Europa sammelt weitere Pluspunkte

 13.12.22

Zu schön, um wahr zu werden? Die Agenturmeldung könnte wie ein Fantasieschub wirken. Auch für die Börse: „Präsident Selenskyj wendet sich mit einer Botschaft an den Kreml. Sollte Russland ab Weihnachten seine Verbände aus der Ukraine abziehen, würde das zur Einstellung der Kampfhandlungen führen, so der Staatschef. Zunächst rechnet Selenskyj aber damit, dass der Kreml seine Luftangriffe fortsetzen wird.“ Ein absehbares Ende des Kriegs, die unverzügliche Aufnahme von Friedensverhandlungen, ein Wiederaufbau der Ukraine und ihrer Wirtschaft – die Welt würde eine andere. Und Europa bekäme eine großartige Chance, seine Position im globalen Wettbewerb zu stärken.

Dabei sieht es schon jetzt etwas günstiger aus als monatelang erwartet. Das belegen jedenfalls aktuelle Wirtschaftsdaten und -vorhersagen. Dazu gehört der leichte Rückgang der November-Inflationsrate von 10,4 auf 10,0 Prozent. Nur ist diese Abschwächung im Grunde nichts Neues, sondern entspricht exakt der bereits vor Tagen gemeldeten vorläufigen Zahl. Erfreulich ist, keine Frage, der erneute Anstieg der Konjunkturerwartungen. Die entsprechende ZEW-Indikator stieg in der aktuellen Umfrage zum dritten Mal in Folge seit September 2022. Die Einschätzung der konjunkturellen Lage für Deutschland verbessert sich ebenfalls erneut. Stellungnahme der Mannheimer Forscher: Der Konjunkturausblick für Deutschland hat sich somit in den letzten zwei Monaten erheblich verbessert. Die vom ZEW monatlich befragten Finanzmarktexperten gehen mit großer Mehrheit von einem Rückgang der Inflationsrate in den nächsten Monaten aus. Zusammen mit der zwischenzeitlichen Entspannung an den Energiemärkten führt dies zu einer klaren Verbesserung des konjunkturellen Ausblicks. Die Erwartungen der Finanzmarktexperten an die Konjunkturentwicklung in der Eurozone verbessern sich im Dezember ebenfalls deutlich.

Auch wenn es die Verbraucher andererseits nicht gerne lesen: Gestiegener Preise für Energie und Vorleistungen allein erklären nicht das Ausmaß der Inflation in Deutschland. Vielmehr scheinen Unternehmen in einigen Wirtschaftszweigen die Preissteigerungen laut Ifo-Angaben dazu genutzt zu haben, ihre Gewinne auszuweiten. Das gilt vor allem für den Handel, die Landwirtschaft und den Bau. Nach Corona hatten private Haushalte hohe Ersparnisse angesammelt. Diese wurden im Jahr 2022 aufgelöst und haben die Konsumnachfrage befeuert. Auch die Entlastungen durch die Regierung dürften dazu beigetragen haben, die Nachfrage zu stützen und damit Spielräume für Preisanhebungen zu erweitern. So soll es sein, das ist volkswirtschaftlich sinnvoll. Jedenfalls hat Europa für seine Aktienanleger ein paar Pluspunkte gesammelt.