Aktienmärkte: Belastungen schon eingepreist? Chance für Mutige

23.02.19

Es ist eine kurz- bis mittelfristige Spekulation, also mit einem Horizont von ein paar Wochen bis Monaten, aber sie erscheint mir reizvoll: Optimisten sollten zumindest mit meinem Teil ihres freien Kapitals auf positive Überraschungen im Börsenumfeld setzen. Denn viele Anleger sind im Januar auf dem falschen Fuß erwischt worden, so dass sie bei weiter nach oben krabbelnden Kursen in Zugzwang geraten. Voraussetzung ist, dass die Wirtschaft nicht in eine Rezession gerät.



Die heutige Überschrift hätte auch lauten können „Chancen, weil (nicht „wenn“) die Belastungen schon eingepreist sind“. Aber das „weil“ ist der Knackpunkt – genau das wissen wir nicht, können wir erst im Nachhinein sehen. Immerhin, die Chancen sind da. Aktuelle Börsenstimmung und Konjunktureinschätzungen sind allerdings nach wie vor ziemlich diffus. Auch die Sentiment-Forscher an der Börse Frankfurt bleiben nach den jüngsten Umfragen im Ungewissen und schreiben: Die derzeit relativ neutrale Positionierung spiegelt eine gewisse Unsicherheit der Börsianer wider, ob dem Dax die Trendwende tatsächlich gelungen ist oder ob der mehr als 8 %ige Anstieg der Kurse seit Jahresbeginn lediglich eine Korrektur in einem übergeordneten Abwärtstrend darstellt. Andere Profis sehen sich in ihrer weltwirtschaftlichen Skepsis bestätigt, ohne gleich das Schreckgespenst einer globalen Rezession an die Wand zu malen.

Die Vorsichtigen unter Ihnen, geschätzte Leser, mögen vorsichtig bleiben. Gerade beim Blick auf Europa und Deutschland sehen die meisten Konjunkturindikatoren noch nicht ermutigend aus. Das Bundesfinanzministerium rechnet im ersten Quartal nicht mit einer kräftigen konjunkturellen Erholung. Die wirtschaftliche Dynamik werde weiterhin von trüben Geschäftserwartungen der Firmen gebremst, hieß es in dem am Donnerstag veröffentlichten Monatsbericht des Ministeriums. Die Sorgen in den deutschen Chefetagen nehmen weiter zu. Der gestern gemeldete Ifo-Geschäftsklimaindex ist im Februar von 99,3 auf 98,5 Punkte gefallen. Das ist der schlechteste Wert seit Dezember 2014! Die Unternehmen bewerteten ihre aktuelle Geschäftslage erneut etwas weniger gut. Auch der Pessimismus mit Blick auf die kommenden sechs Monate hat zugenommen. Die deutsche Konjunktur bleibt schwach.

Ein leicht positives Vorzeichen gibt es: Die Privatwirtschaft in der Euro-Zone hat ihr Wachstum im Februar auf niedrigem Niveau leicht beschleunigt. Der Einkaufsmanagerindex stieg um 0,4 Punkte auf 51,4 Zähler, wie das Institut IHS Markit zu seiner monatlichen Unternehmensumfrage mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem Anstieg auf 51,1 Zähler gerechnet. Das Barometer verharrt damit über der Wachstumsschwelle von 50 Zählern. “Die Euro-Zone kam auch im Februar kaum vom Fleck”, kommentierte Markit-Chefvolkswirt Chris Williamson. Das liegt nicht zuletzt an der Schwäche ihrer beiden größten Volkswirtschaften Deutschland und Frankreich.
All das wird von internationalen Anlagestrategen mit einer börsentypischen Mischung aus Unsicherheit und Gelassenheit begleitet. Zur Erinnerung: Unter dem Eindruck des vierten Quartals 2018 gingen viele Finanzexperten von schwankenden Kapitalmärkten im neuen Jahr aus. Januar und Februar blieben aber verhältnismäßig ruhig – die ersten beiden Monate zeigten sich bislang doch eher von ihrer versöhnlichen Seite. Das liegt auch daran, dass sich das politische Umfeld kaum geändert hat. Und die Rezessionsangst an den Zinsmärkten scheint erstmal zu pausieren, die Aufschläge der besseren Unternehmensanleihen entfernen sich zusehends von ihren Höchstständen und selbst der Kollaps bei den Hochzinsanleihen scheint vorbei.

Wenn ich als taktische Empfehlung an meinem Dreigestirn Aktien – Gold – Cash festhalte, so möchte ich zumindest den Aktiven und Mutigen unter Ihnen raten, den Cash-Anteil nicht weiter zu erhöhen. Dafür können Teile des frischen Kapitals eben in defensive und Turnaround-Aktien investiert werden. Zudem sollten Sie China-Aktien berücksichtigen, die international stark beachtet werden und sich spürbar erholen können, wenn es zur Einigung im Handelsstreit kommt. Außerdem sollten Sie unbedingt Ihr Edelmetall-Engagement pflegen, nachdem Gold nicht nur als langfristiges Sicherheitselement angesehen wird, sondern die feste Preisentwicklung auch Performance orientierte, spekulative Käufe begünstigt.

Machen Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!