Mit oder gegen den Strom schwimmen?

 10.01.21

Hochstimmung an vielen Märkten zum Auftakt 2021 – und das trotz besorgniserregender Meldungen über die Entwicklung der Pandemie. Neues Jahr, neue Höchststände. Ein guter Jahresauftakt ist börsenpsychologisch sehr wichtig. Hoffnung ist wie ein Doping, Hoffnung auf bald bessere Corona- und Konjunkturzeiten. Viele Anleger messen dem Abschneiden in der ersten Handelswoche eine Indikatorfunktion für das Gesamtjahr bei. Insofern dürfte sich die Stimmung der Finanzmarktakteure vorerst weiter verbessern, glauben die Analysten der Helaba. An Risikofreude herrscht derzeit ohnehin kein Mangel. Dies zeigt sich nicht nur an haussierenden Aktien. Denn auch die Kryptowährung Bitcoin schießt gegenwärtig durch die Decke – und zwar nicht nur gegenüber dem US-Dollar, sondern auch relativ zum Gold.

Der Börsenneuling mag den Kopf schütteln und die Kursentwicklung angesichts des verlängerten und verschärften Lockdowns in Frage stellen. Tatsächlich ist zwischen gesundem Optimismus und gefährlicher Sorglosigkeit oft nur ein schmaler Grat. Viel Positives ist an den Aktienmärkten auch schon eingepreist und Anleger haben in den letzten Monaten ihre Portfolios sehr offensiv ausgerichtet. Die Luft wird damit dünner, mahnen die Landesbank-Experten.

So oder so, für Sie als Anleger stellt sich die Frage, ob man in Rekordhöhen noch kaufen kann oder eher Gewinnmitnahmen angesagt sind. Das Research der DZ Bank weist darauf hin, dass sich am Aktienmarkt schon oft als erfolgreicher Ansatz der „Contrarian" erwiesen hat, also gegen die Marktmeinung zu handeln: „Im Januar 2020 hatten wir dies im DZ Bank Asset-Allocation-Musterportfolio praktiziert, als wir aufgrund der euphorischen Stimmung die Aktienquote auf null gesetzt haben.

In diesem Jahr würde eine konträre Positionierung jedoch bedeuten, dass sich die meisten der aktuellen wirtschaftlichen und monetären Bedingungen umkehren werden. Dies scheint eine weltfremde Annahme.“ Im Anlagejahr 2021 scheint es aus heutiger Sicht also erfolgversprechender zu sein, mit dem Konsens zu investieren, anstatt sich aus Prinzip als "naiver" Contrarian zu positionieren. Allerdings könnte der Konsens selbst das Ausmaß des Wirtschafts- und Gewinnaufschwungs unterschätzen. Dieser wurde bisher von der Sorge um die anstehenden Impfungen dominiert. Dies zeigt sich u.a. an den ungewöhnlich hohen Sparquoten der Bürger. Sollte sich dieser belastende Knoten aus Unsicherheit und Sparen lösen, könnte das Gewinnwachstum an den Märkten höher ausfallen als bisher angenommen.

Resümieren die DZ-Strategen: Aktien, die seit Jahren dem Markt hinterherhinken, könnten zumindest vorübergehend zu Top-Performern im Aufschwung werden. Die Marktgewinner des Jahres 2020 müssen dabei nicht zu Verlierern werden; der Aufschwung könnte einfach breiter gestreut sein als in den letzten Jahren. Wir sehen keinen Grund, warum die Aktienmärkte in Europa und den USA 2021 dauerhaft unter Druck stehen könnten.

Als Trendfolger bin auch kein Freund der Strategie, gegen den Markt zu handeln. Vor langer Zeit habe ich konsequenten Antizyklikern in einer Diskussion widersprochen, indem ich ihren bildhaften Vergleich korrigierte: „Herr Kutzer, nur wer gegen den Strom schwimmt, wird überleben.“ Meine Antwort: „Sagen Sie das mal den Lachsen, wenn sie die Flüsse hochsteigen!“ Nicht immer erweist sich das eine oder das andere als beste Vorgehensweise. Ich empfehle schon seit Monaten lieber Teil-Lösungen, die ich die „Bisschen-Taktik“ nenne. Das heißt, verfügbare Liquidität zwar weiter anzulegen, aber nicht alles, sondern eben nur ein Teil davon. Andererseits sollte man auch das Gewinnmitnehmen nicht vergessen, ohne gleich ganz aus dem Markt auszusteigen – eben nur ein bisschen.