Konjunkturdiskussion: Geldpolitik zwischen Hoffnungen und Warnungen

10.03.16

Eines ist sicher: Auch nach den heutigen EZB-Beschlüssen bleibt es spannend, weil unsicher – nicht nur für die Finanzmärkte. Wenn Sie diese Zeilen lesen, geschätzte Anleger, sind ihnen die Ergebnisse sicher schon bekannt. Egal, wie sie ausfallen und wie dann die spontane Reaktion der Börsen sein wird – bleiben Sie vorsichtig und misstrauisch, denn die weltwirtschaftlichen Perspektiven sind diffus und voller Risiken. Ich gehe davon aus, dass auch Mario Draghi selbst dies zum Ausdruck bringen wird. Das heißt aber nicht, dass sich aktive Anleger weiter völlig zurückhalten sollten. Ich würde allerdings selbst bei verbesserter Marktstimmung mit einer neuen Aufwärtsbewegung der Kurse nicht sofort alles Pulver verschießen. Außerdem geht es mir um die konsequente Risikobegrenzung gleich beim Kauf – Sie kennen mein Lieblingsthema.
Wie war die Ausgangslage im Umfeld der Frankfurter Börse laut Wochenbericht der Verhaltensanalysten? Insbesondere professionelle Anleger haben angesichts der EZB-Sitzung eine pessimistische Position bezogen – was hilfreich sein könnte für den deutschen Aktienmarkt. Etliche Bullen haben wieder einen Rückzieher gemacht und sich zu den Bären gesellt. 11 Prozent der institutionellen Anleger sind seit Mittwoch der vergangenen Woche aus ihren Dax-Aktien raus und 10 Prozent in Short-Engagements hinein gegangen. Der Sentiment-Index fiel deutlich auf +1 Punkt. Von den Privatanlegern sind 5 Prozent nicht mehr long und 7 Prozent der Befragten stehen jetzt auf der Bärenseite. Das hält den Sentiment-Index dieser Anlegergruppe im positiven Bereich bei +30 Punkten.

Mindestens ebenso interessant wie die Beschlüsse unserer Währungshüter werden die anschließenden Erläuterungen und vor allem die neuen Schätzungen zur Inflationsrate und dem Wirtschaftswachstum. Es ist davon auszugehen, dass beide mehr oder weniger stark abwärts korrigiert werden. Ich gehöre zwar nicht zum Lager der Wachstumspessimisten, kann aber natürlich nicht ausschließen, dass die Rezessionswarner Recht behalten werden. Was aber, wenn dann Fed und (!) EZB unter dem Druck der Finanzwirtschaft im Jahresverlauf einen geldpolitischen Kurswechsel einleiten mit dem Effekt langsam steigender Zinsen? Dann wäre zumindest denkbar, dass die marktbestimmenden institutionellen Großanleger ihre Mittel zunehmend in die Bondmärkte umleiten – mit welchen Folgen für die Aktienkurse? Nun, dass sind bisher nur vage Gedanken.

Jedenfalls ist die Kritik an den Notenbanken inzwischen heftiger und hörbar lauter geworden. In seiner neuesten Ausgabe der „Carmignac's Note“ meckert der prominente französische Fondsmanager Didier Saint-Georges ziemlich heftig: „Angesichts der Gehaltlosigkeit des Schlusskommuniqués des G20-Gipfels in Shanghai haben wir den Eindruck, dass sich Zentralbanken wie auch Regierungen und in ihrem Gefolge zahlreiche Anleger weiterhin verhalten wie Schlafwandler: Sie gehen voran, ohne die Tragweite des sich vollziehenden Umbruchs zu erfassen. Im Bemühen, Konjunkturzyklen zu eliminieren, haben die Zentralbanken massive Ungleichgewichte erzeugt, aber es lediglich geschafft, den Zyklus zu verzögern. Heute stellt daher das Aufeinanderprallen des Konjunkturzyklus mit einem seit sieben Jahren kumulierten Ungleichgewicht das bedeutendste Risiko für die Märkte dar.“
Währungsabwertungen und zunehmende Kreditausfälle im Zuge von Insolvenzen werden neben Deflation und einer weiter wachsenden Verschuldung im laufenden Jahr das wirtschaftliche Geschehen rund um den Globus bestimmen. Als Folge davon droht die Weltwirtwirtschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit eine ausgeprägte Wachstumsschwäche, eventuell könnte sie sogar in eine Rezession rutschen. Zu dieser Einschätzung kommen die Experten des britischen Asset-Managers Legal & General Investment Management (LGIM). Und die Vordenker der DZ Bank haben mir heute ihre Sorgen über die Zukunft der großen Schwellenländer geschildert, die ja Rohstoffexporteure sind und haben folglich in den letzten Quartalen massiv unter dem Preisverfall ihrer Hauptexportgüter gelitten haben. Wörtlich heißt es: „Insgesamt haben sich zuletzt die Sorgen gemehrt, dass die Schwächephase, die die Mehrheit der Emerging Markets derzeit durchlaufen, unter Umständen länger dauern und auch für den Rest der Welt größere negative „Spill-over“-Effekte haben könnte als bisher gedacht.“

Aktienbrief-Team erstellt neuen Dividendenreport

Meine Kollegen vom Börsenverlag bleiben auf der optimistischen Seite. Dazu schreibt Jochen Appeltauer, Chefredakteur des „boerse.de-Aktienbrief“: Selbst wenn heimischen Sparern Negativzinsen erspart bleiben sollten, lässt sich mit Bankeinlagen oder Bundesanleihen heute kein Vermögen mehr aufbauen. Als einzig sinnvolle Alternative bleiben eigentlich nur Sachwerte wie Aktien übrig. Wichtig: Grundsätzlich empfehlen wir dabei im boerse.de-Aktienbrief ausschließlich unsere sogenannten Champions als vernünftige Basis-Investments. Denn diese 100 Qualitätswerte entwickeln sich schon seit mindestens zehn Jahren bei weniger sowie vergleichsweise überschaubareren Rücksetzern deutlich besser als die breite Masse an Aktien. Angenehmer Nebeneffekt: Mit der Suche nach unseren Champions filtern wir automatisch auch einige der besten Dividendenaktien der Welt heraus. Passend zu diesem brandaktuellen Thema erstellt das Aktienbrief-Team übrigens gerade einen neuen Dividendenreport, den alle Aktienbrief-Leser von uns kostenlos erhalten werden.
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