Neujahrsgedanken: Kein gutes Bauchgefühl – keine Prognose

29.11.18

Die Weihnachtstage gaben den Ausschlag: Ich habe mich entschlossen, für 2019 keine konkrete Aktienmarktprognose abzugeben. Sie mögen das vielleicht als Feigheit bezeichnen, geschätzte Anleger. Aber ich habe einfach kein gutes Bauchgefühl – zu sehr überschattet die Politik das Wirtschafts- und Börsengeschehen. Der total verrückte, geradezu groteske Kursverlauf über die Feiertage ist vielleicht ein Vorgeschmack auf die kommenden Wochen und Monate. Nimmt man die außerbörslichen Indikationen im internationalen Handel, so schien der Dax an den Feirtagen auf die Marke 10.000 zu stürzen – an die 10.100 war er schon herangekommen. Ich bleibe dabei: Es muss keine ausgeprägte Baisse oder gar einen Crash geben, aber 2019 wird aus heutiger Sicht kein guter Aktienjahrgang.



Selten haben wir so viel Unterschiedliches und Gegensätzliches an Informationen aus Wirtschaft und Politik verdauen müssen. Nehmen Sie nur einmal die Ausgabe des „Handelsblatt“ vom 27. Dezember – da en entdecken Sie folgende Überschriften: USA hängen Europa ab. Deutschland verschenktes Potential. Deutschland fällt zurück. Wie Trump die Börsen beeinflusst. Trump stürzt die Welt ins Ungewisse. Mit Zuversicht ins neue Jahr – Die Industrie wächst kräftig. Die goldenen Jahre sind vorbei. Öl und Kupfer im Krisenmodus.

Und was sagt die Deutsche Bundesbank? Im Monatsbericht Dezember findet sich eine durchaus günstige Beurteilung unserer wirtschaftlichen Entwicklung für die kommenden Jahre mit dem Titel „Perspektiven der deutschen Wirtschaft – Gesamtwirtschaftliche Vorausschätzungen für die Jahre 2019 und 2020 mit einem Ausblick auf das Jahr 2021.“ Die zentrale Aussage lautet: „Die deutsche Wirtschaft wird im Projektionszeitraum voraussichtlich in der Hochkonjunktur bleiben. Der jüngste Dämpfer im dritten Vierteljahr 2018 hing wohl zu einem erheblichen Teil mit vorübergehenden angebotsseitigen Schwierigkeiten in der Automobilindustrie zusammen und dürfte zügig überwunden werden.“

So gesehen sind diese Aussichten Stoff für die Börsenbullen. Ich wiederhole aber das Zitat von Analysten in meiner letzten Kolumne: „Damit im nächsten Jahr wieder eine bessere und vor allem eine positive Wertentwicklung mit der Aktienanlage erzielt werden kann, müssen sich die politischen und die wirtschaftlichen Nachrichten wieder verbessern.“ Genau. Durch die starken geo- und wirtschaftspolitischen Einflüsse hat die Börse – die man ja nie genau vorausberechnen kann – ein extrem hohes an Unberechenbarkeit erreicht. Um es auf den Punkt zu bringen: das Trump-Zeitalter. Allein deshalb erwarte ich, dass 2019 kein gutes Börsenjahr wird. Droht also eine tiefe Baisse? Nicht zwangsläufig, aber weitere Schwächeanfälle der Aktienmärkte sind nicht auszuschließen, während ein nachhaltiger Aufwärtstrend momentan als wenig wahrscheinlich erscheint.


Einen Hinweis auf die vorsichtiger werdende Investitionsbereitschaft mag der Blick zum deutschen Private-Equity-Markt liefern, der sich 2018 merklich abgekühlt hat. Dabei bleibt er noch auf hohem Niveau. Finanzinvestoren tätigten nach 227 Deals im Jahr 2017 nur noch 216 im laufenden Jahr. Und auch das Deal-Volumen ging von 19,4 Milliarden Euro auf 17,9 Milliarden Euro zurück. Allerdings war das Vorjahr außergewöhnlich stark: Es markierte die höchste Anzahl an Deals und den zweithöchsten Transaktionswert seit der Finanzkrise. Dabei legte das erste Halbjahr noch das Fundament für eine mögliche weitere Steigerung gegenüber 2017: Mit 112 Deals wurde die höchste Anzahl für ein erstes Halbjahr überhaupt gezählt und der Wert von 11 Milliarden Euro war der höchste seit dem ersten Halbjahr 2008. Allerdings blieb das zweite Halbjahr merklich hinter den Vergleichszeiträumen aus den Vorjahren zurück. Bei den Verkäufen deutscher Unternehmensbeteiligungen, sogenannte Exits, hielten sich die Finanzinvestoren – in den Vorjahren die Treiber des Transaktionsgeschehens – zuletzt merklich zurück. Das sind Ergebnisse einer Analyse des deutschen Private-Equity-Marktes durch das Prüfungs- und Beratungsunternehmen EY.

Ich wünsche Ihnen, geschätzte Leser, dass sich meine Skepsis für 2019 als falsch erweisen wird. Deshalb lautet mein Neujahrswunsch auch nicht „Guter Rutsch!“ Und vergessen Sie nicht, dass ein schlechter Jahrgang nichts an der überragenden langfristigen Performance der Aktienanlage ändert!“

Machen Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!