Deutsche Aktien: Zwischen Crash-Warnungen und fundamentaler Gelassenheit

15.09.18

Wer wird gewinnen – Bullen oder Bären? Pünktlich zum zehnjährigen „Jubiläum“ der internationalen Finanzkrise konzentrieren beide Lager ihre Argumente. Einerseits verdienen die Crash-Warnungen durchaus die Aufmerksamkeit der Anleger (wobei ich selbst keine klaren Baisse-Signale erkenne) – vorsichtshalber. Auf der anderen Seite ist die aktuelle Verfassung des deutschen Aktienmarkts zwar wacklig-unsicher, aber keineswegs beängstigend.

Das „Handelsblatt“ widmet in seiner Wochenendausgabe den Warnungen gleich mehrere Seiten mit dem dramatischen Titel „Der nächst Crash – Die sieben Alarmsignale am Finanzmarkt“. Gleichzeitig sind die Analysten von M. M. Warburg in einer neuen Dax-Studie zu einem eindeutig positiven Ausblick gekommen, der fundamental begründet wird. Das Wichtigste daraus in Auszügen, damit Sie sich selbst eine Meinung bilden können, geschätzte Anleger.




Was könnte die nächste Krise an den Kapitalmärkten auslösen? Hier die sieben Gefahrenherde, wie sie im Handelsblatt beschrieben werden:


1) Too big to fail – Die Ansteckungsgefahr ist immer noch da
2) Schattenbanken – Gleiche Risiken, nur am anderen Ort
3) Verschuldung – Lasche Schuldendisziplin bei Staaten und Unternehmen
4) Marktstabilität – Passives Investieren verstärkt Kursbewegungen
5) Cyberattacken – Verwundbare Infrastruktur
6) Politische Risiken – Gefahren sind nur auf den zweiten Blick zu erkennen
7) Geldpolitik – Verzerrungen an den Märkten


Schon auf den ersten Blick wird deutlich, dass die Gefahren einerseits aus dem Finanzsystem selbst erwachsen können und dass sie andererseits großenteils auf internationalen Entwicklungen beruhen. Demgegenüber basiert die zuversichtliche Einstellung von M. M. Warburg für den Dax auf den fundamentalen Wirtschafts- und Unternehmensdaten:

Das Investieren in die großen deutschen Unternehmen aus dem Dax war in diesem Jahr bislang alles andere als vergnügungssteuerpflichtig, heißt es einleitend. Zwar gelang dem Deutschen Aktienindex ein sehr guter Start, und Ende Januar wurde mit 13.560 Punkten sogar eine neue Rekordmarke erreicht, doch seitdem ging es tendenziell bergab. Aktuell weist der DAX seit Jahresbeginn ein Minus von rund 7 Prozent auf, das ist die schlechteste Wertentwicklung seit dem Jahr 2011.


Um das Potenzial eines Aktienmarktes zu beurteilen, sollte man sich vor allem die fundamentalen Rahmenbedingungen anschauen, die Rückschlüsse auf die Gewinnentwicklung zulassen. Genau hier liegt das Problem: Während noch am Jahresanfang für 2018 ein Gewinnanstieg von rund 10 Prozent für die Dax-Unternehmen prognostiziert wurde, haben die Analysten ihre Erwartungen in den letzten Monaten kontinuierlich reduziert. Mittlerweile ist man fast bei einer Gewinnstagnation im Vergleich zum Jahr 2017 angekommen. Stagniert haben die Gewinne der Dax-Unternehmen zuletzt im Jahr 2013. Damals wuchs das reale Bruttoinlandsprodukt in Deutschland gerade einmal um 0,6 Prozent, und die Weltwirtschaft expandierte mit einer Rate von 3,5 Prozent. Demgegenüber erwarten die Warburg-Experten für Deutschland in diesem Jahr ein Wachstum von fast 2 Prozent und für die Welt von knapp 4 Prozent. Unter makroökonomischen Gesichtspunkten scheinen die Gewinnerwartungen für dieses Jahr also mittlerweile zu pessimistisch zu sein.


Beim Blick auf die Unternehmensgewinne fällt zudem auf, dass die Prognosereduzierungen nur das Jahr 2018 betreffen. Die Erwartungen an das Jahr 2019 sind zwar vom Niveau her etwas gesunken, die erwartete Steigerungsrate ist mit rund 10 Prozent aber stabil geblieben. Dies ist auch der Grund dafür, dass die aus Warburg-Sicht entscheidende Kennzahl für die Kursentwicklung eines Index, die (rollierenden) Gewinnerwartungen der nächsten 12 Monate, für den Dax bis zuletzt weiter angestiegen ist und sogar einen neuen Rekordwert erreicht hat.


Fazit: Solange Deutschland und die Weltwirtschaft nicht in eine neue Rezession geraten – wofür es derzeit keinerlei Hinweise gibt – sind die derzeitigen Kurse fundamental nicht zu rechtfertigen. Bewertet man die Gewinnerwartungen für das Jahr 2019 mit einem KGV von 13 (Mittelwert seit 2001), errechnet sich ein Kursziel von fast 13.800 Punkten. Die Voraussetzungen für eine deutliche Kurserholung in den nächsten Monaten bleiben somit gegeben.

Mir ist die Warburg-Betrachtungsweise sehr sympathisch. Außerdem sollten Sie, liebe Leser, Ihre Aktienbestände grundsätzlich gegen starke Kursverluste absichern. Das machen Sie doch, oder? Schon deshalb keine Crash-Angst!


Machen Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!