Zunächst
einmal „Prosit Neujahr“! Ich hoffe, dass Sie 2015 einigermaßen
gut abschließen konnten, geschätzte Anleger. Noch einmal plus 10
Prozent beim Dax in den vor uns liegenden Monaten – das wär’s
doch! Ich glaube nach wie vor, dass auch neue Allzeit-Hochs drin
sind. Entsprechende Signale könnten schon die ersten Januar-Tage
aussenden – könnten! Doch besteht kein Grund zur Euphorie.
Soweit
mein Bauchgefühl, das ich gestern Abend formulierte. Da wusste ich
zwar von den neuen Anspannungen in Nahost, konnte aber nicht ahnen,
dass uns ausgerechnet China den Start ins neue Jahr vermasseln würde.
Ein Dax-Absturz um weit mehr als 3 Prozent auf unter 10.400 Punkte
innerhalb weniger Minuten ist ein ganz schöner Hammer. Man könnte
meinen, dass einige institutionelle Verkäufer in den letzten
Dezembertagen solchen Überraschungen vorbeugen wollten. Dennoch, so
schnell will ich mein Fähnchen nicht drehen. Deshalb habe ich den
Text wie ursprünglich gelassen.
Mich
hat der Jahresausklang enttäuscht, da bin ich (wie immer) ganz
ehrlich. Zum einen halte ich Begründungen wie schwache Ölpreise
zumindest mit Blick auf Europa für falsch und die China-Phobie für
übertrieben. Wenigsten unmittelbar vor Silvester, nach Abschluss des
Windows Dressings und der Algo-Trader-Zuckungen, hatte ich noch eine
kurze, aber flotte Schlussrally erwartet, quasi als Vorgriff einiger
Bullen unter den Großanlegern auf einen Kursaufschwung zum
Jahresauftakt. Es sprach auch einiges dafür, nicht zuletzt der sich
zwischen 10.700 und 10.800 scheinbar stabilisierende Dax selbst. Doch
seilte der sich statt eines finalen Angriffs des 11.000ers
außerbörslich unter 10.600 ab. Das gefällt mir nicht.
Es
könnte auch sein, dass sich an diesem Jahreswechsel
überdurchschnittlich viele Akteure in die Feiertage begeben haben.
Jedenfalls habe ich nie so wenige Mail wie in dieser zweiten
Dezemberhälfte bekommen. Damit riss auch der gewohnte Zustrom an
Analysen und Prognosen förmlich ab.
Aber
wir hatten ja schon genug davon, oder? Die Chancen und Risiken für
2016 sind längst abgesteckt. Vernachlässigt man die vermeintlich
sicheren Warnungen der Katastrophen-Propheten, dann verspricht das
neue Jahr eine Fortsetzung des alten zu werden – also per Saldo
weiter nach oben mit erneut größeren Schwankungen. 2015 war aber
auch ein Jahr der Überraschungen. Gäbe es auch hier eine
Fortsetzung, dann müssten uns ja neue Überraschungen bevorstehen,
die wir nicht kennen können. Und dann würde sich die ebenfalls
nicht zu beantwortende Frage stellen, welche Vorzeichen die
Überraschungen haben und ob sie stärkeren Einfluss auf die
Kursentwicklung haben werden als die bekannten monetären und
wirtschaftlichen Faktoren.
Neben
der Beobachtung der zyklischen, technischen Faktoren (setzt der
langfristige Aufwärtstrend oberhalb von 11.000 Dax wieder ein?) und
der Daten zur Entwicklung der Weltwirtschaft möchte ich Ihnen, liebe
Leser, zwei Blickrichtungen für die ersten Monate des neuen Jahres
empfehlen. Lassen Sie die Fed nicht aus den Augen, denn die Zinswende
vom Dezember ist zwar spontan cool aufgenommen worden, doch könnten
mehr und größere Zinsschritte als von den Märkten erwartet zum
Kursdeckel werden. Außerdem dürfen wir die weltpolitischen
Entwicklungen nicht unterschätzen!
Vielleicht
ein gutes Omen: Während ich diese Zeilen schreibe (gestern Abend),
unterbricht mich der Dialog einer alten Hollywood-Komödie von 1964
im Fernseher: „Hey, wie stehen die Aktien?“ „Gut, gut, alles
im grünen Bereich!“ (Das klingt heute wie Ironie.)
Kommen
jetzt Kaufsignale für den Dax?
Dass
die Kollegen vom TM Börsenverlag ohne große Einschränkungen für
das Aktienjahr 2016 positiv gestimmt sind, ist Ihnen bekannt,
geschätzte Anleger. Jochen Appeltauer, Chefredakteur des
„boerse.de-Aktienbrief“, hat in einer ausführlichen
Marktanalyse folgende Eckpunkte beschrieben: Solange 10.500 halten,
überwiegen die Chancen auf der Oberseite. Denn der Dax kann jetzt
praktisch aus dem Stand bedeutende Kaufsignale generieren. Es ist
kein großer Sprung bis zum 11.000er-Widerstand sowie zur knapp
darüber verlaufenden 200-Tage-Linie (aktuell bei 11.041). Das
bedeutet: Es liegt nach wie vor ein mächtiges Kaufsignal in der
Luft. Zudem sollte dem Markt jetzt die positive Zyklentechnik in die
Karten spielen. Insbesondere da nach den jüngsten Kurskapriolen
inzwischen viele Akteure die typische Jahresend-/Jahresanfangs-Rallye
abgeschrieben haben dürften. Doch bekanntlich machen die Märkte oft
genau das Gegenteil von dem, was die breite Masse erwartet. Daher:
Sobald die Rückeroberung der runden 11.000er-Hürde sowie der
200-Tage-Linie gelingt, sollte der Dax wieder einen Gang höher
schalten. Als nächste Widerstände sind in diesem Fall die
mittlerweile bei rund 11.350 verlaufende April-Abwärtstrendgerade
sowie die jüngsten
Zwischen-Tops um 11.500 auszumachen.
Machen
Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!