Börsenstimmung: Gute Zahlen eine Stütze, aber Misstrauen bleibt

15.08.18

Neue Risiken durch die Türkei? Wie groß ist die Ansteckungsgefahr der aktuellen Krisen? Wo sind noch Chancen für Aktienanleger? Die Antworten fallen unterschiedlich aus. Aber die fundamentalen Daten bleiben fast ausnahmslos gut und verhindern empfindliche Schwächeanfälle. Interessant ist in meinen Augen zudem die auffällige Differenzierung nach Teilmärkten und Anlageklassen: Immer mehr Analysten versuchen herauszuarbeiten, wo sich Investments weiterhin lohnen und wo nicht. Insgesamt gesehen werden die vorsichtige Haltung und das kurzfristige Handeln der institutionellen Großanleger von den Märkten bestätigt.




Man bleibt also misstrauisch. Ich bin mittlerweile zur Überzeugung gelangt, geschätzte Anleger, dass sich dies auch dann nicht ändern wird, wenn die nächsten Konjunkturdaten erneut sattes Wirtschaftswachstum signalisieren sollten. Manche Strategen betonen, man müsse sich auf anhaltende hohe Volatilität einstellen – ich frage mich, welche? Die Kursschwankungen halten sich doch nach wie vor in relativ engen Grenzen, von Ausnahmetagen abgesehen.

Besonders spannend und eher noch wichtiger als Konjunkturdaten sind für mich die Wechselkurse und damit verbundene Veränderungen der Kapitalströme: Wenn für Wall Street und US-Dollar die Vorzeichen positiv bleiben, wer wird dann Verlierer? Bisher hat man in erster Linie die Schwellenländer kritisch im Auge (mit stärkeren Kursrückschlägen). Aber es könnte durchaus so weit kommen, dass auch die europäischen Märkte von der Krisen-Gemengelage nachhaltig in Mitleidenschaft gezogen werden.


Wie gesagt, als Anleger blindes Vertrauen allein in das Wirtschaftswachstum zu setzen, ist riskant geworden. Das bestätigen die fast börsentäglich stark uneinheitlichen Kursentwicklungen nach Branchen und Einzelwerten als Folge neuer Nachrichten (Extremfall Bayer). Als Ganzes ist die heimische Wirtschaft in guter Verfassung und stützt die Dynamik der Eurozone. Die Konjunktur der Eurozone hat sich nicht abgekühlt. Das sollte die Europäische Zentralbank in ihrem Beschluss bestärken, das Anleiheankaufprogramm zum Jahresende tatsächlich einzustellen. Die deutsche Wirtschaft hat ihr Wachstum im zweiten Quartal trotz des Handelsstreits mit den USA gesteigert. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wuchs von April bis Juni dank der guten Binnenkonjunktur um 0,5 Prozent, nachdem es zu Jahresbeginn nur zu revidiert 0,4 (bisher: 0,3) Prozent gereicht hatte.


Kein Widerspruch dazu durch neueste Befragungen von Finanzmarktexperten. So sind die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland im August um 11,0 Punkte auf einen neuen Wert von minus 13,7 Punkten gestiegen. Trotz dieses deutlichen Anstiegs befindet sich der aktuelle Wert des Indikators noch erheblich unter seinem langfristigen Durchschnitt, der bei 23,0 Punkten liegt. Die Bewertung der aktuellen konjunkturellen Lage für Deutschland ist nahezu konstant geblieben. „Die kürzlich zustande gekommene Einigung im Handelsstreit zwischen der EU und den Vereinigten Staaten hat zu einem signifikanten Anstieg der Konjunkturerwartungen für Deutschland und in etwas geringerem Maße auch für das Eurogebiet geführt. Allerdings sind die Aussichten für die deutsche Konjunktur inzwischen deutlich ungünstiger als noch vor einem halben Jahr“, kommentiert ZEW-Präsident Prof. Achim Wambach. Ähnlich klingt die jüngste Analyse der DeKaBank: Konjunktur stabil, Risiken steigen an.


Wie geht es in China weiter? Ich teile die grundsätzlich positive Einschätzung diverser Insider. Chinas Reformeifer und der Handelsstreit setzen die Volkswirtschaft unter Druck. Ein von der Deutschen Bank veröffentlichtes Barometer für Finanzmarktkonditionen stieg im Juli jedoch rapide an. Mindestreservesätze für Banken wurden Ende Juni reduziert, Kapitalmarktzinsen sanken stark, Risikoaufschläge für Unternehmensanleihen gingen zurück, und der Renminbi wertete ab. Mit der üblichen zeitlichen Verzögerung erwartet Chefstratege Ulrich Stephan daher einen Konjunkturimpuls im ersten Halbjahr 2019. Die Geschäftsklimaindizes sollten dies in zwei bis drei Monaten vorwegnehmen. In Summe würde dies die Rohstoffmärkte sowie die Absätze international aktiver Unternehmen stützen.


Machen Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!