Lieber Schaukelbörsen als ein tiefes Sommerloch

 08.07.21

Nicht immer kann man klar interpretieren, warum sich welche Anleger so oder so verhalten. Aktuell erleben wir eine solche Phase. Nein, es herrscht keine verbreitete große Nervosität. Aber es gibt doch gewichtige Fragezeichen im Dreieck von Corona, Geldpolitik und Konjunktur. Dazu auch saisonale Einflüsse durch die sommerliche Spaßbremse. So schaukeln die Börsen mal mehr, mal weniger – nicht immer bewegt durch kursrelevante Nachrichten. Ein tiefes Sommerloch zeichnet sich aber nicht ab, auch wenn Schwächephasen börsennatürlich sind und nie ausgeschlossen werden können.

Sie brauchen also nicht in nervös-hektische Aktivität verfallen, geschätzte Anleger, zumal kein Lager (weder Bullen noch Bären) derzeit in einer starken Überzahl ist. Das bestätigt auch die wöchentliche Sentiment-Erhebung der Börse Frankfurt. Resümiert der zuständige Verhaltensökonom Joachim Goldberg: Unter dem Strich haben sich institutionelle und private Investoren mit der heutigen Befragung in ihrer Stimmung wieder einander angenähert. Der auffallend hohe Bestand an neutral gestimmten Akteuren mag mancherorts zu einem Vergleich mit der Situation einladen, wie sie am 5. Februar 2020 vorherrschte, als diese Gruppe zuletzt einen so hohen Stand aufwies. Allerdings mit einem Unterschied: Die Stimmung insgesamt war damals – zwei Wochen vor Beginn des Corona-Crashs – mit einem Sentiment-Index von +25 bedeutend positiver als heute, weswegen allein schon aus dieser Sicht ein Vergleich nicht zulässig scheint. Vielmehr manifestiert sich in der heutigen Befragung die Erwartung eines Sommerlochs, wobei sich das Börsengeschehen während der Monate Juli und August in den vergangenen drei Jahren volatiler präsentierte, als dies manch einem lieb gewesen sein mag. Der hohe Anteil an neutral gestimmten Akteuren in Kombination mit einem so gut wie richtungslosen Börse Frankfurt Sentiment-Index mag allerdings auch etwas anderes dokumentieren: Man ist sich über den weiteren Dax-Trend im Unklaren.

Auch wenn von den heimischen Investoren kein neuer richtungsweisender Impuls ausgehen mag, darf man die internationalen Fondsmanager als Impulsgeber nicht vergessen. Und bei denen stufen die Stimmungsanalysten das Risiko von Kapitalabflüssen höher ein als die Chance neuerlicher Kapitalzuflüsse.

Erfahrungsgemäß ist dies ein oft unterschätzter Faktor. Ohne ausländisches Kapital tut sich der Dax meistens schwer. Doch geht es bei der Beurteilung des Börsengeschehens nicht allein um unseren Leitindex, der im September von 30 auf 40 Werte erweitert wird. Das gezielte Stockpicking bleibt für aktiv-mutige Anleger ohnedies weiter interessant. Und wer in erster Linie ganz langfristig für seine Altersvorsorge investiert (Sparpläne), muss wegen schaukelnder Kurse nicht ins Grübeln kommen.