Börsenstimmung: Märkte im Geldfieber

09.11.15

Mit dem Näherrücken folgenschwerer geldpolitischer Entscheidungen durch die Notenbanken beiderseits des Atlantiks verlieren alle anderen Faktoren für die Börsen erst einmal an Bedeutung. Das macht es den Anlegern aber nicht leichter. Denn die Diskussion über die konjunkturellen Perspektiven wird ja weitergehen. Die Zweifel über die Nachhaltigkeit des amerikanischen Aufschwungs werden ebenso bleiben wie die Sorgen über die Auswirkungen der chinesischen Probleme auf die Weltwirtschaft. Ohne meine zuversichtliche Grundeinstellung gegenüber Aktien aufzugeben – der aktive, performanceorientierte Anleger sollte unverändert vorsichtig bleiben und einen Teil seines Pulvers weiter trocken halten. Angesichts der verbalen Vorbereitungen von Fed und EZB können wir heute davon ausgehen, dass der Dezember zumindest geldpolitische Klarheit bringen wird.

Dass ich als „Bulle“ trotz des Erreichens der Marke von 11.000 Dax-Punkten nicht heftig mit den Hufen scharre, hängt eben mit dem „Geldfieber“ zusammen. Denn insbesondere in den USA wechseln die Gefühle der Akteure immer wieder, werden Chancen und Risiken der Zinswende ganz unterschiedlich gesehen. Ausdruck großer Unsicherheit, auch wenn diese in der Kursentwicklung nicht unbedingt zu erkennen ist. Kein Mensch kann mit Bestimmtheit vorhersagen, wie die internationalen Finanzmärkte auf eine noch so homöopathische erste Zinserhöhung durch die Federal Reserve reagieren werden. Die Akteure sind in ihrer Meinung dazu seit Monaten schwankend, nicht nur wegen des Zauderns der Fed.

Bis vor kurzem keimten Spekulationen über eine weitere Verschiebung der Zinswende ins nächste Jahr. Auf einmal sieht es wieder anders aus. Denn besonders gute Zahlen vom Arbeitsmarkt machen den Weg frei für die erste Zinserhöhung in den USA seit fast einem Jahrzehnt – so die vorherrschende Meinung an der Wall Street. Dort gab es zuletzt eher lange Gesichter, da die Abkehr von der börsenfreundlichen Fed-Politik des billigen Geldes offenbar bevorsteht. „Die Fed wird jetzt wohl nicht umhinkommen, im Dezember die Zinsen zu erhöhen", urteilten auch deutsche Analysten nach den neuen Daten.
Diese Haltung ist am Wochenende durch Äußerungen eines Fed-Offiziellen noch gestärkt worden – Notenbanker John Williams hat sich hinter eine baldige Zinsanhebung gestellt. Aus seiner Sicht werde demnächst in den USA Vollbeschäftigung erreicht sein und die Inflation werde sich in Richtung des gewünschten Wertes von 2 Prozent entwickeln, sagte der Chef der Notenbank von San Francisco in der Nacht zu Sonntag. Deswegen stehe der „nächste Schritt" an. Es mache Sinn, nun nach und nach die expansive Geldpolitik zurückzufahren, die der Wirtschaft geholfen habe, wieder dieses Niveau zu erreichen. Zumindest deuten solche Formulierungen darauf hin, dass eine Zinsanhebung bei der nächsten Fed-Sitzung am 15. und 16. Dezember wahrscheinlich wird.

Erfolgt dieser Schritt in wenigen Wochen tatsächlich, kommt darin die Überzeugung der Notenbank zum Ausdruck, dass sich Amerikas Aufschwung stabilisiert hat – also ein Zeichen der Stärke, auch für die Börsen. Damit werden wichtige Fragezeichen aber nicht weggewischt, im Gegenteil. Zum einen sind seit Wochen neue Analysen im Umlauf, in denen zumindest Zweifel an den Wachstumsaussichten geäußert werden. Wie fest wird der Dollar nach der Zinserhöhung, ist ein weiterer Punkt mit möglicherweise großer Tragweite, bei dem es nicht nur um die währungsbedingten Gefahren für die geschwächten Schwellenländer geht. Geraten mit dem weiter steigenden Dollar die Rohstoffmärkte noch mehr unter Druck und die US-Exportunternehmen?

Ein Auge bleibt zudem auf China gerichtet, wo die geldpolitischen Erwartungen in die andere Richtung gehen. Enttäuschende Handelsdaten haben am Wochenende die bestehenden Sorgen vor einer schärferen Abkühlung der zweitgrößten Volkswirtschaft verstärkt. Zugleich heizten sie Spekulationen über weitere geldpolitische Schritte an. Die Volksrepublik hat bereits mehrfach die Zinsen gesenkt.
Zumindest für unseren Aktienmarkt sind divergierende Notenbankschritte – obwohl von Ökonomen zum Teil scharf kritisiert – eher eine Stütze, denn die EZB „droht“ bekanntlich mit weiteren Liquiditätsschüben oder sogar sinkenden Zinsen. Das wäre ein weiterer Impuls für Dax & Co. Offen bleibt, ob sich die internationalen Großanleger, die für unsere Börse eine besondere Bedeutung haben, weiter im Euro oder dann zunehmend im US-Dollar engagieren werden.

BCDI weiter auf Erfolgskurs

Wie man es auch wendet, es spricht jedenfalls für Investments in den internationalen Champions-Aktien und ganz besonders in den defensiven Werten. Dazu gibt es vom TM Börsenverlag neue positive Nachrichten. Denn auch das vierte Quartal verläuft für den boerse.de-Champions-Defensiv-Index (BCDI) mit einem Plus von 9,0% (per 05.11.) nach Maß. Damit hat sich der Kursgewinn des BCDI seit Jahresanfang auf +22,4% erhöht, während sich beispielsweise der Dax nur um +11,0% verbessern konnte. Und der Dow Jones trat mit per Saldo +0,2% auf der Stelle.

Doch dieser Vergleich hinkt. Während beim BCDI Dividenden in die Wertentwicklung mit einfließen, handelt es sich beim „regulären“ Dow Jones um einen Kursindex, weshalb Ausschüttungen hier unberücksichtigt bleiben. Doch der Dow Jones wird auch als Performance-Index berechnet. Dennoch, seit dem Börsendebüt am 1. Juli 2014 liegt der BCDI eindeutig in Führung. Denn das Top-Defensiv-Barometer gewann +37,8% und erzielte damit im Vergleich zur Performance-Variante des Wall-Street-Barometers (+9,6%) eine Outperformance von 291%. Gegenüber dem klassischen Dow Jones (+6,2%) beträgt die Outperformance sogar 510%. 
 
Machen Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!