Mehr Aktionäre: Nur Investmentfonds haben Zulauf

07.03.19

„Zahl der Aktienbesitzer in Deutschland steigt 2018 um eine Viertelmillion“ – Die Überschrift zur heutigen Pressemitteilung des Deutschen Aktieninstituts (DAI) klingt erfreulich, ist aber allenfalls die halbe Wahrheit. Als Aktienförderer im 50. Berufsjahr können mich die Einzelheiten der neuen DAI-Jahresstatistik nicht befriedigen. Vor allem, weil die Direktanlage weiter stark vernachlässigt bleibt. Und ich frage mich, ob es jemals gelingen kann, aus den Bundesbürgern ein Volk von Aktienanlegern zu machen.



Zunächst die Eckdaten der Statistik: 2018 stieg die Zahl der Aktionäre und Besitzer von Aktienfonds das vierte Jahr in Folge. Im Jahresdurchschnitt lag sie um rund 250.000 höher als im Vorjahr. Damit besaßen insgesamt rund 10,3 Millionen Bürger, also 16,2 Prozent der Deutschen, die älter sind als 14 Jahre, Aktien oder Aktienfonds. Kommentiert DAI-Chefin Dr. Christine Bortenlänger: „Wir freuen uns, dass sich das Interesse an der Aktien- und Aktienfondsanlage in den letzten Jahren spürbar verfestigt hat. Rund jeder sechste Bundesbürger war 2018 in der einen oder anderen Form in Aktien investiert. Damit erreicht die Zahl der Aktienbesitzer den höchsten Wert seit 2007.“ Also sind wir beim direkten Aktienbesitz gerade einmal auf dem Vorkrisenniveau angelangt.

Für mich ein zentrales „Aber“: 2018 haben sich die Menschen vor allem für die indirekte Aktienanlage interessiert. So ist die Zahl der Aktienfondsbesitzer um 617.000 gewachsen. Bei der Direktanlage in Einzelaktien ist dagegen ein Minus von 373.00 Aktionären zu verzeichnen. Ob diese Anleger lediglich von der Direktanlage auf Fonds umgestiegen sind oder dies der Anfang vom Ende des positiven Trends der vergangenen Jahre ist, muss abgewartet werden. Auch geben die Zahlen für das Gesamtjahr 2018 noch keinen Aufschluss darüber, ob und wie sich der spürbare Kursrückgang am Jahresende auf das künftige Anlegerverhalten auswirkt. Ich habe die Sorge, dass wir in einem Jahr die Spuren der Dax-Schwäche sehen werden. Aber vielleicht ist das zu pessimistisch, wenn die Erholung des Aktienmarkts im laufenden Jahr anhalten sollte.

Eigentlich gibt es keinen Grund, Fortschritte in der Entwicklung einer Anlegerkultur bzw. Aktienkultur zu beschreiben. Die breite Masse in Deutschland an die Aktienanlage heranzuführen, bleibt eine Herausforderung. Noch immer legen die meisten Deutschen ihr Geld lieber auf Girokonten und nahezu zinslosen Sparbüchern an, als die Aktienanlage zu nutzen. Sie wissen es längst, geschätzte Leser: Wer stärker auf Aktien und Aktienfonds setzt, erzielt langfristig höhere Erträge und kann damit leichter Ersparnisse aufbauen und für das Alter vorsorgen. So konnten Anleger, die langfristig in den Dax investiert haben, in der Vergangenheit jährlich durchschnittlich Erträge in Höhe von 6 bis 9 Prozent erwirtschaften.

„Um die Deutschen zu einem Volk von Aktionären zu machen, ist und bleibt der größte Hebel, die Aktie im System der Altersvorsorge stärker zu berücksichtigen,“ so Bortenlänger. Dies ist schon deshalb geboten, weil die umlagefinanzierte staatliche Rente allein den Lebensstandard der Bevölkerung zukünftig nicht mehr ausreichend sichern kann. Auch müssen die jüngeren Generationen, die die zunehmende Rentenlast des Umlagesystems zu tragen haben, entlastet werden. „Statt weiter am Umlagesystem herumzudoktern, muss die Politik auf Aktien in der Altersvorsorge setzen, um das wohl größte sozialpolitische Problem der kommenden Jahre zu entschärfen,“ fordert Bortenlänger. „Positive Vorbilder im Ausland, wie beispielsweise Schweden, gibt es genug.“

Wie eine aktuelle Untersuchung der Börse Stuttgart und des Deutschen Aktieninstituts zeigt, bestehen aber bei vielen Nicht-Aktienbesitzern erhebliche Vorbehalte und Missverständnisse in Bezug auf die Aktienanlage. Sie sind deswegen nicht bereit, sich mit dem Thema Aktien auseinanderzusetzen – ganz unabhängig von der jüngeren oder langfristigen Entwicklung der Börsenindizes. Obwohl die Vorteile von Aktien auf der Hand liegen, ist es also schwer, die Zweifel der Deutschen gegenüber der Aktie zu zerstreuen. Laut der gemeinsamen Untersuchung wird sich diese Situation auch nicht von allein ändern. Deshalb sind nach wie vor alle Beteiligten, also Unternehmen, Banken und Politik gefordert, einen Beitrag zur stärkeren Verbreitung der Aktie als Anlage- und Finanzierungsinstrument zu leisten.

Mein Resümee: Von Staat ist leider nichts zu erwarten. Banken und Sparkassen haben andere Probleme und reduzieren ihre qualitative Anlageberatung. Die größten Möglichkeiten sehe ich bei den Aktiengesellschaften selbst, die endlich Flagge zeigen und für eine breite Beteiligung am Unternehmenskapital werben sollten – zum Beispiel auf Anlegermessen und Börsentagen, von denen sie sich schon seit langem zurückgezogen haben. Wie Aktienförderung geht, beweist neben dem politisch orientierten DAI vor allem der TM Börsenverlag durch sein Spektrum von nutzwerten Dienstleistungen für Anleger und dem mit seiner Informationsqualität beispiellosen „Rosenheimer Börsentag“.

Machen Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!