Der vorsichtige Optimismus wird bestätigt
13.02.23
Die Nachrichtenlage bleibt gemischt. Immerhin sehe ich zum Wochenbeginn eine Tendenz zu vorsichtigem Optimismus, wenn man auf alle Ebenen blickt. Zwei Krisen und Katastrophen mit überregionaler Bedeutung ragen allerdings negativ heraus: Ukraine-Krieg und Erdbeben-Drama. Unter den nationalen Ereignissen wird man den Wahlausgang in Berlin man je nach Parteisympathie einstufen.
Wichtiger ist natürlich die globale Brille. Wirtschaftsexperten aus aller Welt blicken für 2023 eher verhalten auf die wirtschaftliche Entwicklung in ihren Ländern. Dies sind die Ergebnisse des Economic Expert Survey (EES), einer globalen vierteljährlichen Umfrage des Ifo-Instituts und des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik. Die Erwartungen für die einzelnen Länder ergeben eine durchschnittliche weltweite Wachstumsrate von 2,8 Prozent. „Eine globale Rezession wird damit nach Ansicht unserer Expertinnen und Experten weltweit zunehmend unwahrscheinlicher“, sagt Ifo-Forscher Klaus Gründler. Die Erwartungen liegen gegenwärtig rund 0,4 Prozentpunkte unter der globalen Wachstumsrate in den 10 Jahren vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Für die kommenden Jahre sind die befragten Expertinnen und Experten zuversichtlicher und erwarten für das nächste Jahr 3,3 Prozent und für 2026 sogar 3,8 Prozent Wachstum.
Positive Töne kommen auch aus Brüssel. Die Wirtschaft in der EU wird sich in diesem Jahr nach einer Prognose der EU-Kommission robuster entwickeln als zunächst erwartet. Die Brüsseler Behörde erwartet für die EU ein Wachstum von 0,8 Prozent, für die Euro-Staaten von 0,9 Prozent, wie aus der am Montag veröffentlichten Schätzung hervorgeht. Damit hebt die EU-Kommission ihre Erwartungen im Vergleich zum Herbst um 0,5 beziehungsweise 0,6 Prozentpunkte an. Sowohl in der EU als auch in der Eurozone wird demnach eine Rezession ausbleiben.
Die Experten der Deutschen Bank klingen vergleichsweise vorsichtig: Im heutigen Newsletter („Perspektiven am Morgen“) heißt es mit Blick auf die Wall Street: Die Luft für den S&P 500 wird dünner. Die Berichtssaison beschert bisher gemischte Ergebnisse und skeptische Analysten. Konkret: Zwei Drittel der Unternehmen des S&P 500 haben inzwischen ihre Ergebnisse zum vierten Quartal vorgelegt. Die Zwischenbilanz fällt uneinheitlich aus. Während die berichteten Umsätze im Schnitt 5,5 Prozent über dem Vorjahresniveau liegen, sind die Gewinne erstmals seit der Corona-Krise 2020 gefallen – um fast 4 Prozent. Der erwartete Margenrückgang wird also immer spürbarer. Neben erneuten Rückstellungen für Kreditausfälle von Banken waren insbesondere überraschend schwache Ergebnisse großer Technologie- und Digitalunternehmen verantwortlich für den Gewinnrückgang. Vorausschauend sind die Analysten seit Beginn der Berichtssaison skeptischer geworden: Für das laufende Quartal erwarten sie nun einen Gewinnrückgang um 6 statt um 2 Prozent; ihre Prognose für das zweite Quartal haben sie von minus 2 auf minus 5 Prozent gesenkt. Für das Gesamtjahr werden nur noch rund 1 Prozent Gewinnwachstum prognostiziert. Ergänzt der Deutsche-Bank-Chefanlagestratege Ulrich Stephan: „Sinkende Gewinne halte ich für nicht ausgeschlossen. Der Markt scheint diese Aussichten auszublenden. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis für die erwarteten Gewinne 2023 liegt mit 18,5 inzwischen wieder 10 Prozent über dem Mittel der vergangenen zehn Jahre. Der S&P 500 hat daher in meinen Augen kaum noch Kurspotenzial.“
Abschließend noch der Hinweis auf die eine neue Studie: Deutschland ein Land der Mutigen? Das Jahr 2022 war voller Herausforderungen. Trotzdem bleiben die Deutschen zuversichtlich und haben den Mut, ihre Zukunft in die eigene Hand zu nehmen. Das belegt eine aktuelle Umfrage der Gothaer. Doch sie zeigt auch: Mutiger geht immer. Nicht nur träumen, sondern auch machen: 57 Prozent der Deutschen schätzen sich als (eher) mutig ein und haben in ihrem Leben auch schon einmal eine Entscheidung getroffen, die ihre Zukunft nachhaltig verändert und entsprechend viel Mut erfordert hat. Dazu passt, dass rund drei Viertel der Befragten trotz aller Krisen optimistisch sind, was die eigene Zukunft betrifft. Gerne mutiger wären die Befragten vor allem bei ihrer Freizeitgestaltung (34 Prozent), bei ihren Finanzen (29 Prozent) und bei ihrer Karriere- und Berufswahl (26 Prozent). Doch bei der Umsetzung gewagterer Entscheidungen oder der Verwirklichung der eigenen Träume hält viele Menschen ein hohes Sicherheitsbedürfnis ab (58 Prozent).