Börsen-Baisse (2): Droht ein Schrecken ohne Ende?

14.01.16

Ich gratuliere den Crash-Propheten – an einen Schrecken ohne Ende will ich aber nicht glauben! Man mag sich immer öfter darüber wundern – eigentlich fast täglich –, wie Marktteilnehmer und Medien die aktuelle Kursentwicklung analysieren und kommentieren. Eifrig auf der Suche nach negativen Faktoren gibt es reihenweise Widersprüchliches. Aber, kein Zweifel, die Marktlage hat sich weiter verschlechtert. Das erinnert mich an einen Händlerspruch aus der Zeit, als Börse noch Börse war: „Die Märkte müssen sich erst einmal richtig auskotzen, bevor es wieder aufwärts gehen kann.“

Was mich am meisten erstaunt, ist die hohe Korrelation der Aktienkurse. Denn seit dem vergangenen Jahr ist doch verbreitete Meinung, dass ähnlich wie Konjunktur, Unternehmensgewinne und Zinsen auch bei den Aktienkursen eine stärkere Differenzierung angesagt ist. Bestes Beispiel: Internationale Strategen werden nicht müde, auf europäische Börsen (ich bevorzuge deutsche) zu setzen, seit einiger Zeit ist auch Japan so etwas wie ein Co-Favorit institutioneller Investoren. Dagegen gilt die Wall Street als unattraktiv, zumal schon relativ hoch bewertet. Momentan erleben wir aber wieder Gleichklang. US-Aktien leiden neben der Erwartung generell sinkender Firmengewinne unter zu viel (!) Öl, und das schwappt rund um den Globus. Wieso sollen wir aber mitleiden? Deutschland hat keine großen Ölproduzenten – wir profitieren doch per Saldo von billiger Energie. Und trotz unterschiedlicher Prognosen halten die Baissiers jederzeit China bereit.

Kurios ist dann zu beobachten, dass ein schwächerer Euro für unsere Aktien meist als bullischer Faktor genannt wird (wegen der Vorteile für den Export) – ein albernes Argument angesichts der eher geringen Bewegungen. Aber selbst darauf kann man sich nicht verlassen, denn anderntags spricht keiner darüber. Zuletzt wieder einmal das Gegenteil: Ein etwas festerer Euro = schlecht für die Aktienkurse.

Nicht eindeutig zu interpretieren ist auch die aktuelle Stimmungslage, wie sie durch Sentiment-Analysten an der Frankfurter Börse einmal wöchentlich ermittelt wird. Fazit nach der gestrigen Umfrage: Ausdauer statt Reißleine beweisen die mittelfristig orientierten, hiesigen Anleger – trotz der heftigen Schwankungen und des deutlichen Einbruchs. Immerhin rechnen 9 Prozent der institutionellen Investoren auf 30-Tagessicht nicht mehr mit fallenden Preisen und haben verkauft, 3 Prozent sind short gegangen. Der Sentiment-Index dieser Anlegergruppe liegt aber immer noch bei +37 Punkten und damit deutlich im bullischen Bereich. Von den privaten Anlegern haben sich 3 Prozent von ihren Aktien getrennt und 10 Prozent sind jetzt short. Der Sentiment-Index steht bei +14 Punkten und damit zwar unter dem der professionellen Anleger, aber auch die privaten Investoren sind weiter mehrheitlich optimistisch.

Erläutert der mit dieser Erhebung beauftragte Verhaltensökonom Joachim Goldberg: „Trotz des nunmehr zurückgegangenen Optimismus der von uns befragten Akteure bleibt die Situation für den Dax belastend. Denn im Durchschnitt sind 55 Prozent aller Marktteilnehmer immer noch bullisch, weswegen im Falle einer erneuten Verkaufswelle gute Nachfrage aus heimischen Quellen nur in beschränktem Umfange zur Verfügung stehen dürfte. Es sind auch die heimischen Börsianer, die dem Börsenbarometer aus heutiger Sicht spätestens bei einem Anstieg um etwa 5 Prozent prompt einen Deckel verpassen dürften.“

Rückblickend heißt es dagegen in einem aktuellen Bericht von UBS, Anleger ließen sich im Dezember von der Talfahrt des Dax nicht entmutigen. Obwohl der Leitindex im vergangenen Monat mehr als 5 Prozent verlor, handelten Investoren vergleichsweise offensiv. Dies zeigt die aktuelle Auswertung des UBS Investor Sentiment Index. Er misst, wie risikobereit Käufer von UBS Discount-Zertifikaten auf den Dax agieren. Im Dezember lag der durchschnittliche Cap der gewählten Discounter 5,28 Prozent unter dem jeweils aktuellen Dax-Stand – im Vormonat waren es 11,96 Prozent gewesen. Die Investoren agierten damit im Dezember offensiver als im Durchschnitt der vergangenen zwölf Monate.

Übrigens sind ein Drittel der Privatanleger in Deutschland der Ansicht, dass Kapitalschutz-Zertifikate ihnen in der gegenwärtigen Marktphase am interessantesten erscheinen. Rund ein Viertel spricht sich in diesem Kontext für Aktienanleihen aus. Knapp 16 Prozent geben an, dass sie im aktuellen Marktumfeld zu Discount-Zertifikaten tendieren. Bonus-Zertifikate sind für 15 Prozent der Umfrageteilnehmer die augenblicklich attraktivste Anlagekategorie. Immerhin noch 11 Prozent präferieren derzeit Express-Zertifikate. Somit sprechen sich mehr als 66 Prozent für Anlageprodukte ohne 100-prozentigen Kapitalschutz aus. Das sind die Ergebnisse der Trend-Umfrage des Deutschen Derivate Verbands (DDV) im Januar.

Warten bis die Trendpfeile nach oben zeigen

Mein Kollege Jochen Appeltauer, Chefredakteur des „boerse.de-Aktienbrief“, erläutert in der neuesten Ausgabe noch einmal die Grundzüge der Performance-Analyse, welche die Basis bildet, aus allen weltweit börsennotierten Aktien die 100 Werte mit den langfristig vielversprechendsten Chance-Risiko-Profilen herauszufiltern („Champions-Aktien“). Die richtige Titelauswahl sei aber nur ein Aspekt der seit mittlerweile 14 Jahren erfolgreichen Anlagestrategie im boerse.de-Aktienbrief: „Weitere Pfeiler sind das Timing und die Steuerung der Investitionsquote. Grundsätzlich empfehlen wir im Aktienbrief, immer nur in Aufwärtstrends zu investieren. Dabei ermitteln wir den vorherrschenden Trend stets mithilfe der 200-Tage-Linie (GD). Durch den jüngsten Rücksetzer an den Börsen notiert nun auch die Mehrheit unserer Champions unter diesem langfristigen GD und befindet sich deshalb in Abwärtstrends. Dementsprechend sollte mit Neu-Einstiegen noch abgewartet werden, bis die Trendpfeile wieder nach oben drehen.

Derzeit empfiehlt auch unser Champions-Oszillator, den Ball eher flach zu halten. Dieser Indikator zeigt uns, wann besser Gewinne mitgenommen werden sollten und wann es wieder Zeit für große Einkaufstouren ist. Aktuell signalisiert der Champions-Oszillator beispielsweise, dass Langfristanleger rund zwei Drittel ihres Kapitals als Cash halten und nur mit einem Drittel in Champions-Aktien investiert sein sollten.


Machen Sie trotzdem weiter mit – und machen Sie’s gut!