaben für Wohnen, Freizeit, Bildung (wenn Sie Kinder haben) und vieles mehr ändern sich mit dem Alter drastisch.

David Blanchett, Head of Retirement Research bei Morningstar Investment Management, hat die Entwicklung der Ausgaben im Ruhestand untersucht: Rentner geben am Anfang ihres Ruhestands eher viel aus, weil sie Nachholbedarf haben und endlich reisen sowie ihre neu gewonnene Freizeit nutzen möchten. In den mittleren Ruhestandsjahren gehen die Ausgaben dann zurück. Die Rentner sind noch gesund, aber geben nicht mehr so viel für Reisen, Restaurantbesuche und ähnliche Dinge aus. Die Analysen zeigen, dass die Ausgaben in späteren Jahren wieder steigen – oft aufgrund höherer Gesundheitskosten.

Zu den Variablen der Ruhestandspläne und -ausgaben, die variieren können und ausschlaggebend für den Erfolg oder Misserfolg eines Ruhestandsplans sind, zählt u.a. die Einkommensersatzrate: Im Allgemeinen benötigen Besserverdiener und gute Sparer einen niedrigeren Prozentsatz ihres Erwerbseinkommens für den Ruhestand als Arbeitnehmer mit niedrigerem Einkommen und niedrigerer Sparquote. Wichtig auch das Rentenalter: Wenn Sie länger arbeiten (sofern Sie dies wollen und können), kann dies einige Vorteile mit sich bringen. So bedeutet eine Verzögerung des Ruhestands, dass Sie länger sparen, ihre Sozialversicherungsleistungen steigern und die Portfolioentnahmen reduzieren können. Alle drei Faktoren können sich erheblich darauf auswirken, wie lange ein Portfolio ausreicht. Das Schwierigste überhaupt ist, die eigene Lebenserwartung vorherzusagen.

Und die erwartete Rendite? Hier empfiehlt Morningstar eine vorsichtige Schätzung, insbesondere wenn das Portfolio eine große Anzahl von Anleihen umfasst. In einem Niedrigzinsumfeld (mit Potenzial für höhere Zinsen) wird die Rendite in diesem Teil des Portfolios wahrscheinlich niedrig ausfallen. In der Regel sinkt das eingegangene Risiko, je näher der Ruhestand rückt, und damit sinkt im Prinzip auch die erwartete Rendite des Portfolios. Mein Beispiel dazu, das auch von anderen Experten so oder ähnlich beschrieben wird, ist die Umwandlung von Aktienpositionen in Anleihen oder Festgelder rechtzeitig vor Beginn des Ruhestands. Damit schützt man sich vor den Folgen eines Börsencrashs „zur falschen Zeit“.

Wie viel Sie als Rentner sparen müssen, hängt schlussendlich auch von der Entnahmerate ab, d. h. von dem Prozentsatz Ihrer Ersparnisse, den Sie jedes Jahr im Ruhestand aufbrauchen müssen. Früher gingen Finanzberater gerne von einer fixen jährlichen Entnahmerate von 4 Prozent aus. Doch deuten viele Studien darauf hin, dass man hier flexibler sein kann.