Anlegerstimmung: Angst vor der Aktie ist ein schlechter Ratgeber

15.02.19

Offenbar haben viele internationale Anleger Angst vor der eigenen Courage bekommen und zuletzt wieder einen Gang zurückgeschaltet. Ich sehe dafür im Wesentlichen zwei Ursachen: Die Perspektiven der Weltwirtschaft stecken nach den Konjunkturindikatoren der vergangenen Tage noch tiefer im Nebel, die politischen Einflüsse sorgen weiter für unsicheres Hoffen und Bangen. Eindeutig negativ zu den Aktienmärkten klingen jüngste Umfragen aus den USA.



Auch die heimatliche Lage ist nicht eindeutig: Die deutsche Wirtschaft ist 2018 nur ganz knapp einer Rezession entgangen. Mit dieser Einschätzung hat der Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser auf die neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamtes reagiert. Maßgeblich für die deutliche Abkühlung der Konjunktur ist die deutsche Industrie, die sich im zweiten Halbjahr 2018 tatsächlich in einer Rezession befunden haben dürfte. Der Konjunkturfachmann steht aber nicht allein mit seiner Meinung da, dass für 2019 ist eine gesamtwirtschaftliche Rezession nicht in Sicht ist, da die binnenwirtschaftlichen Antriebskräfte weiterhin intakt sind. Im Grunde muss man aber konstatieren, dass die Signale aus der Wirtschaft – das gilt noch stärker für die USA und China – immer wieder interpretationsbedürftig sind. Das bedeutet Unsicherheit und hemmt die Aktienmärkte.

Nicht gerade ermutigend die Titelgeschichte im Handelsblatt vom Donnerstag mit der spektakulären Überschrift „Angst vor der Aktie“: Zehn Jahre nach der Finanzkrise geht bei Großinvestoren die Furcht vor fallenden Kursen um. Gesucht werden Alternativen wie Immobilien und Beteiligungskapital. Wie ernst ist das zu nehmen?

Die Sorge, dass die Konjunktur kippen könnte, ist für die weltweit größten Investoren Grund genug, die Risiken in ihren Portfolios herunterzufahren und Aktien zu verkaufen. Gleichzeitig bauen die Großanleger ihr Engagement in alternativen Märkten abseits der Börsen aus. So sieht das Ergebnis der jährlichen Umfrage des weltgrößten Vermögensverwalters Blackrock unter 230 wichtigen Investoren aus. Angesichts der allgemeinen Verunsicherung versuchen die Großanleger, ihre Portfolios krisenresistenter zu machen, und das bedeutet weniger Aktien. Vermögensverwalter Vanguard erwartet ebenfalls deutlich geringere Renditen mit Aktien.

Bitte keine Panik, geschätzte Leser! Denn bekanntlich ist Angst (wie umgekehrt die Gier) ein schlechter Ratgeber für Anleger. Das gilt natürlich auch für das Big Money. Das Dumme ist aber, dass die Großen mit ihrem Verhalten die Marktentwicklung entscheidend bestimmen: Wenn diese Investoren ängstlich aussteigen, bedeutet das Druck auf die Aktienkurse. Herdentrieb. Es gibt aber auch die alte Börsenweisheit, wenn alle auf einer Seite stehen, solltest du auf die andere Seite gehen – also folge nicht unüberlegt der Herde. Übrigens bezweifle ich, dass die großen
Vermögensverwalter auch wirklich so handeln, wie sie es in einer Umfrage behaupten.

Derartige Umfragen von absoluten Topadressen sind natürlich eindrucksvoll. Doch können wir auch durch die übrigen Stimmungserhebungen beobachten, wie oft sich das „Sentiment“ verändert bzw. wie oft es wechselt. Alles ist im digitalen Zeitalter viel schneller und damit kurzlebiger geworden. Deshalb gehen die großen Investoren schneller rein und raus. Ich würde wachsam und vorsichtig bleiben, Gewinne teilweise realisieren und das Depot gegen stärkere Verluste absichern – aber mich nicht von den Aktienbeständen insgesamt trennen (von langfristigen Investments schon gar nicht). Und so bleibt die Dreiteilung in Aktien – Gold – Cash meine Anlageempfehlung.

Gelassenheit zeigt auch der Frankfurter Verhaltensforscher Joachim Goldberg, der als Fazit seiner jüngsten Stimmungserhebung schreibt: „Zusammen mit unserer eigenen Sentiment-Umfrage sind dies eigentlich keine schlechten Nachrichten für den Dax.“ Denn die derzeitige Zurückhaltung der professionellen Anleger hinsichtlich stärkerer Aktienengagements dürfte sich bereits bei kleineren positiven Überraschungen im Nachrichtenumfeld in ordentliche Nachfrage verwandeln.

Machen sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!