Selbst alte Hasen wundern sich manchmal über die unberechenbar gewordenen Märkte – das betrifft nicht nur die Aktien –, deren kurzfristige Schwankungen auch die Einschätzung der kommenden Wochen und Monate erschweren. Deshalb habe ich diesmal meinem Bauchgefühl bis kurz vor Abgabeschluss Zeit gegeben, nachdemsich die Kurse auf beiden Seiten des Atlantiks gestern mehrfach drehten. Wer das tägliche Jo-Jo mit Tendenz abwärts nicht mit Gelassenheit verfolgen kann, sollte weiter zuschauen bis sich eine Trendwende abzeichnet. Wann wird dies sein? Keiner weiß das. Trotzdem verstehe ich auch die kühnen Ritter, die das mittlerweile erreichte Dax-Niveau für tief genug halten, um wieder anzugreifen.
Es ist die Art und Weise der Abwärtsbewegung, die auch manchen erfahrenen Händler überrascht. Gestern habe ich es hautnah erlebt, wie auf dem Frankfurter Parkett vorsichtig Hoffnung auf Bodenbildung keimte. Und so teilten meine Gesprächspartner nicht unbedingt die These, weitere Abschwächung bis 8.500 oder noch darunter sollte man einkalkulieren. Aber schon wenig später begann sich der Dax weiter abzuseilen. Nachmittags herrschte dann so etwas wie Ausverkaufsstimmung, abends dann zeitweise mehr als 3 Prozent minus (außerbörslich), und vor dem Schlafengehen ausgehend vom Ab und Auf der Wall Street einmal mehr Signale der Stabilisierung.
Man kann die Belastungsfaktoren durchaus unterschiedlich gewichten (Konjunkturängste, geopolitische Krisen, Ebola-Sorgen usw.) – selbst gute Unternehmensnachrichten spielen zurzeit nicht die ihnen zustehende Rolle. Denn, wie ein alter, rustikaler Händlerspruch lautet: „Die Börse muss sich erst einmal richtig auskotzen!“
Erstaunliches auch im wöchentlichen Stimmungsbericht von der Frankfurter Börse, der gestern resümierte: „Der Dax fällt, die Anleger bleiben. Das ist zumindest der Eindruck, den unsere heutige Stimmungserhebung bei 900 aktiven Anlegern hinterlässt.“ Denn deutsche Bluechips haben sich seit vergangenem Mittwoch nochmal 230 Dax-Punkte verbilligt. Die Anzahl optimistischer institutioneller Anleger ist konstant geblieben und von den privaten Investoren haben nur 1 Prozent die Segel gestrichen. Darüber hinaus sind jeweils 2 Prozent der Short-Positionen geschlossen worden. Der Börse Frankfurt Sentiment bleibt jedenfalls mit +12, bzw. +18 Punkten klar „bullish“.
So fragt sich auch der bekannte Behavioral-Finance-Experte Joachim Goldberg, woher die mittelfristig agierenden Investoren die innere Stärke nehmen, sich fast regungslos gegen den zumindest kurzfristig abwärts gerichteten Trend des Dax zu stellen. Sowohl fundamentale Nachrichten zur Konjunktur, als auch technische Signale skizzierten ein düsteres Bild. Der verhaltensorientierte Analyst vermutet, dass sich die in der Vorwoche identifizierte Grundhaltung nicht verändert habe. Die zum Teil bereits vor einem Monat eingegangenen bullishen Engagements lägen immer noch im Minus, einige der Einstandspreise könnten sehr weit vom derzeitigen Kursniveau entfernt liegen. Da allerdings die ausländischen Investoren weiter den Markt verlassen würden, drohe, „dass die heimischen Investoren doch noch die Geduld verlieren, kapitulieren und sich von ihren schal gewordenen Engagements verabschieden."
Thomas Müller fürs vierte Quartal optimistisch
Einer macht Mut: „Im vierten Quartal sind wieder deutlich steigende Kurse wahrscheinlich, die den Auftakt für ein wunderbares Aktienjahr 2015 bedeuten sollten. Dem Dax könnte damit um die Jahreswende herum die endgültige und eindeutige Eroberung der 10.000er Marke gelingen, während im Dow Jones für die nächsten zwölf Monate 20.000 Punkte auf der Agenda stehen“, schreibt Herausgeber Thomas Müller in der soeben erschienenen neuen Ausgabe des „boerse.de-Aktienbrief“ (ich empfehle unbedingt ein Probe-.Abo). Und die Langfrist-Hausse dürfte noch einiges an (positivem Überraschungs-)Potenzial zu bieten haben. Denn: „Die Börsen befinden sich in der Anfangsphase einer neuen Aktien-Ära.“ So hat der Dow Jones erst im März 2013 mit dem Überbieten der Höchstkurse von 2007 die seit dem Jahr 2000 dominierende Seitwärtsphase nach oben auflösen können. In diesen 13 Jahren verbesserte sich der weltweit bekannteste Aktienindex um lediglich 1,5% jährlich, was gerade einmal einem Viertel der historischen durchschnittlichen Kurs-Rendite von 6% p.a. entspricht. Dem Dax gelang erst im Mai 2013 der Break über die 8.000er-Zone, womit hier eine 13-Jahres-Phase beendet wurde, für die sich eine Null-Rendite ergibt!
Die Vision vom Müller: „Ich rechne damit, dass die Hochs dieses Jahrzehnts im Dezember 2019 markiert werden, und bis dahin kann der Dow Jones 30.000 Punkte erreichen (+76%). Im Dax ist sogar eine Verdoppelung auf 20.000 Punkte möglich. Das klingt zwar spektakulär, doch damit würde sich über einen Zeitraum von 19 Jahren eine Rendite von gerade mal 4,7% p.a. im Dax und 5% p.a. im Dow Jones ergeben.“
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