11.08.22
Die Börse liebt Überraschungen – aber nur, wenn sie positiv sind. Gestern gab es eine und dazu die spontan feste Kursreaktion an den Aktienmärkten: „US-Inflationsdaten überraschen“, war die typische Schlagzeile. Wer genauer hinschaut, erkennt aber die Unterschiede in der Bewertung (je nach Bank, Volkswirt oder Fondsmanager): Die einen sagen, die US-Inflationsrate gibt „leicht“ nach – auf + 8,5 % im Juli nach + 9,.1 % im Vormonat. Also doch „deutlich“ niedriger, wie es an anderer Stelle zu Recht heißt. Der „unerwartet deutliche“ Rückgang der US-Inflationsrate dämpft die Zinserhöhungserwartungen. Entgegen einem breiten Experten-Konsens ist auch ein Anstieg der Kerninflation ausgeblieben. Eine knappe Mehrheit der Marktteilnehmer rechnet wegen der leichten Entspannung nun nicht mehr mit einem großen Zinsschritt der Federal Reserve in Höhe von 75 sondern 50 Basispunkten im September.
Trotz der seit Wochen robusten Börsenverfassung traue ich der Kursentwicklung noch nicht. Natürlich ist die Inflation nicht nur „zu hoch“, sondern sie ist immer noch „viel zu hoch“. Und jeder Anleger muss sich bei der Suche nach Alternativen zur Aktie fragen, ob er sein Geld dorthin tragen soll, wo ihn Kaufkraftschwund erwartet – durch Negativrenditen (= Nominalzinsen minus Inflation). Deshalb plädiere ich auch immer wieder für Vorsicht gegenüber kurzfristigen Nachrichten. Aktuell geht es doch nicht nur um das Thema Inflation und Zinspolitik der großen Notenbanken. Denn alle gravierenden Konflikte, Krisen und Katastrophen sind nach wie vor auf dem Tisch: An den Aktienmärkten ist alles möglich – innerhalb kürzester Zeit. Und von Hochstimmung bei Dax & Co. ist heute (zumindest bis Mittag) nichts mehr zu spüren