02.08.22
Das kann kein Mensch gebrauchen, schon gar nicht die Börsianer. Zunehmende Spannungen (verbunden mit Drohungen) zwischen China und den USA sorgen für Nervosität rund um den Globus. Doch ist die Taiwan-Frage nicht mit dem Ukraine-Konflikt vergleichbar. Ein Aspekt unter mehreren: Die beiden größten Großmächte kennen ihre Stärken und Schwächen, wissen damit auch, wo sie nicht unabhängig von politischen und Handelspartnern ihre Interessen vertreten können. Wichtig: Man ist im Konflikt nicht so unberechenbar wie Moskau. Dennoch wird die Weiterentwicklung der amerikanisch-chinesischen Beziehungen auch für die Kapitalmärkte zu einer Bewährungsprobe. Nur bricht deshalb an den Börsen nicht gleich Panik aus. Im Gegenteil, Aktienfans betrachten die moderate Unsicherheit vielleicht sogar als Gelegenheit, um seine Bestände weiter aufzubauen – mutmaßlich preisgünstig.
Die Experten des Analyse- und Ratinghauses liefern noch eine andere Erklärung für das Fehlen von Anlegerpanik: Portfolios sind heute mehr denn je durch unterschiedliche Programme gesteuert werden. Hierzu gehören in den USA beispielsweise das 401(k)-System sowie Model Portfolios oder auch Target Date Funds, die in Europa und Kanada nach wie vor beliebt sind. Investitionen in diese Vehikel erfolgen regelmäßig und automatisch, und die Strategien werden immer wieder neu ausbalanciert, um ihre festgelegten Anlagerichtlinien einzuhalten. Von kurzfristigen, taktischen Änderungen wird bekanntlich allgemein abgeraten. Und die meisten Anleger folgen dem Rat und verzichten auf zu hektische Portfolioanpassungen, beobachtet Morningstar.
Sollte sich dieses Bild nicht wesentlich ändern, lassen meine Sorgen wegen eines wieder nachlassenden Aktieninteresses in Deutschland als Folge von Krisen, Kriegen und Katastrophen stark nach. Denn immer mehr Bundesbürger begreifen, wie wichtig und sinnvoll ein ganz langfristiges Aktieninvestment ist – auch in brisanten Zeiten.