06.11.15
Es
ist keine Überraschung, dass die Aktienkurse auf beiden Seiten des
Atlantiks nicht nach oben durchmarschieren. Und das ist gut so, weil
gesund. Optimismus, aber keine Euphorie. Denn es gibt nach wie vor
gegensätzliche Nachrichten und unterschiedliche Marktreaktionen, so
dass es den Akteuren oft schwer fällt, die aktuelle Kursbewegung
überzeugend zu begründen. Gestern war wieder so ein Tag, der mir
einmal mehr Argumente für den Appell an private Anleger liefert, sie
mögen weniger Energie für das Warum kurzfristiger Kurszuckungen
vergeuden, sondern sich stattdessen mehr den Trends, den Zyklen und
den Stimmungsindikatoren – also dem Wann – widmen.
China,
immer wieder als inzwischen wichtigste Vorgabe für die europäischen
Börsen bezeichnet, spielte am Mittwoch keine Rolle. Anders in Asien,
denn angeführt von den starken Kurszuwächsen an den chinesischen
Aktienmärkten haben die Börsen in Fernost zum Teil kräftige
Gewinne verbucht. In Shanghai kletterte der Leitindex mehr als 4
Prozent. Dem Kursfeuerwerk vorausgegangen waren Aussagen von
Präsident Xi Jinping bei der Vorstellung des neuen
Fünf-Jahres-Plans, China könne in den nächsten Jahren
Wachstumsraten von ungefähr 7 Prozent aufrecht erhalten.
Genau
das signalisierte ein hierzulande bisher nur wenig beachteter
Indikator: Die Sicht auf die weitere konjunkturelle Entwicklung in
China ist im Oktober 2015 wieder optimistischer geworden. Der
CEP-Indikator, der die Konjunkturerwartungen internationaler
Finanzexperten für China in den nächsten zwölf Monaten wiedergibt,
hat sich im aktuellen Umfragezeitraum nach einigen Monaten des
Rückgangs erstmals wieder stabilisiert und steigt von minus 9,7 auf
plus 8,3 Punkte an. Die BIP-Prognose für 2015 beläuft sich aktuell
auf 6,9 Prozent und ist damit 0,1 Prozentpunkte höher als im Monat
zuvor. Das CEP wird gemeinsam von der Fudan Universität in Shanghai
und dem Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW),
Mannheim, erhoben.
Frage:
War der Tag für China „zu gut“, weil doch viele Strategen und
Händler bei uns (allesamt selbsternannte China-Experten) seit
Monaten im Reich der Mitte den schwersten Belastungsfaktor für die
weltwirtschaftlichen Perspektiven sehen?
Gestern
Nachmittag erhielt ich dann Anrufe von aufgeregten Anlegern, was denn
der Grund für den plötzlichen Rutsch des Dax um rund 100 Punkte
gewesen sei. Ja, unser Aktienmarkt musste den neuen von Volkswagen
ausgelösten Schwächeanfall der Autowerte verkraften, was ihm
zunächst auch ganz gut gelang. Etwa zur Wall-Street-Eröffnung
geriet der Dax aber unter unter Druck, ohne dass die US-Indizes dies
initiiert hätten. Im Handel war von einem „großen
Verkaufsprogramm in Europa“ die Rede, das möglicherweise durch die
Schwäche des Euro ausgelöst worden sei.
Die
war eigentlich eine Stärke des Dollar, nachdem US-Notenbank-Chefin
Janet Yellen ein weiteres verbales Signal für die Zinswende noch in
diesem Jahr gab. Eine Anhebung im Dezember sei durchaus im Bereich
des Möglichen, betonte sie am Mittwoch vor einem Kongressausschuss.
Die Wirtschaft laufe gut. Höhere Zinsen seien daher gerechtfertigt,
falls die Datenlage es hergebe. Laut Yellen ist zwar noch nichts
entschieden. Dennoch werteten viele Anleger die Äußerungen der
Fed-Chefin als ihren bislang deutlichsten Hinweis, dass die erste
geldpolitische Straffung seit fast zehn Jahren vor der Tür steht.
Die US-Notenbank kommt am 15./16. Dezember zu ihrer nächsten Sitzung
zusammen.
Und
wie haben sich bis dahin die Anleger in Frankfurt verhalten? Im
Wochenbericht der Sentiment-Analysten wird festgestellt, dass ein
kleiner Teil der institutionellen Investoren an der Seitenlinie
erstmal Luft geholt hat: 4 Prozent haben ihre Dax-Aktien seit
Mittwoch der Vorwoche verkauft und nur 1 Prozent ist short gegangen.
Das drückt den Stimmungsindikator leicht auf immer noch sehr
bullische +32 Punkte. Joachim Goldberg, der damit befasste
verhaltensorientierte Analyst, sieht vor allem Gewinnmitnahmen der
Profis dahinter, ausgelöst durch das „nachlassende
Aufwärts-Momentum" des Dax und wieder aufkeimende Erwartungen
höherer US-Zinsen. Bei den befragten Privatanlegern hat sich dagegen
die Sorglosigkeit noch gehalten. Unterm Strich hätten sich die
Bedingungen für eine Hausse leicht verbessert. Zum einen sei der
belastende Optimismus zurückgegangen, zum anderen wären Anleger
offenbar bereits bei Rücksetzern von 2 bis 3 Prozent zum
Wiedereinstieg bereit.
Dennoch betont Goldberg: „Der Optimismus ist
im historischen Vergleich zu hoch und nur gerechtfertigt, wenn neue
langfristige Kapitalzuflüsse (vornehmlich aus dem Ausland) dem Dax
zugutekommen."
Das
sehe ich ähnlich und bleibe trotz ungebrochener längerfristiger
Zuversicht bei meiner Empfehlung, einen nennenswert Teil seines
Pulvers trocken zu halten. Lieber Schritt für Schritt die Kurse nach
oben begleiten, als jetzt schon voll auf Hausse zu setzen. Tage wie
gestern zeigen mir die Risiken und Ungereimtheiten der
Marktreaktionen auf die aktuellen Nachrichten. Und keiner weiß,
darauf sei immer wieder warnend hingewiesen, wie die internationalen
Finanzmärkte dann tatsächlich auf die erste Zinsanhebung der
US-Notenbank reagieren werden. Vorsicht bleibt angesagt!
Willkommen
im boerse.de-Aktienclub!
Nach
dem überaus erfolgreichen, ja geradezu sensationellen Rosenheimer
Börsentag möchte ich heute die Gelegenheit nutzen, einmal auf den
„boerse.de-Aktienclub (BAC)“ hinzuweisen, von dem bereits mehr
als 85.000 Anlegerinnen und Anleger auf der ganzen Welt profitieren.
Um sofort loszulegen, können Sie sich jederzeit auf boerse.de
einloggen, geschätzte Anleger. Gesprächspartner im Verlag stehen
Ihnen für Fragen oder Anregungen jederzeit gerne zur Verfügung, und
zwar börsentäglich von 8:30 bis 18:00 Uhr per E-Mail unter
club@boerse.de oder per Telefon unter 0 80 31 / 20 33 - 200.
Zusätzlich bietet die Rubrik „Erste Schritte” einen kompakten
Überblick über die wichtigsten Funktionen im BAC, die Ihnen den
Börsenalltag erleichtern.
Machen
Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!