Börsenstimmung: Anleger scheuen kurzfristig das wachsende Risiko

23.06.18

Anlagestrategen, die gerade in den Tagen der Fußball-WM gerne Vergleiche ziehen, plädieren für eine „kontrollierte Offensive“. Die wird auch Ihnen, geschätzte Anleger, in diesen Tagen von Experten empfohlen. Ähnlich, aber neutral klingt der Ratschlag, jetzt sei „aktives Management“ des Portfolios angesagt, Anleger sollten unbedingt „beweglich und flexibel“ sein. Solche Worthülsen sind auch Teil der Selbstdarstellung von Investmentprofis in einer Zeit zunehmender Unsicherheit und Ratlosigkeit. Jedenfalls macht es für betont vorsichtig Anleger Sinn, kurzfristig erst einmal in die Defensive zu gehen. Pickt man andererseits die konkreten Aktienempfehlungen heraus, so taucht so ziemlich alles auf, für das man Argumente finden kann – von der Wall Street bis China, von Hightech bis Banken, Gesundheitswesen, Infrastruktur und Luxusgüter, nicht zuletzt das Segment der Smallcaps.




Die Angst vor einem Handelskrieg gilt bei Fondsmanagern derzeit als das größte Extremrisiko. Das ergab eine in der vergangenen Woche publizierte Umfrage von BofA Merrill Lynch. An zweiter Stelle rangierte bei den Befragten die Befürchtung, dass die US-Notenbank oder die EZB den Fehler begehen könnten, eine allzu „falkenhafte“ Gangart (= schnelle Zinsschritte nach oben) an den Tag zu legen. Tatsächlich hat die Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, weitere Waren Chinas in einem Volumen von 200 Milliarden US-Dollar mit Importzöllen in Höhe von 10 Prozent zu belegen dafür gesorgt, dass die Akteure mögliche negative Folgen eines drohenden Handelskriegs noch stärker als zuvor wahrnehmen. Rechnete man bislang wegen des Handelskonflikts zwischen den USA und China für die Weltwirtschaft nur mit geringen Auswirkungen, hat sich diese Prognose nun verdüstert.


Wie spiegelt sich dies in der Stimmung der Akteure an der Börse Frankfurt wider? Nicht überraschend hat sich das Sentiment der befragten institutionellen Anleger gegenüber der Vorwoche eingetrübt, weswegen der Börse Frankfurt Sentiment-Index um 11 Punkte auf einen Stand von -10 Punkte gefallen ist. Dabei sind es nicht die Pessimisten, die den größten Zuwachs mit +3 Prozent der Befragten erfahren haben. Vielmehr ist interessanterweise das Lager der neutral eingestellten Akteure noch einmal um 5 Prozent auf 40 Prozent gestiegen – das ist der höchste Stand seit Beginn der Erhebungen im Jahre 2002!


Exakt 11 Punkte betrug auch der Rückgang des Börse Frankfurt Sentiment-Index bei den Privatanlegern. Da sich diese Gruppe jedoch bereits in der vergangenen Woche in negativem Terrain befunden hatte, liegt hier der Sentiment-Index nun bei -20 Punkte. Dies ist der stärkste Pessimismus seit August 2013! Offensichtlich waren die privaten Investoren gerade während der vergangenen beiden Wochen risikoaverser als ihre institutionellen Pendants. Dies zeigt vor allen Dingen der Zuwachs bei den Pessimisten, der fast zu gleichen Teilen zulasten früherer Optimisten (Gewinnmitnahmen) und vormals neutral eingestellter Akteure ging.

Fazit der Sentiment-Analysten: Die jüngste Erhebung zeigt, dass vor allem mit dem hohen Anteil neutral eingestellter institutioneller Investoren die Chancen für einen großen Trend in die eine oder andere Richtung zumindest aus heimischen Positionierungen heraus nicht gerade günstig stehen. Immerhin gilt die Unterseite beim Dax durch die jüngste Stimmungsentwicklung als etwas besser abgesichert.


Zu guter Letzt noch ein weiteres Kapitel China und Luixux. Die Nachfrage nach Luxusgütern hält unvermindert an. Viele Unternehmen aus dem Sektor starteten mit einem Paukenschlag in das laufende Jahr und übertrafen mit ihren Erstquartalszahlen erneut die Erwartungen: Trotz der hohen Vergleichsbasis konnten große Kultmarken, insbesondere Louis Vuitton (LVMH) und Gucci (Kering), ihr Umsatzwachstum weiter steigern. Dies beflügelte die Aktienkurse ihrer jeweiligen Muttergesellschaften in den letzten Monaten, führte jüngst jedoch auch zu Gewinnmitnahmen. Laut Scilla Huang Sun, Portfoliomanagerin der GAM Luxury Brands Strategie, schlug sich das organische Wachstum aufgrund des negativen Wechselkurseffekts von etwa 4 bis 9 Prozent jedoch nicht vollständig in den ausgewiesenen Ergebnissen nieder. „Dies bleibt der entscheidende Faktor, sowohl für die Beurteilung der zugrunde liegenden Entwicklung als auch für die Einschätzung des künftigen Potenzials“, glaubt die Expertin. Die Region Asien habe sich im ersten Quartal dank der robusten Nachfrage aus China erneut am besten entwickelt. Darüber hinaus konnten Hongkong und Macao – zwei der wichtigsten Luxus-Shopping-Destinationen für Festland-Chinesen – wieder vermehrt chinesische Besucher verzeichnen. Positiv hinzu käme, dass China seine Wirtschaft bislang besser gemanagt habe als von vielen noch vor einigen Jahren vorhergesagt. In dieser Region bleibe die Vorliebe für westliche Marken sehr groß: „Wir schätzen, dass die Chinesen zurzeit rund ein Drittel der globalen Nachfrage nach Luxusgütern stellen.“


Machen Sie weiter mit – und machen Sie’s gut!