Lage in Europa: Die ernsten Probleme werden noch gut verdaut

11.08.18

Im Westen nichts Neues, könnte man zitieren, obwohl die geo- und handelspolitischen Spannungen fast täglich neue Schlagzeilen liefern. Möglicherweise ist es der Sommersaison geschuldet, dass die Börsianer Gefahrenquellen für die Aktienmärkte immer wieder relativ schnell ausblenden. Dazu kommt der Gewöhnungsfaktor. Und kleinere Rücksetzer werden meist wieder rasch wettgemacht. Dennoch, die Finanzmärkte insgesamt bleiben anfällig gegen kritische internationale Entwicklungen. So hinterließen die Krisennachrichten aus der Türkei schon gestern Vormittag tiefere Spuren auch in unseren Aktienkursen.




Ebenso zeigt die wöchentliche Erhebung unter den institutionellen Investoren in Deutschland, dass man etwaigen Gefahren gegenüber nicht unsensibel ist. Denn der Börse Frankfurt Sentiment-Index ist gegenüber der Vorwoche wieder um 13 Punkte auf einen Stand von +1 Punkt gefallen. Dafür, dass sich die Börsianer in den Sommerferien befinden, sind die wöchentlichen Stimmungswechsel schon recht markant. Zwischenbilanz der Börsen-Verhaltensforscher: „Tatsächlich schwingt unser Stimmungsbarometer die fünfte Woche hintereinander zwischen moderat optimistisch und neutral hin und her. Die damit verbundenen kurzfristigen Positionswechsel dürften dabei wohl kaum immer einer Neueinschätzung der Lage am Aktienmarkt geschuldet sein.“ Tatsächlich versucht eine Gruppe von Marktteilnehmern offensichtlich, kurzfristige Schwankungen am Aktienmarkt auszunutzen, was angesichts der geringen Handelsbandbreite schon Geschick erfordert, um die damit verbundenen Transaktionen profitabel zu gestalten.


Auch bei den Privatanlegern hat sich die Stimmung gegenüber der Vorwoche verschlechtert. So ist der Börse Frankfurt Sentiment-Index um 8 Punkte auf einen Stand von -4 Punkte gefallen. Dabei handelt es sich um den ersten Rückgang des Stimmungsbarometers seit fünf Wochen. Ein Rückgang, der fast ausschließlich auf ehemalige Optimisten zurückzuführen ist, die sich ins Lager der neutral gestimmten Börsianer begeben haben – ein Zeichen für Gewinnmitnahmen.


Am Ende wird also erkennbar, dass die Investoren aus zweierlei Motiven heraus gehandelt haben dürften. Einmal, weil sie angesichts der Nachrichtenlage eben doch eine gewisse Risikoaversion an den Tag gelegt haben. Zum anderen sind aber auch die teils deutlichen, raschen Stimmungswechsel trotz der Sommerpause ein Indiz für eine recht kurzfristig ausgerichtete Handelsaktivität, mit dem Ziel, eine seit den vergangenen vier Wochen bestehende Handelsspanne von knapp 500 Dax-Zählern auszunutzen. Große Trends sind derzeit immer noch Mangelware. Und der Dax bleibt deshalb für größere Entwicklungen auf ausländische Kapitalströme angewiesen. Die Sentiment-Beobachter am Main gehen davon aus, dass das Börsenbarometer in robuster Verfassung bleiben dürfte.


Vermutlich bilden gesamtwirtschaftliche Daten eine Stütze. Denn nach schwächeren Zahlen im zweiten Quartal mehren sich inzwischen wieder die positiven Konjunkturperspektiven für Europa. Allerdings bleibt das Bild noch uneinheitlich: Die Stimmung im Euroraum kühlt sich ab, meldete das Ifo-Institut vor ein paar Tagen. Während sich die Lage-Einschätzung der Experten leicht verschlechterte, trübten sich ihre Erwartungen deutlich ein und erreichen den niedrigsten Wert seit Ende 2012. Dies deutet auf eine konjunkturelle Abschwächung im Euroraum hin. Anders klingt eine Studie der Europäischen Zentralbank: Der private Konsum wird eine treibende Kraft für den Wirtschaftsaufschwung in der Euro-Zone bleiben.

Dank der verbesserten Lage auf dem Arbeitsmarkt würden die Konsumausgaben in allen Euro-Ländern und bei allen Arbeitnehmergruppen weiter zulegen, heißt es in der neuen EZB-Untersuchung.

Danach wurde der Konjunkturschub seit 2013 stark vom Konsum befeuert. Fast die Hälfte des Wachstums seit dem zweiten Quartal 2013 kann nach früheren Angaben der Zentralbank auf den privaten Verbrauch zurückgeführt werden. Laut Studie war dies in der Erholungsphase 2009 bis 2011 noch ganz anders. Damals seien lediglich 10 Prozent des Wachstums vom Konsum getrieben gewesen. In Deutschland und Frankreich liege er inzwischen rund 10 Prozent über dem Niveau vor der Finanzkrise. In Italien und Spanien habe er sich dagegen noch nicht vollständig erholt.

Was heißt das für Sie, geschätzte Anleger? Kühlen Kopf bewahren, aber betont vorsichtig bleiben! Ich würde noch keine größeren neuen Positionen am Aktienmarkt eingehen, sondern allenfalls kurzfristig disponieren.


Machen Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!