Anlegerverhalten: Stimmungsschwankungen dürfen nicht abschrecken

28.05.15

Kursschwankungen – das entscheidende Argument für die meisten Sparer, die nicht einsehen wollen, dass Aktien das beste Investment sind. Gerade jetzt stecken wir wieder einmal in einer Orientierungsphase mit einem täglichen Wechselbad der Gefühle: Was eben noch gesagt und durch die Medien verbreitet wird, stimmt oft schon nicht mehr, wenn man es liest. Deshalb appelliere ich ja immer wieder an die längerfristig orientierten Anleger – das gilt nicht für die kurzfristigen Trader –, sich nicht von Tagesaktualitäten irritieren zu lesen. Trotz der gestiegenen Volatilität bleiben unsere wichtigsten Aktienmärkte in einer guten Verfassung.

Bestes Beispiel der zurückliegenden Wochen ist die leidige „Grexit“-Diskussion. Ein von der Börse längst abgehaktes Thema gewinnt durch seine schier endlose Verlängerung wieder entscheidend an Stellenwert – natürlich befeuert durch die Medien. Selbst auf der anderen Seite des Atlantiks wird man unruhig. So viel Stoff wie die offiziellen Äußerungen und Expertenprognosen über „Griechenland und die EU“ liefert nicht einmal die addierte Geldpolitik von EZB und Fed. Und bei den Wirtschaftsdaten gibt es zwar viele Fragezeichen, doch ist das für Anlagestrategen eigentlich normal, relativ unspektakulär.

Rückblickend sprach Sentiment-Analyst Joachim Goldberg in seinem gestrigen Frankfurter Report von einem „dramatischen Stimmungswechsel" und einer „Flucht der Bullen aus deutschen Aktien“. 17 Prozent der professionellen und 8 Prozent der privaten Anleger haben nämlich seit vergangenem Freitag ihre Dax-Aktien verkauft, 10 Prozent bzw. 5 Prozent sind short gegangen. Nur: Als der Bericht veröffentlicht wurde, präsentierte sich unser Aktienmarkt schon wieder stark erholt.

Per Saldo zeigt die jüngste Sentiment-Erhebung an der Frankfurter Börse, dass sich unter den Börsianern Angst breitgemacht hat. Dass die mit dem Hellas-Drama zusammenhängenden Kursverluste nicht größer ausgefallen sind, ist wahrscheinlich dem Umstand zu verdanken, dass das langfristige Kapital (auch aus dem Ausland) dem Dax noch nicht den Rücken gekehrt hat. Wenn sich indes die Furcht der mittelfristigen Anleger vor einer weiteren Abwärtskorrektur des Dax nicht bewahrheiten sollte, müssten die neuen bearishen Positionen möglicherweise sogar mit Verlust wieder eingedeckt werden. Goldbergs Fazit: Wenn es Überraschungen für den Dax geben sollte, dürften sich diese mit großer Wahrscheinlichkeit in Form steigender Kurse niederschlagen.

Ich bleibe bei meiner Position: Es ist nicht hilfreich, ständig über die diversen wirtschaftlichen Unsicherheitsfaktoren, die volkswirtschaftlichen Probleme durch die Draghi-Politik und die globalen Blasen-Risiken zu lamentieren. Die Kurse sind die einzig objektive Diagnose des Börsengeschehens. Und wem die Schwellenländer zu weit weg sind, wer dem China-Aktienboom nicht mehr traut und wer die Indien-Euphorie als beendet ansieht, dem rate ich nach wie vor zu einer Übergewichtung von Dax und Dow in einem gut sortierten Depot.

Eine aktuelle Meldung am Rande, die meinen „Home Bias“ unterstützt: Deutschland gehört für Investoren zu den drei attraktivsten Standorten weltweit. 21 Prozent sehen Europas größte Volkswirtschaft ganz vorn, ergab eine am Mittwoch veröffentlichte Umfrage unter Managern von 808 internationalen Unternehmen. Die Zustimmung kletterte damit im Vergleich zum Vorjahr um drei Punkte, wodurch Deutschland einen Platz nach vorn rückte. Weltweit schneiden nur China (38 Prozent) und die USA (35 Prozent) besser ab. Als nächstes europäisches Land folgt Großbritannien (9 Prozent) auf dem achten Platz.

Neuer „boerse.de-Aktienbrief“: Was die Rentenblase bedeutet

Die soeben erschienene neue Ausgabe des „boerse.de-Aktienbrief“ möchte ich mit Nachdruck empfehlen, enthält sie doch viele ganz konkrete Aktienempfehlungen mit entsprechenden Analysen und Begründungen. Herausgeber Thomas Müller gibt in seinem Editorial einen richtungsweisenden Vergleich zwischen Anleihen und Aktien, den ich ausdrücklich unterstütze: Eine ganze Generation von Anlegern und Fondsmanagern kennt nur fallende Zinsen, also steigende Anleihekurse. Ein aufwärtsgerichteter Zinszyklus wird Anleihebesitzern aber über Jahrzehnte hinweg Kursverluste bescheren, womit beste Chancen bestehen, dass dadurch ein Umdenken in Richtung Aktie stattfindet. Das ist Zukunftsmusik, doch die jüngsten Zinsturbulenzen deuten an, wie gefährlich die Anleihemärkte mittlerweile geworden sind. Bedenken Sie: Wir befinden uns inmitten der größten Anleiheblase aller Zeiten, die – wie jede Blase – platzen wird. Denn eine Bond-Rendite von 1% bedeutet ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 100, und wenn die Rendite auf 2% steigt, beträgt das Anleihen-KGV noch immer 50! Dem stehen in der Masse Aktien-KGVs zwischen 10 und 20 gegenüber, bei Dividendenrenditen von 2% bis 3%. Müllers Fazit: „Die Aktienkurse sind nur optisch hoch, denn im Vergleich zu Anleihen waren Aktien noch niemals so billig wie 2015. Unsere Champions-Aktien bieten deshalb das denkbar beste Chance-Risiko-Verhältnis und eröffnen gleichzeitig für die nächsten Jahre herausragende Gewinnchancen!“

Machen Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!