Börsenschwäche: Private Anleger handeln oft zu kurzfristig

30.04.15

Welchem Lager man sich auch einordnet, ob bei den Bullen oder den Bären – für eine Wertung der jüngsten, spürbaren Rückschläge an den Aktienmärkten ist es zu früh. Deshalb empfehle ich Ihnen, geschätzte Anleger, sich jetzt nicht unter Handlungsdruck zu setzen. Die Verschnaufpause, die man Konsolidierungsphase nennt, wurde allseits seit langem herbeigesehnt. Jetzt ist sie da, jetzt auch ausgeprägt. Mehr wissen wir noch nicht. Umgekehrt hat es inzwischen auch auf anderen Märkten Gegenbewegungen gegeben. Wichtigste Beispiele sind die Euro/Dollar-Relation und die überraschend kräftige Erholung der Rohölpreise. Ich befürchte, dass die ängstlichen Privatanleger jetzt schnell rausgehen (was sie nur tun sollten, wenn ihre Verlustlimits schon erreicht sind. Leider, das bestätigen diverse Analysen und auch eine neue Erhebung, wird der deutsche Sparer all zu schnell nervös und handelt entgegen seiner Absicht viel zu kurzfristig.

Wenn wir nur die wichtigsten Rahmenbedingungen betrachten – nicht die Tagestendenzen auslösenden Anlässe –, bleiben die für einen Stimmungswechsel entscheidenden Gründe völlig offen: Die neuen US-Konjunkturdaten für das erste Quartal waren sehr schwach, noch schwächer als von vielen Analysten erwartet. Doch ist damit nicht die Hoffnung zerstört worden, dass sich das amerikanische Wirtschaftswachstum im Jahresverlauf wieder spürbar beschleunigt. Von der US-Notenbank kamen gestern Abend keine klaren Hinweise auf den Zeitpunkt der Zinswende. Andererseits kommen bei uns in Europa zunehmend positiver klingenden Wirtschaftsnachrichten (Spanien, Italien, Frankreich).

Und was ist mit dem „Sell in May…“? Die Stimmungsumfragen der vergangenen Wochen weisen darauf hin, dass die mittelfristig orientierten Investoren offenbar nicht bis Anfang Mai damit warten wollten, sich gegen eventuelles Ungemach abzusichern. Zumindest zeigen sich diese Akteure bereits seit Anfang April wenig optimistisch – im Vergleich mit den vorangegangenen Monaten ist die Stimmung bestenfalls als neutral einzustufen. Und auch der gestern ermittelte Börse Frankfurt Sentiment-Index kann mit einem Wert von +3 nach +7 Prozent in der Vorwoche durchaus als recht missmutig bezeichnet werden. Auffallend ist bei der jüngsten Erhebung allerdings, dass der Anteil der neutral gestimmten Investoren – ähnlich wie bei der US-Stimmungsumfrage der American Association of Individual Investors (AAII) – mit 31 Prozent so hoch wie zuletzt im Juli 2014 ausgefallen ist.

Schreiben die Frankfurter Stimmungsanalysten in ihrem Wochenbericht: „Die heutige Stimmungserhebung spiegelt per Saldo den beim Dax derzeit vorherrschenden Korrekturmodus wider. Dabei fällt vor allen Dingen bei den institutionellen Marktteilnehmern auf: 64 Prozent der Befragten sind dem Dax gegenüber nicht optimistisch eingestellt. Das kann sich jedoch bei noch deutlicheren Korrekturen des Börsenbarometers ändern, weil dieses dann, verglichen mit dem Allzeithoch, für Käufer wieder deutlich attraktiver aussehen würde. Diese potenzielle Nachfrage stützt den Dax und dürfte sich anderseits auch nach einem Anstieg über 12.250 Zähler positiv bemerkbar machen.“

Zahlreiche internationale Strategen, die ich laufend beobachte, halten an ihrer Zuversicht für europäische Aktien fest. Beispiel Credit Suisse: „Anleihen in europäischen Kernländern bleiben weiterhin in der Nähe historisch niedriger Renditen, weshalb wir noch immer Aktien gegenüber Anleihen vorziehen. Unter europäischen Aktien bevorzugen wir nach wie vor Deutschland und Italien.“

Die fehlende Gelassenheit der Bundesbürger wird durch eine soeben vorgelegte Studie der großen Fondsgesellschaft Franklin Templeton bestätigt. Zum einen werden Aktien nach wie vor die höchsten Renditen für dieses Jahr und für die kommenden zehn Jahre (!) zugetraut. Die vorherrschende positive Grundstimmung über die weitere Entwicklung an den Aktienmärkten bewegt den Großteil der Anleger jedoch nicht dazu, ihre Anlagestrategie offensiver auszurichten. Bei der Frage nach der Portfoliozusammensetzung für 2015 gab fast die Hälfte (49 Prozent) der deutschen Anleger an, dass sie – wie in den Vorjahren auch – eine aus ihrer Sicht eher konservative Depotaufstellung verfolgen werden.

Dennoch werde ich ebenso wie die Kollegen vom TM Börsenverlag nicht müde, die offenkundigen und statistisch belegten Vorteile der Aktie immer wieder herauszustellen. Damit verbunden sei der Appell, die direkte Unternehmensbeteiligung als langfristige Anlage zu sehen – ich bin ein großer Freund von Aktien- bzw. Aktienfonds-/ETF-Sparplänen. Und wer für sich diese Einstellung übernimmt, sollte sich von kurzfristigen Schwankungen nicht entscheidend beeindrucken lassen – auch wenn es sich um Kurskorrekturen von mehreren Prozent handelt.

„boerse.de-Aktienbrief“: Verschnaufpause gut für den Trend

Um den Faktor Zeit geht es auch Jochen Appeltauer, Chefredakteur des „boerse.de-Aktienbrief“, wenn er in der neuen Ausgabe zu einer längerfristigen Betrachtung aufruft: „Die laufende Pause ist positiv, und im Grunde wäre es sogar gut, wenn der Dax noch ein wenig länger durchschnauft. Vom heutigen Stand aus gerechnet, sollte das Korrekturpotenzial dabei maximal 7% betragen. Entsprechend bestehen also gute Chancen, dass der Index dann schon bald technisch bereinigt wieder den Vorwärtsgang einlegt.

Der entscheidende Impuls dürfte dabei vom Kurs-Dax kommen. Zuletzt stellte diese Indexvariante zwar eine neue historische Bestmarke von 6331 Punkten auf, wobei der endgültige Ausbruch über das bisherige Rekordniveau aus dem Jahr 2000 letztendlich noch einmal vertagt wurde (aktuell: 6030 Punkte). Sobald dieses Kunststück jedoch gelingt, liegt ein massives Kaufsignal vor, das die nächste Rallye-Etappe einläuten sollte. Parallel dazu dürfte dann auch der Performance-Dax die 12.000er-Hürde sowie sein bisheriges Allzeithoch von 12.375 Zählern deutlich hinter sich lassen. Denn als nächstes ernsthaftes Hindernis ist darüber erst die 13.000er-Marke auszumachen. Es bestehen also die besten Voraussetzungen, dass der heimische Leitindex seine Rekordjagd bald wieder mit frischem Schwung aufnimmt.“ Die Analyse im Detail und dazu neue konkrete Empfehlungen in der gerade vorgelegten Ausgabe des „boerse.de-Aktienbrief“ (kostenloses Probeabo anfordern!)

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