Börsenturbulenzen: Privatanleger erstaunlich gelassen

Der Eindruck verstärkt sich, dass der Aktienmarkt zum Spielfeld internationaler Kurzfrist-Trader verkümmert – ob nur vorübergehend oder nachhaltig, bleibt abzuwarten. Die Kurse fahren weiter Achterbahn. Früher bezog sich dieses Bild oder auch die Charakterisierung „Schaukelbörse“ auf Zeiträume von mehreren Tagen oder Wochen, heute gilt das schon für den täglichen Sitzungsverlauf. Natürlich bewegen sich Handel und Anleger in einem besonders spannenden Spannungsfeld zwischen fundamentalen Sorgen und monetären Hoffnungen. Doch ist das so neu nicht. Und soweit es Verschiebungen der Nachrichtenlage gibt, spiegelt sich das in den Kursen nur noch für Stunden wider. Deshalb bin ich mehr denn je überzeugt, dass wir die Folgen von professionellem Hochfrequenz-Handel und Algo-Trading zu spüren bekommen. Schnell rein, schnell raus.

Der gestrige Verlauf des Dax war bezeichnet, war eine Fortsetzung des seit Tagen ganz ungewöhnlichen Geschehens – erholt, schwächer, erholt, schwächer. Anders beschrieben: Zum Börsenschluss deutlich erholt, nachbörslich wieder leichter. Das sollte nicht nur sensible Anleger verschrecken.

Der Blick auf die mittwöchliche Wochenbilanz der Sentiment-Analysten an der Frankfurter Börse lässt aber überraschen. Einige Akteure sind bei diesem rasanten Ab und Auf unter die Räder gekommen. Denn der Optimismus der mittelfristig orientierten institutionellen Investoren hat sich gegenüber vergangenem Mittwoch, an dem noch ein Sentiment-Index von +12 ermittelt wurde, auf einen Wert von +3 zurückgebildet. Ursächlich dafür dürfte eine zumindest teilweise vollzogene Kapitulation ehemaliger Optimisten gewesen sein, deren Gruppe per Saldo einen Abgang von 7 Prozent der Befragten hinnehmen musste. Für diese Teilkapitulation spricht außerdem, dass sich im Rahmen dieser Verkäufe nur ein kleiner Anteil auf die Bärenseite gewagt hat.

Völlig anders muss sich dagegen die vergangene Berichtswoche für die Privatanleger dargestellt haben. Denn ihr nochmals deutlich angestiegener Sentiment-Index auf nunmehr +34 nach +18 Punkten in der Vorwoche vermittelt den Eindruck, dass die Teilnehmer dieses Panels die dramatische Achterbahnfahrt des Dax mit allen ihren Aufs und Abs und rasanten Kurven von Anfang bis zum Ende mitgemacht haben, ohne auszusteigen und die Wagen zu verlassen. Dass der aktuelle Sentiment-Index für die Privaten den höchsten Wert seit 20. November 2013 aufweist, ist nicht nur dem Festhalten an Positionen zu verdanken, die zeitweise einen drastischen Verlust erlitten haben müssen, sondern auch deren ungebrochenem Durchhaltewillen.

So haben sich frühere „bearish“ eingestellte private Investoren vor allem durch den in den Finanzmedien vielfach verbreiteten Eindruck, es handele sich bei dem Sturz des Dax in der vergangenen Woche um ein vorübergehendes Phänomen und um eine gute Kaufgelegenheit, auf die Seite der Optimisten geschlagen – das Bärenlager hat sich gleichzeitig immerhin um 10 Prozent der Befragten verringert.

Mit der Teilkapitulation institutioneller Investoren hat sich der Druck auf unseren Leitindexdeutlich verringert, zumal das Sentiment sich nun in einem neutralen Bereich befindet. Dennoch bleiben gerade nach den jüngsten unangenehmen „bullishen“ Erlebnissen Zweifel angebracht, ob der Appetit auf erneute Aktienkäufe groß genug für eine weitergehende Rally des Dax ist, kommentieren die Analysten. Damit bleibt der Dax gemessen an der jüngsten Umfrage gewissermaßen im Niemandsland, denn für weitergehende Kursavancen wäre ein deutlicher Zufluss längerfristigen ausländischen Kapitals vonnöten, das zuvor allerdings davon überzeugt werden müsste, dass der Wechselkurs des Euro einigermaßen stabil bleibt und die konjunkturelle Situation in der Eurozone sich demnächst besser als in den USA darstellen wird. Für beide Aspekte gibt es derzeit wenig Anhaltspunkte.

Aber das kann sich ja rasch, sozusagen börsentäglich ändern. Der vorsichtige kurz- bis mittelfristige Privatanleger wird sinnvollerweise weiter abwarten, bis sich ein neuer Trend herausbildet. Noch hat die Börse keinen stabilen Boden. Machen Sie mit Vorsicht weiter mit – und machen Sie’s gut!