Jahresschluss-Rally: Wenn jetzt noch die Euro-Konjunktur anspringt

Noch ist die konjunkturelle Lage in der Eurozone durchwachsen. Am Aktienmarkt sind die Aussichten zum Teil deutlich besser: Eine robuste Weltwirtschaft, ein schwacher Euro und positive Gewinnerwartungen europäischer Unternehmen könnten für interessantes Kurspotenzial sorgen. So etwa lässt sich die Erwartungshaltung der Optimisten skizzieren. Und deren Zahl nimmt zu, wenn ich mir die neuesten Analysen und Prognosen namhafter Häuser anschaue. Sympathisch finde zum Beispiel den Blickwinkel der Strategen von Credit Suisse, die ihre Zuversicht in den zurückliegenden Monaten nie aufgegeben hatten: „Die Erholung der Aktienmärkte seit der Korrektur im Oktober hat viele Anleger überrascht. Für uns ist sie eine Erinnerung daran, dass wir uns höchst wahrscheinlich nach wie vor in einem Haussemarkt befinden und dass Haussemärkte nicht so schnell ableben.“

Die wochenlang so „bullish“ gestimmten Privatanleger hat allerdings der ganz große Mut verlassen. Jedenfalls wird im gestrigen Wochenbericht der Sentiment-Analysten an der Frankfurter Börse festgestellt, dass für eine Reihe privater Anleger das Ende der Dax-Fahnenstange offenbar erreicht sei. 10.000 Punkte stehen für einen Teil der Befragten, die seit vergangenem Mittwoch verkauft haben, nicht mehr auf der Flagge. Ebenso viele sind short gegangen. Immerhin rechnet die Mehrheit noch mit steigenden Preisen. Der mit der Stimmungsanalyse beauftragte Joachim Goldberg zeigt sich insbesondere über die Zurückhaltung der Profis überrascht. Bei solch saftigen Kursgewinnen hätte er mit Gewinnmitnahmen gerechnet. Unterm Strich sieht Goldberg den Markt in einer gesunden Verfassung, vor allem wenn internationale Investoren tatsächlich wieder in deutsche Bluechips zurückkehren würden.

Für mich ist das gestern eingetreten, wovon ich schon seit Wochen überzeugt bin: Europa signalisiert fundamentale Unterstützung für die noch lahmende Wirtschaft. Denn mit einem 315 Milliarden Euro schweren Investitionsplan will die EU-Kommission unter Jean-Claude Juncker in den kommenden drei Jahren das Wachstum ankurbeln. Juncker sprach bei der Vorstellung des Plans im EU-Parlament von einem „Paradigmenwechsel" und rief die EU-Staaten auf, sich an dem neuen EU-Fonds für strategische Investitionen zu beteiligen. „Europa braucht einen Kickstart", sagte Juncker. Auch wenn die Märkte danach nicht gleich in weiteren Hausse-Jubel ausbrechen (der Politik traut man spontan nicht), sollte dies zusammen mit der bekannten Strategie der Europäischen Zentralbank im Laufe der kommenden Monate für starken Rückhalt sorgen.

Allmählich beginnt auch die Zeit der Prognosen für 2015. Die Deutsche Bank prognostiziert neue Dax-Rekorde und rechnet mit einem guten Jahr für den Deutschen Aktienindex. Schreibt mir heute Morgen Dr. Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege Privat- und Firmenkunden: „Ich erwarte, dass die deutschen Standardwerte 2015 bis auf 11.500 Punkte anziehen – um satte 16 Prozent. Der Dax dürfte aufholen: 2014 steigt er mit 3,5 Prozent nur halb so stark wie der EuroStoxx50. Dabei verdienen deutsche Unternehmen 17 Prozent mehr als 2007, während die Gewinne in Resteuropa noch immer 23 Prozent unter dem Vorkrisenniveau liegen.“ Ich meine: Das sollten wir schaffen. Dagegen halten die schon für 2014 ausgesprochen skeptischen Heleba-Analysten an ihrer Vorsicht gegenüber Aktien fest: Gestern legten sie ihre große Jahresprognose vor mit einem erneut verhaltenen Resümee: Mit den Jahreshöchst- und -tiefstständen 2014 dürften Aktien auch das Kursspektrum für 2015 abgesteckt haben. Wachstumszweifel werden voraussichtlich bis ins Frühjahr hinein die Notierungen drücken, bevor eine allmähliche Konjunkturerholung auch wieder steigende Aktienkurse ermöglicht. Man sieht den Dax im kommenden Jahr zwischen 8.300 und 10.000 Punkten. Das ist mir viel zu pessimistisch!

Neuer boerse.de-Aktienbrief: „Champions“-Aktien überragend

Ein dickes Kompliment für Thomas Müller und sein Team vom Börsenverlag. Denn diese Trendfolger haben einmal mehr ihre analytische Qualität unter Beweis gestellt. In der soeben erschienenen neuen Ausgabe des „boerse.de-Aktienbrief“ wird u.a. eine Zwischenbilanz für die 100 beobachteten Top-Aktien gezogen. Für diese „Champions“ errechnet sich (wie immer auf 120 Monate gerechnet) im Mittel ein durchschnittlicher Kursgewinn von 13,3% p.a. Dabei ist Apple mit +34,6% jährlich der Performance-Spitzenreiter, während sich die +10,8% p.a. von Nestlé unter dem Champions-Durchschnitt befinden. Doch dafür glänzt Nestlé mit einer Verlust-Ratio von nur 1,10, bei einem Champions-Mittel von 1,87 und einer Risikokennziffer von 2,18 für Apple. Die Kennzahlen zeigen, dass der Schweizer Lebensmittelgigant weitaus konservativer einzuschätzen ist, obwohl die zwei Top-Champions mit einer hohen, identischen Gewinn-Konstanz (92%) überzeugen. So hatten beide Titel seit 2004 zwei Verlustjahre zu verzeichnen, in denen Nestle nur um 10% (2008) und 0,4% (2004) zurücksetzte, Apple aber um 54% (2008) und 47%. Im laufenden Jahr hat sich Nestlé übrigens um 13% verbessert und Apple um 56%, was jeweils neue All-Time-Highs bedeutet. Insgesamt haben 2014 bislang 73 Champions den höchsten Kurs aller Zeiten erreicht, davon 40 allein im November!

Machen Sie also langfristig weiter mit – und machen Sie’s gut!