06.06.16
„Brexit“ hat
beste Chancen, zum (Un-)Wort des Monats Juni gewählt zu werden.
Dieser Begriff verfolgt uns jetzt schon mit zunehmender Intensität.
Mindestens bis zum britischen Referendum am 23. Juni überschattet
die Brexit-Diskussion den politischen und wirtschaftlichen Alltag –
und nicht zuletzt die Finanzmärkte. Der mögliche Ausstieg der
Briten aus Europa hat sich zum gefährlichsten Risikofaktor für die
Börsen entwickelt. Dennoch ist das Thema für wagemutige Investoren
zugleich ein prickelnder spekulativer Anreiz.
Wie sensibel die
Märkte angesichts der politisch-wirtschaftlichen Zusammenhänge mit
ihren kaum absehbaren Folgen im Falle eines Ausscheidens aus der
Union geworden sind, hat die vergangene Woche mit ihrer heftigen
Reaktion auf weitere Meinungsumfragen gezeigt. Ist die Mehrheit der
Briten inzwischen tatsächlich dafür, also für den Brexit? Bleibt
es bei einem Kopf-an-Kopf-Rennen bis zum Schluss? Betont vorsichtige
Anleger werden da nicht mitwetten, sondern sich wieder einmal auf die
Tribüne begeben. Man kann jedoch auch versuchen, die Unsicherheit
spekulativ auszunutzen.
Die sieben großen
Industrienationen (G7) haben sich ausdrücklich für einen Verbleib
Großbritanniens in der Europäischen Union ausgesprochen. Ein Brexit
wäre eine „ernste Gefahr" für das wirtschaftliche Wachstum,
warnten die Staats- und Regierungschefs zum Abschluss ihres Gipfels
in Japan. Damit stärkten sie Premierminister David Cameron den
Rücken. Das britische EU-Referendum stellt eine Zerreißprobe dar –
nicht nur für die Briten, sondern auch für die E(W)U.
So warnen
internationale Volkswirte angesichts des schwachen
Wirtschaftswachstums vor den Gefahren einer hohe Arbeitslosigkeit und
damit auch vor sozialer und politischer Instabilität, wenn ein
EU-Austritt das derzeit zerbröselnde Europa weiter schwächen würde.
Deshalb ist natürlich auch Mario Draghi besorgt. Stirnrunzeln
ebenfalls auch auf der anderen Seite des Atlantiks, weil die
US-Notenbank bekanntlich über eine baldige Zinsanhebung nachdenkt.
Die mit dem britischen Votum verbundene Unsicherheit mache die
Zinsentscheidung der Fed am 15. Juni schwieriger, sagte der Chef der
US-Notenbankfiliale Chicago, Charles Evans, am Freitag in der
britischen Hauptstadt. Die Notenbank sei gleichwohl bereit, eine
Anhebung noch in diesem Monat zu erwägen.
Ich kann mir gut
vorstellen, dass die führenden Aktienmärkte unabhängig von
US-Zinsentscheid und neuen Konjunkturindikatoren bis zum
Volksentscheid keine klare Richtung einschlagen, sondern eher hin und
her pendeln werden – je nach Nachrichtenlage. Besonders nervös
dürfte aber der Devisenhandel verlaufen, weil hier die Äußerungen
bzw. Beschlüsse von Notenbanken ein noch stärkeres Gewicht
besitzen.
Wenn es stimmt, was
aus London berichtet wird, dann bekommt die Entscheidung der Briten
noch eine schier unglaubliche Komponente im kurzfristigen Handel:
Hedgefonds wollen angeblich mit Brexit-Umfragen Kasse machen. Ein
EU-Austritt Großbritanniens könnte ja zu dramatischen
Kursbewegungen an den Finanzmärkten führen. Wer frühzeitig das
Abstimmungsergebnis kennt, kann viel Geld verdienen. Das wollen
Spekulanten nutzen. Londons Hedgefonds-Industrie plant am Tag des
EU-Referendums eigene Wählerbefragungen durchführen zu lassen, um
von der EU-Entscheidung finanziell zu profitieren. Die Fonds hoffen,
in der Nacht vom 23. auf den 24. Juni Gewinne zu erzielen, indem sie
auf Basis der sogenannten „exit polls" kurzfristig Investments
tätigen. Die Hedgefonds profitieren dabei von einem Schlupfloch im
Regelwerk der Wahlkommission: Die Electoral Commission erlaubt
Wählerbefragungen, solange das Ergebnis nicht vor Schließung der
Wahllokale um 22 Uhr abends bekannt gemacht wird.
Nike-Aktionäre
können sich auf die EM und Olympia freuen
Jetzt beginnt aber
erst einmal Fußball-Europameisterschaft. Angesichts dieses
Großereignisses stehen auch wieder die Sportartikelhersteller im
Fokus der Anleger.
Aus deutscher Sicht
richtet sich der Blick zuerst auf den heimischen Branchenriesen
adidas. Für langfristige Anleger gibt es jedoch eine
Champions-Aktie, die auf jeden Fall die Betrachtung wert ist,
schreibt mein Kollege Christoph Scherbaum von der Redaktion
„Aktien-Ausblick“. Er hat den Weltmarktführer Nike im Auge.
Konkret: Zwar ist adidas im Fußball nach wie vor eine Macht, aber
bei den sonstigen Sportarten spielt adidas längst keine so große
Rolle, ganz im Gegensatz zur Champions-Aktie Nike.
Das dürfte im
weiteren Jahresverlauf noch für neue Impulse sorgen, wenn am 5.
August die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro eröffnet werden.
Solche sportlichen Großereignisse sind am ehesten dazu geeignet, das
Standing der Sportartikelhersteller zu unterstreichen. Hier dürfte
Nike wieder einmal alle anderen überragen. Aktionäre des
US-Konzerns wissen das schon seit Jahren – der Langfristchart
untermauert dieses eindrucksvoll.
Machen Sie also
weiter mit – und machen Sie’s gut!