07.01.15
So
etwas gab’s schon lange nicht mehr. Statt Rally ein Fehlstart ins
neue Jahr. Eine böse Überraschung für die Mehrheit der Propheten
und Anleger, zugleich endlich einmal Bestätigung für die ewigen
Warner und Crash-Propheten. Natürlich hat der bisherige turbulente
Wochenverlauf von Aktien, Öl, Devisen und Edelmetallen auch mich als
alten Bullen beeindruckt. Inzwischen ist ein Kurssturz in Etappen
daraus geworden. Aber ins Bärenlager wechsele ich trotzdem (noch)
nicht. Die Finanzmärkte könnten jetzt so etwas wie ein Safety Car
(deutsch: Sicherungsfahrzeug) gebrauchen. Das wird bekanntlich im
Motorsport eingesetzt, um nach einem Unfall oder bei plötzlichem
Unwetter das Rennen erst einmal zu neutralisieren, weil man so die
Sicherheit der Teilnehmer gewährleisten will.
Tatsächlich
knüppeln sich in diesen Tagen die negativen bzw. bedrohlich
klingenden Nachrichten aus aller Welt, so dass die positiven
Umweltbedingungen insbesondere für die Aktienmärkte erst einmal in
den Hintergrund gedrängt werden. Ich bin sicher, dass davon – ich
meine vom Ausmaß der Kursstürze – nicht nur hartnäckige
Optimisten wie überrascht worden sind. Wenn der von mir gerne
verwendete Vergleich mit einer „Stampede“ wie in alten
amerikanischen Western (ein urplötzlich eintretender, gefährlicher
Herdentrieb) zutrifft, dann gerade jetzt. Und ich kann nur hoffen,
dass Sie, geschätzte Anleger, meiner obersten Empfehlung gefolgt
sind, d.h. Ihre Aktienpositionen konsequent gegen unerwünscht große
Verluste abgesichert haben.
Wie
war denn die Stimmung zuletzt bei den wöchentlich von der
Frankfurter Börse befragten mittelfristig orientierten Anlegern?
Profis und Private ticken im Moment ganz unterschiedlich, erläutern
die Sentiment-Analysten in ihrem ersten Wochenbericht 2016. Seitens
der Privatanleger ist es zu den erwarteten Aktienverkäufen gekommen.
Der Börse Frankfurt Sentiment-Index für die Privaten brach mit der
gestrigen Befragung deutlich ein auf +27 Punkte – die letzte
Befragung des Vorjahres hatte noch einen Wert von +51 Punkte ergeben.
Dabei kam es teils zu Gewinnmitnahmen, aber auch zu neuen bärischen
Positionierungen in nicht unbeträchtlichem Maße.
Die
institutionellen Akteure haben die Gemengelage am Aktienmarkt bisher
ganz anders eingeschätzt. Der Sentiment-Index dieser Anlegergruppe
steht unverändert bei sehr bullischen +49 Punkten, der Anteil der
Optimisten ist mit 70 Prozent auf Rekordhoch. Einschränkend heißt
es, die Engagements der Profis würden sich nach dem Jahreswechsel
bewertungstechnisch „unter Wasser“ befinden. Häufig werden die
Referenzpunkte der bestehenden Positionen zum Bilanzstichtag auf den
Schlusskurs des Vorjahres bei rund 10.740 Zähler gesetzt, was heute
nicht unerheblichen Buchverlusten gleichkommt. Und diese möchte man
nicht realisieren.
Wie
man das Markt-Chaos insbesondere bei Aktien und Rohöl auch sieht –
ich habe aktuell völlig konträre Prognosen auf den Tisch bekommen,
darunter wieder die Empfehlung internationaler Strategen, weiter auf
europäische und japanische Aktien zu setzen. Eine extreme
Gegenposition, die ich Ihnen nicht verschweigen will, nimmt sentix
Asset Management ein. In der vorhin übermittelten Jahresvorhersage
wird herausgestellt:
• Erhebliche
Risiken bei Aktien
• Dax
kann im Jahresverlauf 2016 bis auf 8.000 Punkte fallen
• USA
vertragen keine Zinserhöhung, dies wird S&P 500 unter Druck
setzen
• Inflation
dürfte anziehen und Anleihen im Jahresverlauf belasten
• Total-Return-Strategien
bieten die 2016 notwendige Sicherheit
Ich
meine dagegen, der heutige Dax-Absturz unter 10.000 und sogar unter
9.900 ist eine starke Übertreibung durch panikartiges
Anlegerverhalten. Aber selbst ein Bulle muss schon ein extrem dickes
Fell haben, um in dieser Stimmungslage mutigen Anlegern zu empfehlen,
jetzt massiv einzusteigen – ich bin dünnhäutiger und rate erst
einmal zu Cash im Crash.
An
diesem trüben Tag deshalb noch ein positiver Rückblick auf den
Jahrgang 2015. Denn der Bankenverband hat soeben eine grafische
Darstellung präsentiert, die eindrucksvoll die Überlegenheit der
Aktie auch in schwierigen Zeiten illustriert. O-Ton des Verbands
dazu:
„Der
Börseneinbruch zu Jahresbeginn bescherte Aktienanlegern kräftige
Kursverluste.
Längerfristig können Aktiensparer dennoch auf
vergleichsweise gute Renditen blicken. Wer am ersten Handelstag 2015
deutsche Standardaktien (Dax-Werte) kaufte, konnte am Ende des ersten
Handelstages 2016 trotz des Kursrutsches im Schnitt eine Rendite
(Kursgewinne und Dividenden) von etwa 5 Prozent verbuchen. Gerade die
aktuellen Kursschwankungen machen wieder deutlich, dass Aktienanlagen
als langfristige Geldanlage zu sehen sind, um von kurzfristigen
Börsenentwicklungen unabhängig zu sein.“
Machen
Sie also doch weiter mit – und machen Sie’s gut!