Vermögensbildung: Wohlstand für alle durch den Dax

18.07.18

Das Thema geht alle an und beschäftigt die Politik seit langem: Vermögensbildung und private Vorsorge. Der Börsenverlag beschreibt seit vielen Jahren die besondere Rolle, die eine langfristige Aktienanlage dabei spielen könnte, ja spielen sollte.
Hans-Jörg Naumer, der von mir besonders geschätzte Leiter Kapitalmarktanalyse bei Allianz Global Investors, hat dazu in der Börsen-Zeitung einen wegweisenden Beitrag mit eindrucksvollen Zahlen veröffentlicht. Daraus im folgenden wesentliche Auszüge mit dem Fazit: Wer mehr Gleichheit will, muss die Beteiligung an der Risikoprämie fördern – Den Deutschen könnte der Dax rein rechnerisch rund 2,2-mal gehören.




Knapp 8,5 % pro Jahr hat er über die letzten 30 Jahre gemacht, der deutsche Aktienindex Dax. 30 Jahre, die viele Höhen und Tiefen sahen. Aufgelegt im Sommer 1988, konnte er sich, rückgerechnet auf einen Indexstand von 1.000 zum Januar 1988, in der Zwischenzeit mit einem Rekordhoch von über 13.500 Indexpunkten mehr als verdreizehnfachen. In der historischen Rückrechnung des Dax bis zum Jahr 1955 gab es in 44 von 63 Jahren eine positive Rendite. Natürlich ist die Wertentwicklung der Vergangenheit keine Garantie für zukünftige Gewinne. Aber die Geschichte zeigt zumindest, dass sich das "Zittern" bei all dem Auf und Ab der Kurse in der Vergangenheit auch gelohnt hat.

Tragisch dabei: Die Firmen, welche der Dax repräsentiert, sind im Ausland zwar sehr beliebt, werden aber zu Hause offensichtlich verschmäht. Von über 5,5 Billionen Euro an liquidem Geldvermögen in Deutschland sind nur 11 % in Aktien und weitere 9 % in Investmentfonds investiert (ca. ein Drittel davon in Aktienfonds), der Rest des Geldes "lümmelt" unproduktiv zum Beispiel in Bargeld- und Sichteinlagen herum. Die vom Deutschen Aktieninstitut (DAI) erhobene Zahl der Aktionäre kommt mit 9 Millionen aus einer Gesamtbevölkerung von über 80 Millionen schon seit Jahren nicht vom Fleck. Gleichzeitig befinden sich aber nach Erhebungen von Ernst & Young knapp 58 % der Anteile der Dax-Firmen in ausländischer Hand. Nichts gegen Wettbewerb um Kapital, aber wir sollten uns an diesem Wettbewerb beteiligen und davon profitieren.


Tatsächlich wäre Wohlstand für alle (in memoriam Ludwig Erhard) möglich. Dass dies kein Wunschtraum bleiben muss, zeigen nachfolgend beispielhafte Berechnungen.

Angenommen, ein Beschäftigter hätte seit 1976 (dem Jahr, in dem auch das Mitarbeiterbeteiligungsgesetz und das 3. Vermögensbildungsgesetz verabschiedet wurden) in einen Sparplan auf deutsche Aktien, wie er vom Dax beispielhaft repräsentiert wird, investiert. Er hätte dabei monatlich 50 D-Mark beziehungsweise etwa 25 Euro eingezahlt und alle zehn Jahre die monatliche Sparrate um 5 Euro erhöht. Die Erhöhung deshalb, um die Inflationsentwicklung annähernd auszugleichen, aber auch um den steigenden Löhnen Rechnung zu tragen. Die Einzahlungen des Beschäftigten würden sich auf etwas mehr als 16.000 Euro summieren. Was hätte sich daraus entwickeln können?


Der Beschäftigte, der von Anfang an dabei war und sämtliche Dividendenzahlungen reinvestiert hätte, würde heute über etwas mehr als 133.000 Euro an Kapital verfügen. Die Risikoprämien für Aktien, die reinvestierten Dividenden und der Zinseszinseffekt sind die Treiber hinter diesem Vermögensaufbau. Bei einer durchschnittlichen Dividendenrendite von 2,5 % ergäbe sich auf ein angespartes Vermögen von 133.000 Euro eine jährliche Dividendenausschüttung von 3.325 Euro, das sind knapp 280 Euro pro Monat. Der Einfachheit halber werden bei dieser Beispielrechnung die Besteuerung von Kursgewinnen und Dividenden ausgeklammert. Nicht unplausibel. Was spräche denn dagegen, den Kapitalaufbau, zum Beispiel für die Altersvorsorge, zu fördern und von der Steuer zu befreien?


Hätten damals alle sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland diesen Sparplan abgeschlossen, wären gesamtwirtschaftlich mehr als 2,8 Billionen Euro zusammengekommen. Anders ausgedrückt: Den Deutschen könnte heute der Dax rein rechnerisch knapp 2,2-mal gehören. Hätten die Deutschen diesen Sparplan aller Beschäftigten in der Geburtsstunde des Dax begonnen – also vor 30 Jahren –, wären 1,1 Billionen Euro zusammengekommen. Bezogen auf die aktuelle Marktkapitalisierung würde ihnen der Dax dann immer noch zu 86 % gehören.


Nach 20 Jahren wäre knapp eine halbe Billion. Euro investives Kapital entstanden, was 37 % der Marktkapitalisierung des Dax entspricht. Bei dieser gesamtgesellschaftlichen Betrachtung wurden nur die tatsächlich Erwerbstätigen berücksichtigt und Renteneintritten ebenso wie Arbeitslosenquoten und Neuzugängen am Arbeitsmarkt wurde Rechnung getragen. Wie anders sähen die Debatten um die Ungleichheit der Vermögen heute aus, wenn wir ein Volk von Aktionären wären!


Machen Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!