Schwellenländer-Krise: Auch unseren Aktien droht Ansteckungsgefahr

12.08.18

Um es gleich zu sagen: Mein vorsichtig gewordener Optimismus ist inzwischen noch weiter gedämpft worden. Hauptverantwortlich sind drei Punkte: Der amerikanische Präsident und seine ungewisse Zukunft, die internationale Zoll- und Handelskrise, die kritische Entwicklung in einigen Schwellenländern. Das bedroht auch unsere Finanzmärkte – manche Experten sprechen bereits von Ansteckungsgefahr. Vorsichtige Anleger sollten sich genau überlegen, ob sie ihre Aktienbestände jetzt aufstocken oder lieber von der Tribüne zusehen.




Noch sind Analysten bei der Beurteilung der Chancen und Risiken geteilter Meinung, setzten jetzt aber zunehmend negative Vorzeichen ein: In den vergangenen Wochen hat es nämlich eine Reihe negativer Entwicklungen gegeben: Die Hoffnungen auf eine Einigung im Handelsstreit zwischen den USA und China sind geschwunden, die Türkei stürzte in eine Währungskrise und das Vertrauen der Investoren in die argentinische Regierung ist trotz des IWF-Beistands gesunken. Mit Brasilien und Südafrika stecken weitere große Schwellenländer in wirtschaftlichen Schwierigkeiten – in Asien und Mitteleuropa hat sich dagegen die Unternehmensstimmung nicht merklich verschlechtert. Viele Emerging-Markets-Währungen stehen unter Druck. Betroffen sind vor allem jene Länder, die erhöhte Leistungsbilanzdefizite aufweisen. Auch Renten und Aktien gaben zuletzt nach, wobei sich die Spreads von Hartwährungsanleihen nur moderat ausweiteten.


Fazit der DekaBank-Volkswirte, das ich teilen kann: „Wir erwarten keine schnelle Stimmungsverbesserung, weil noch für einige Monate Unsicherheit herrschen wird, wie stark der von den USA ausgehende Handelskonflikt die Weltwirtschaft belastet und wie gut die Schwellenländer die Verschlechterung der Finanzierungsbedingungen verkraften.“ Dazu passt ein Interview der IWF-Chefin Christine Lagarde. Der Financial Times sagte sie jetzt, ein eskalierender Handelskrieg zwischen den USA und China könnte nicht nur den schon angeschlagenen, sondern auch den übrigen Schwellenländern einen Schock versetzen. Noch sei diese Ansteckung nicht zu erkennen, aber das könne sich ja ganz schnell ändern. Ich möchte ergänzen: Eine verbreitete, nachhaltige Krise großer Emerging Markets würde auch die entwickelten Volkswirtschaften und deren Finanzmärkte anstecken – eine Folge der globalen Verflechtung.


Überwiegend Gelassenheit herrscht bei uns vor der kommenden Sitzung der Europäischen Zentralbank: Die EZB dürfte morgen endgültig die Weichen für einen Kurswechsel stellen. Experten erwarten, dass die Euro-Wächter auf dem ersten Zinstreffen nach der Sommerpause eine noch offene Hintertür schließen. Dann wird es bei den Anleihekäufen ab Oktober nur noch eine kurze Auslaufphase bis zum Jahresende geben. Zu der Sitzung in Frankfurt werden auch neue Wirtschaftsprognosen der hauseigenen Volkswirte vorliegen. Die Leitzinsen dürfte die EZB auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent belassen. Sie werden wahrscheinlich frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2019 steigen.


Die Gelassenheit der Profis ist jetzt auch durch die neue monatliche ZEW-Umfrage bestätigt worden. So sind die Konjunkturerwartungen für Deutschland im September um 3,1 Punkte auf einen neuen Wert von minus 10,6 Punkten gestiegen. Der Indikator hat damit nach seinem Tiefpunkt im Juli 2018 innerhalb von zwei Monaten wieder um 14,1 Punkte zugelegt. Trotzdem befindet er sich noch deutlich im negativen Bereich und unterhalb seines langfristigen Durchschnitts von 22,9 Punkten.

Noch eine aktuelle Erhebung, deren Ergebnisse ich für bemerkenswert halte. Knapp 56 Prozent der Privatanleger in Deutschland befassen sich seit mehr als zehn Jahren mit strukturierten Wertpapieren. 

Das ist das Ergebnis der aktuellen Trend-Umfrage des Deutschen Derivate Verbands (DDV). An der Online-Umfrage, die gemeinsam mit sechs großen Finanzportalen durchgeführt wurde, beteiligten sich 3.716 Personen. Dabei handelt es sich in der Regel um gut informierte Anleger, die als Selbstentscheider ohne Berater investieren. Immerhin noch 13 Prozent der Teilnehmer geben an, dass sie sich seit fünf bis zehn Jahren mit Zertifikaten beschäftigen. 10 Prozent ziehen strukturierte Wertpapiere seit drei bis fünf Jahren bei ihren Investmententscheidungen in Betracht, während sich 9 Prozent seit ein bis drei Jahren mit dem Thema Zertifikate auseinandersetzen. Lediglich 12 Prozent haben sich dieser Anlageform erst in der jüngeren Vergangenheit angenähert. Immer mehr deutsche Anleger erkennen und honorieren also die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der Zertifikate.


Machen Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!