Aktienmärkte im Vergleich: Wall Street mit und trotz Trump der Favorit

01.09.18

Was ist der voraussichtlich entscheidende Trendfaktor der Aktienkurse in den kommenden Monaten bis in 2019 hinein – Konjunktur, Geldpolitik, Handels- und Zollpolitik, Geopolitik? Unter der Voraussetzung, dass die Welt nicht aus den Fugen gerät, sehe ich in der Liquiditäts- und Zinssteuerung durch die Notenbanken das Ausschlag gebende Element. Nur sollte man nie vergessen, dass Börsentrends nicht monokausal sind – zu sehr sind die Elemente miteinander verwoben. Donald J. Trump ist als neues, besonderes und besonders unberechenbares Element dazugekommen, nicht nur für die Wall Street.




Sein umstrittenes „America first“ kann die heimischen Märkte tatsächlich stärken und zugleich Europa schwächen. Analysten sind außerdem dabei, die Auswirkungen der amerikanischen Politik auf die Schwellenländer auszuloten – gewiss kein leichtes Unterfangen, zumal Wirtschaft und Politik in den Emerging Markets nicht synchron verlaufen. Hinzu kommen die offenen Fragen in Verbindung mit den Beziehungen zu den USA und der Abhängigkeit vom US-Dollar. Der Anleger wird also gezwungen, gerade nach den starken Kursschwankungen der vergangenen Monate in den Schwellenländern selektiv vorzugehen.


Für Amerika selbst werden nach meinen Beobachtungen zunehmend positive Vorzeichen gesetzt – man könnte sagen: wegen Trump oder trotz Trump. Zu einem klaren Ergebnis kommen die Strategen von M.M. Warburg: Kein Ende der Rekordjagd an den US-Börsen in Sicht. Am vergangenen Mittwoch feierte der S&P 500 den zeitlich längsten Anstieg seiner Geschichte. Seit dem Tiefpunkt, der am 9. März 2009 markiert wurde, ist der Index ohne eine Korrektur von 20 Prozent über mittlerweile mehr als 3.450 Kalendertage angestiegen. In diesem Zeitraum hat der S&P 500 mehr als 320 Prozent an Wert gewonnen, der Dow Jones 30 konnte fast 300 Prozent an Wert zulegen (jeweils in US-Dollar). Die „Königin“ unter den US-Indizes ist aber eindeutig die Technologiebörse Nasdaq, die mit einem Plus von über 500 Prozent seit März 2009 die meisten anderen bekannten Aktienindizes weit in den Schatten stellt. Im internationalen Vergleich ist der „US-Bulle“ mit Abstand am schnellsten gelaufen.


Der wichtigste Faktor für die Kursentwicklung sind die Unternehmensgewinne. Dank der im Vergleich zu Europa stärkeren Konjunkturerholung in den USA haben sich die Gewinne der US-Unternehmen seit 2009 wesentlich besser entwickelt. So sind die Gewinne der im gesamteuropäischen Stoxx 600 vertretenen Unternehmen heute nur unwesentlich höher als im Jahr 2009. Besser sieht es dagegen bei den Dax- und vor allem den MDax-Unternehmen aus.
Nach Einschätzung von M.M. Warburg sprechen die fundamentalen Rahmenbedingungen dafür, dass die US-Börsen auch in nächster Zeit eine bessere Wertentwicklung aufweisen werden als viele andere Aktienmärkte. Unter den Unsicherheiten aufgrund der von US-Präsident Trump angefachten Handelsstreitigkeiten leiden Europa, Japan und die Schwellenländer deutlich stärker als die USA. Die wirtschaftliche Stärke der USA wird dazu führen, dass die Unternehmensgewinne auch in den nächsten Quartalen überproportional zulegen. Fazit: „Trotz der Tatsache, dass US-Aktien höher bewertet sind als europäische Dividendentitel empfehlen wir, den Fokus dennoch auf die USA zu richten. Die höhere Bewertung der US-Aktien dürfte erst dann zu einem Problem werden, wenn die US-Unternehmen ihre Gewinne nicht mehr wie erwartet steigern können. Solange die Konjunktur mitspielt, dürfte dieses Risiko aber gering sein.“


Und wie sehen die Stimmungsanalysten an der Börse Frankfurt die aktuelle Lage bei uns? Kurse hoch, Anleger raus, scheint das Motto dieser Tage zu sein. Zumindest der professionellen Investoren, von denen sich 9 Prozent wieder von ihren Dax-Aktien getrennt haben. Und 5 Prozent der Befragten sind short gegangen. Anders die Privatanleger: Von dieser Gruppe haben 7 Prozent Bluechips gekauft und 3 Prozent glattgestellt. Sowohl die weiter schwelenden wirtschaftspolitischen Krisenherde als auch simple Gewinnmitnahmen dürften Auslöser für die Abkehr der Profis sein. Und bei den privaten Anlegern vermutet der Verhaltensökonom Joachim Goldberg den Versuch, einen leichten Rücksetzer im Wochenverlauf als günstigen Einstieg zu nutzen. Jedenfalls scheinen die Rollen beider Anlegergruppen zur Vorwoche vertauscht: Der Sentiment-Index der Profis steht bei +11 und der der Privatanleger bei +21 Punkten.


Unterm Strich bewertet Goldberg das Marktsentiment positiver. Die Profis stünden wieder vermehrt als potentielle Käufer für weitere Kursgewinne zur Verfügung und nach unten sollten bereits leichte Rücksetzer zu Käufen führen. Die jüngsten Kursgewinne verdankten deutsche Aktien wohl ausländischen Anlegern, was der stärkere Euro signalisiere.


Machen Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!