Können sich Anleger nach den Nachrichten richten?

 07.12.21

Es ist wieder einmal Zeit für die Nachrichtenfrage. Denn die täglichen Lageberichte und Prognosen aus der Wirtschaft lesen sich momentan extrem volatil und uneinheitlich. Können das nützliche, geldwerte Nach-richten sein (wie es das Wort verspricht), also Informationen, nach denen man sich richten kann? Börsianer werden zweifeln – erst recht, wenn die Aktienkurse in eine andere Richtung gehen.

Der heutige Tag liefert eine ganze Reihe von unterschiedlichen Meldungen, die unterm Strich nicht etwa klare Orientierungshilfen bedeuten, sondern angesichts ihrer gegensätzlichen Vorzeichen die kurz- bis mittelfristigen Aussichten (also etwa bis Ende 2022) vernebeln.

Enttäuschend sind die Ergebnisse der monatlichen ZEW-Umfrage zur Konjunktur. Die besagen, dass die deutsche Wirtschaft spürbar unter den neuen Entwicklungen der Corona-Pandemie leidet. Nach wie vor bestehende Lieferengpässe belasten Produktion und Einzelhandel. Der Rückgang der Konjunkturerwartungen zeigt, dass die Hoffnung auf ein wesentlich stärkeres Wachstum im nächsten halben Jahr geringer wird. Besonders die Ertragserwartungen exportorientierter und konsumnaher Branchen werden schlechter beurteilt.

Ganz anders klingt eine Meldung aus dem Bundeswirtschaftsministerium: Die von erheblichen Materialengpässen geplagte deutsche Wirtschaft hat ihre Produktion im Oktober überraschend stark gesteigert. Industrie, Bau und Energieversorger stellten zusammen 2,8 Prozent mehr her als im Vormonat. Von Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem Wachstum von 0,8 Prozent gerechnet. Im September war die Produktion noch um 0,5 Prozent gefallen. Und was macht die in strukturellen Schwierigkeiten steckende und unter Chip-Problemen leidende Autobranche? BMW hat nach den Worten von Vertriebsvorstand Pieter Nota die Spitzenposition im Premiumsegment zurückerobert: „Wir gewinnen Marktanteile." Für das Gesamtjahr zeigte er sich zuversichtlich, ein solides Wachstum beim Absatz im Vergleich zu 2020 zu erreichen.

Ganz aktuell begründen Markteilnehmer die am Dienstag knackig feste Aktienbörse mit nachlassenden Sorgen über die Corona-Folgen bzw. die neu entdeckte Omikron-Mutante. Dazu kommen Jahresausblicke, die vorsichtshalber alle möglichen Plus-und Minusvorzeichen aneinanderreihen. Vielleicht ist anders ein Versuch der Prognose in dieser Zeit auch nicht möglich.

Ein Beispiel: Barry Gill, Head of Investments bei UBS Asset Management schreibt: Da sich die Wirtschaft nach dem Covid-Schock wieder normalisiert, müssen sich Anleger auf eine ganz andere Investitionslandschaft einstellen als in den letzten zehn Jahren. Sie brauchen ein neues Regelbuch, das ihnen hilft, Risiken einer möglichen strukturellen Inflation, nachlassender geldpolitischer Anreize und rückläufiger Wachstumsaussichten in China einzuschätzen. Es gibt aber auch Gründe, optimistisch zu sein: Die Industrieländer zeigen starkes Wachstum, und die meisten Anleger gehen in einer viel besseren Position in diesen Konjunkturzyklus als nach der globalen Finanzkrise.

Bleiben Sie zuversichtlich und mutig, geschätzte Anleger, zugleich aber auch wachsam und vorsichtig! Und rennen Sie nicht allen Nachrichten hinterher. Keine Nachricht, aber eine Warnung von mir sei „Lockdown“: Wenn der noch einmal bundesweit kommen sollte, kann man sich als Anleger danach richten – dann droht der Börse eine neue Baissephase.