Börsenprognosen: Sechs Fragen an das neue Jahr

17.01.18

Die meisten Börsenprognosen liegen längst auf dem Tisch – die Fachwelt ist für das neue Jahr mehr oder weniger optimistisch. Das gilt jedenfalls für Aktien. Aktuell sieht es aber anders aus. Zumindest bei den Privatanlegern herrscht Verkaufsstimmung, wie der Brokerage Index von Comdirect zeigt, der auf dem tiefsten Stand seit einem Jahr liegt. Seit drei Monaten schließen die Privatanleger immer mehr Positionen. Im vergangenen Monat hat das Institut einen regelrechten Ausverkauf beobachtet.

Ganz aktuell ist ein Jahresausblick „Sechs Fragen für 2018“ von Goldman Sachs Asset Management, den ich nicht unter den Tisch fallenlassen möchte. Schließlich ist GSAM einer der weltweit führenden Vermögensverwalter, hat also besonderes Gewicht. Vorab das positive Fazit: „Werden Aktien ihren aktuellen Höhenflug weiter fortsetzen? Das ist bei Weitem die häufigste Frage, die wir von Anlegern hören. Unsere Antwort lautet nach wie vor ‚Ja‘. Im historischen Vergleich sind die Bewertungen zwar hoch, doch das makroökonomische Umfeld für die Finanzmärkte ist äußerst positiv, und die Bewertungen sollten in diesem Kontext beurteilt werden. Dank der günstigen makroökonomischen Lage werden die Aktienmärkte unserer Ansicht nach 2018 auf neue Höchststände klettern.“




Nachstehend die sechs zentralen Fragen für 2018 mit den Schlussfolgerungen von GSAM für Investments (Antworten in Auszügen; am Ende in Klammern meine kurze Stellungnahme):

1. Hält das globale Wirtschaftswachstum an? Ja. Wir rechnen damit, dass die globale Expansion weiter voranschreitet und die weltweiten Aktienmärkte 2018 neue Höchststände erreichen werden. Anleger dürften sich aber mit mehr Risiken konfrontiert sehen: das sich abschwächende Wachstum, geldpolitische Maßnahmen der Zentralbanken und geopolitische Entwicklungen. Die Schwellenländer ex China sind vielversprechend und wir favorisieren weiterhin Anlagen aus den Schwellenländern gegenüber Anlagen aus Industrienationen. (Ich würde aus deutscher Sicht heimische Aktien weiter übergewichten).


2. Sind Aktien überbewertet? Nein. Wir halten Staatsanleihen aus den USA und anderen Industrienationen für überbewertet (volle Zustimmung).


3. Ist 2018 das Jahr, in dem die Straffungsmaßnahmen der Zentralbanken erstmals
eine Rolle spielen? Voraussichtlich. Anleger mögen sich über Änderungen der Anleihekaufprogramme von Zentralbanken sorgen. Für Volatilität dürften allerdings eher Leitzinserhöhungen verantwortlich sein. (Ich bleibe hier beim Fragezeichen, denn möglicherweise wird die Notenbankpolitik auch 2018 die Börsen nicht besonders beeinflussen, das gilt insbesondere für die Aktienmärkte).


4. Wo ist als Nächstes mit Turbulenzen zu rechnen? Basiskonsumgüter dürften 2018 weiter in die Defensive geraten. Die großen Onlinehändler gewinnen immer mehr Einfluss, wodurch die traditionell führenden Unternehmen des Sektors unter Druck geraten. Auf längere Sicht könnte es in praktisch jedem Wirtschaftssektor, in den wir investieren, zu Unwägbarkeiten kommen. Unter den anfälligsten Kandidaten ist der Automobilsektor, der in dieser Hinsicht den Basiskonsumgütern dicht auf den Fersen ist. Schlussfolgerung: Wir möchten in die Unternehmen investieren, die von Wandel profitieren können, und unsere Allokation in Unternehmen, die hierunter leiden, begrenzen. (Grundsätzliche Zustimmung, wobei es in den herausgestellten Sektoren durchaus namhafte Unternehmen gibt, die selbst den Wandel vollziehen oder zumindest diesen schon angekündigt haben – auch hier entsteht also Fantasie).


5. Welche Markttrends ergeben sich aus dem zunehmenden Einfluss von Big-Data?
Verbindungen zwischen Unternehmen, die nicht auf den ersten Blick offensichtlich
sind, können sich auf ihre Performance auswirken. Die Digitalisierung von Unterhaltung reicht von Softwareunternehmen bis hin zu konventionellen Ladengeschäften. Wir sind der Meinung, dass Anleger kritisch darüber nachdenken sollten, wer alles zur Konkurrenz- oder Vergleichsgruppe eines Unternehmens zählt und welche Marktthemen und langfristigen Änderungen zu Verbindungen zwischen ansonsten grundverschiedenen Unternehmen führen können. (Zustimmung, aber schwieriges Thema, das von den meisten Privatanlegern kaum nachvollzogen werden kann).


6. Wie sollen Anleger 2018 investieren? Anleger sollten sich auch außerhalb der traditionellen Anlageklassen umschauen und über den Tellerrand hinausdenken.

Die anhaltende Wirtschaftsexpansion begünstigt globale- und Schwellenländeraktien. Erhöhte Bewertungen sind positiv für aktive und alternative Ansätze auf traditionellen
Märkten. (Zustimmung. Ich möchte hier vor allem an die Core-Satellite-Strategie erinnern: Klassische Kernanlagen mit Sachwertcharakter, also Immobilien, Aktien und Edelmetalle, durch kleinere Anlagegruppen wie beispielsweise Ackerland, Holz, Diamanten, Kunst etc. ergänzen).


Machen Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!