Aktienanlage: Beim Stockpicking den Nachrichten folgen

21.07.18


Die aktuellen Börsenprognosen gehen in alle Richtungen: Skeptiker sehen zumindest bis in den Herbst hinein einen noch schwächeren Dax, Optimisten gehen dagegen von bald wieder steigenden Kursen aus und nicht wenige Strategen rechnen auf Monate noch mit einer wackligen Seitwärtsbewegung. Wem das zu unsicher ist, geschätzte Anleger, kann sich auf die Tribüne zurückziehen und zuschauen. Erst einmal. Wer Lust und Zeit dafür hat, sollte es anderen Profis und Privaten nachmachen – kurz- bis mittelfristiges Handeln nicht etwa in ganzen Märkten, sondern durch Einzelauswahl von Aktien.


Bemerkenswert beliebt geworden ist das Stockpicking auf Basis aktueller Nachrichten. Dies ist eine ausgeprägte Entwicklung im In- und Ausland. Und grundsätzlich darf es als positives Zeichen für die Verfassung der Aktienmärkte gelten, wenn die Börsen auf positive wie negative Einzelnachrichten entsprechend reagieren.


Auch hierzulande sind in jüngster Zeit Rückkäufe zu beobachten – die Privatanleger bleiben also nicht passiv. So ist der Börse Frankfurt Sentiment-Index für Private in der zurückliegenden Woche um 9 Punkte auf einen Stand von nunmehr +1 gestiegen. Die Stimmungsentwicklung zeigt per Saldo, dass der Dax für viele Akteure unerwartet Flügel bekommen hat. Immerhin war die Bereitschaft recht groß, sich von verlustbringenden Short-Positionen bzw. Absicherungen schnell und diszipliniert zu trennen, sodass die jüngste Kursrallye Zeichen einer Shortsqueeze aufweist.


Auch der jüngste Comdirect Brokerage Index signalisiert, dass Privatanleger wieder verstärkt in Aktien investieren: Sie handelten im Juni nachrichtengetrieben und kauften vermehrt Einzeltitel. Ob der Monsanto-Deal oder das Allzeittief der Deutsche-Bank-Aktie – Privatanleger behielten im Juni die Nachrichtenlage im Blick und fokussierten sich auf Einzelwerte. „Gerade in der Sommerpause reagieren viele Anleger stark auf die wenigen Top- Stories und nutzen sie für günstige Einstiegsmöglichkeiten oder Gewinnmitnahmen“, sagt Andreas Lipkow, Finanzexperte bei Comdirect.


Während Aktien und Zertifikate mehr ge- als verkauft wurden, standen Fonds und Optionsscheine eher auf der Verkaufsliste. Neben Bayer und der Deutschen Bank befanden sich auch die Titel von Wirecard, Daimler und der Deutschen Post unter den Top-Käufen im Juni. Die Aktie von Wirecard war Mitte des Monats auf einem Allzeithoch, sodass viele Anleger stark investierten. Nach der Kurskorrektur stießen einige Anleger die Titel wieder ab – ein Ausverkauf fand jedoch nicht statt, viele kauften im Kursrutsch auch zu. Spekulative Anleger nutzten darüber hinaus die Kursschwäche bei Daimler durch die anhaltende Nachrichtenlage zur Abgasaffäre und stiegen ein. Ähnlich bei der Deutschen Post: Die Gewinnwarnung verleitete viele Anleger dazu, ihre Bestände günstig auszubauen.


Die Aktien von Wirecard, Daimler und der Deutschen Bank waren auch unter den Top-Verkäufen im Juni, jedoch haben die Anleger diese Titel deutlich öfter gekauft als abgestoßen. Weitere Werte unter den meistverkauften Aktien waren SAP und Siemens Healthineers.

Und wie verhält es sich mit den Nachrichten von der anderen Seite des großen Teichs? Donald Trump ist für seine regelmäßigen Tweets bekannt. Inwieweit er damit die Märkte beeinflusst, haben Ökonomen jetzt statistisch analysiert. Sie untersuchten, ob es nach Tweets mit bestimmten Schlüsselwörtern zu Ausschlägen beim Schwankungsindex VIX kam. Ihre Analyse ergab allerdings kein eindeutiges Ergebnis: So hatten Trumps Nachrichten zu Nordkoreas Raketentests im Jahr 2017 zwar einen statistisch signifikanten Markteinfluss, der sogar stärker ausfiel als die Raketentests selbst. Seine Tweets zum Thema Handel/Zölle schienen am Markt hingegen weniger Gehör zu finden. Zumindest statistisch konnte hier kein Zusammenhang festgestellt werden. Politik bleibt eben unberechenbar.


Dagegen interessieren mich besondere wirtschaftspolitische Ereignisse und neue Branchentrends, die direkt börsennotierte Unternehmen betreffen. Dazu gehören Fusionen und Firmenübernahmen sowie Mega-Projekte. Ich empfehle Ihnen beispielsweise, geschätzte Anleger, Chinas gigantisches Vorhaben im Auge zu behalten – die sogenannte neue Seidenstraße. Die Commerzbank hat eine milliardenschwere Zusammenarbeit mit der chinesischen Großbank ICBC geschlossen, um vom Ausbau der neuen Seidenstraße zu profitieren. Das Frankfurter Geldhaus strebt an, binnen fünf Jahren Projekte im Höhe von 5 Milliarden US-Dollar in Bezug zur der Handelsroute zu unterstützen, die China besser mit dem übrigen Asien sowie Afrika und Europa verbinden soll. Ich könnte mir gut vorstellen, dass nicht nur die Bank selbst langfristig gesehen von dieser deutsch-chinesischen Zusammenarbeit profitieren wird.


Machen Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!