Börsenstimmung: Zu lauter Jubel ist gefährlich

29.10.15

Ganz ehrlich, so richtig klar sehen wir immer noch nicht. Der Oktober bringt zwar viel Hoffnung, aber auch spürbare Dämpfer. Wie das Wetter, könnte man sagen, gibt es Sonnenschein und Nebel – eigentlich ein Widerspruch. Die Aktienmärkte, allen voran Dax & Co., reiten auf der Liquiditätswelle. Und die Wiederaufnahme des langfristigen Aufwärtstrends gemessen am 200-Tage-Durchschnitt ist wieder in greifbare Nähe gerückt. Dennoch signalisiert mein Bauchgefühl, nicht schon wieder euphorisch zu werden, sondern vorsichtig zu bleiben.

In Bezug auf die in Fachkreisen seit langem umstrittene Geldpolitik der Notenbanken können die Anlagestrategen gelassen bleiben, denn zumindest aus Börsensicht wird mit jedem Tag klarer, dass die jüngsten Hoffnungen auch erfüllt werden. Das heißt, die amerikanische Fed wird die Zeit des unsicheren Wartens aller Voraussicht nach im Dezember endlich beenden und homöopathisch dosiert die Zinswende nach oben einleiten. Unsere EZB dagegen macht seit ein paar Tagen durch Reden und Interviews der Öffentlichkeit deutlich, dass sie sehr konkret weitere Maßnahmen vorbereitet, um mit mehr Erfolg als bisher die Entwicklung von Konjunktur und Inflation zu beeinflussen – d.h. Deflation zu verhindern.

Beim Versuch (mehr kann es nicht sein) einer Bewertung des monetären Kurses darf freilich nicht verdrängt werden, was dahinter steckt. Das ist u.a. die fehlende Sicherheit in der Konjunkturbeurteilung. Nicht allein wegen China und den Schwellenländern herrscht inzwischen ehr wieder mehr als Vormonaten noch Unsicherheit über die weltwirtschaftlichen Wachstumsperspektiven 2016. Von den geopolitischen Risiken ganz abgesehen. Und bei uns wird hinter den Kulissen der Finanzindustrie inzwischen schon die Einführung von Negativzinsen auch für den Kleinsparer diskutiert, angeblich da und dort schon vorbereitet. Finanzrepression auf Dauer – das könnte natürlich der privaten Aktienlage in Deutschland einen spürbaren Impuls geben.

Die Aktienbörse will weiter nach oben. Das ist jedenfalls zu spüren. Und sie regiert – auch kein schlechtes Zeichen – sehr sensibel auf die aktuellen Nachrichten. Mit Blick auf die Neuigkeiten aus den Unternehmen häufen sich ja längst die extrem unterschiedlichen, nach Branchen gegensätzlichen Nachrichten. Und an spektakulären Klopsen mangelt es ebenfalls nicht – man denke nur an Volkswagen und Deutsche Bank bei uns.

Die Frankfurter Sentiment-Analysten teilen im übrigen meine vorsichtig optimistische Haltung: 610 Punkte hat der Dax auf Wochensicht (per Mittwoch) noch mal zugelegt, jedoch nicht auf Betreiben der hiesigen, mittelfristig agierenden Anleger. 2 Prozent der institutionellen sowie privaten Anleger haben Aktien verkauft, 2 bzw. 3 Prozent sind short gegangen. Der Sentiment-Index steht mit +37 Punkten (Profis) und +38 Punkten (Private) immer noch deutlich im bullischen Terrain. Joachim Goldberg sieht in den Kursgewinnen eine Art „Kaufpanik", vermutet allerdings vor allem ausländisches Kapital dahinter. Das kann ich nur bekräftigen, denn ich weiß von zeitweise massiven Einkäufen asiatischer Investoren im Dax. Dass vergleichsweise wenige Anleger Gewinne mitgenommen haben, hält der verhaltensorientierte Analyst für einen Nebeneffekt der Windfall-Profits der vergangenen Wochen. Denn wenn es für viele unterwartete Gewinne regne, dann steige die Risikobereitschaft.


Den weiterhin hohen Optimismus hält Goldberg für problematisch, da sich eine gewisse Sorglosigkeit breitmache. „Gepaart mit einer erhöhten Risikobereitschaft und dem verstärkten Glauben an eine fortgesetzte Jahresendrallye sind zumindest aus verhaltensorientierter Sicht Bedenken anzumelden." Ich möchte empfehlen, dennoch möglichst mitzumachen, aber nicht die ganze Liquidität einzusetzen, sondern sich Schritt für Schritt mit dem Trend zu engagieren. Dabei kommen auch Zertifikate als Instrument in Frage. 

Champions wieder flott auf Klettertour

Voll auf Klettertour sind schon wieder die Champions aus dem „boerse.de-Aktienbrief“. Wie Chefredakteur Jochen Appeltauer soeben berichtet, erreichten in den vergangenen Tagen insgesamt 13 dieser internationalen Qualitätswerte neue historische Höchststände. Damit markierte im Oktober mittlerweile bereits jeder vierte Champion neue Allzeithochs, während die großen Indizes gerade erst an einer nachhaltigen Aufwärtstrendwende arbeiten. Eine ausführliche Marktanalyse zu Dax und Dow Jones finden Sie im druckfrischen Aktienbrief, der gerade versendet wurde. Übrigens: In bester Gipfelstürmerlaune präsentiert sich auch der boerse.de-Champions-Defensiv-Index (BCDI).


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