Investieren in eine bessere Welt

27.07.19

Die Welt im Wandel – eine längst inflationäre, abgegriffene Headline. Bezieht man aber nach Digitalisierung und Globalisierung noch Innovation, Künstliche Intelligenz und Disruption mit ein, dann wird nicht nur dem Insider klar, wie sehr sich die Welt verändert. Der stets lesenswerte Hans-Jörg Naumer, Vordenker des Investment-Giganten Allianz Global Investors, hat als „rationaler Optimist“ den Zeitenwandel einmal grundsätzlich aus Anlegersicht beleuchtet. Herausgekommen sind Prämissen für das „Investieren in eine bessere Welt“, die ich weitgehend unterstreichen möchte.
Die wichtigste Frage, die sich Anleger zuerst stellen sollten, lautet: „Wenn ich dem Paradigma des rationalen Optimismus folge, investiere ich auch in diesen ‚Optimismus‘, in diesen ‚Wandel‘? Habe ich Anteil an den Innovationen und der Wertschöpfung?“ Dies geht letztlich nur durch Beteiligung an Firmen, durch Aktienerwerb und über Aktienfonds. Das bedeutet in Sachkapital. Mit dem Sparbuch und der Staatsanleihe geht das nicht.



Zweiter Ansatz: Investieren in die Treiber des Wandels. Der technologische Wandel durchzieht alle Branchen und alle Regionen. Warum nicht auch in jene Firmen investieren, die diesen Wandel hervorbringen bzw. bei der Implementierung der neuen Technologien ganz vorn mit dabei sind?
Drittens (und in meinen Augen für die konkrete Umsetzung besonders wichtig): Investieren in „Themen“ statt in Länder und Branchen. Die Entwicklung von Wohlstand und Wachstum ist Ausdruck kreativer Disruption (Disruption ist ein Prozess, bei dem ein bestehendes Geschäftsmodell, eine Produktgruppe oder ein gesamter Markt durch eine stark wachsende Innovation abgelöst bzw. „zerschlagen“ wird). Neues, Besseres wird geschaffen. Diese Disruption durchzieht Länder und Kontinente ebenso wie Branchen. Da ist es schon fast überholt, bei der Aktienauswahl (Allokation) nach Ländern und Branchen zu unterscheiden. Beispiel Digitalisierung. Es gibt keine „Digitalisierungsbranche“. Digitalisierung durchzieht alle Sektoren und trennt dort die Spreu vom Weizen. Der nächste Investmentansatz könnte also „Investmentthemen“ („Thematic Investing“) statt „Länder“ und „Branchen“ lauten. Dabei geht es also nicht um Branchen oder Regionen, sondern um die Einschätzung, welche Firmen am meisten vom Wandel profitieren.

Die Welt ist eine bessere geworden, aber es ist längst noch nicht alles gut genug. Noch gibt es Kinderarbeit, noch gibt es in Teilen der Welt unzulängliche Arbeitsbedingungen und Hunger, mangelhafte „Governance“ von Unternehmen wie Staaten. Noch gibt es zu große Ungleichheiten und Ungleichgewichte. Im Gegenteil, wir beklagen zunehmende Umweltverschmutzung, einen zu großen CO2-Fußabdruck der Menschheit und, und
…Die Liste ließe sich fortsetzen. Für Investoren geht es deshalb darum, für eine bessere Welt zu investieren.

Interessant ist, wie stark sich über die letzten Jahre die sogenannten „ESG“-Kriterien bei der Kapitalanlage durchgesetzt haben. Das Akronym steht für „Environmental, Social, Governance“ und lässt sich mit Umwelt, Gesellschaft, Unternehmensführung übersetzen. Bei den ESG-Kriterien handelt es sich um einen wachsenden und sich verändernden Kriterienkatalog für die Kapitalanlage. Er hilft, Gelder in Investitionen zu lenken, die auf Umweltschutz, gute Arbeitsbedingungen und untadelige Unternehmensführung setzen. Dieser Ansatz, der bei institutionellen Anlegern schon lange genutzt wird, gewinnt auch bei Privatanlegern immer mehr an Bedeutung.